Im Kampf gegen Extrakilos: Wie Kalorienangaben zustandekommen | The Weather Channel
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Im Kampf gegen Extrakilos: Wie Kalorienangaben zustandekommen

ARCHIV - 15.01.2020, ---: Ein Cheeseburger steht in einem Fast-Food-Restaurant auf dem Tresen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) prüft, ob Kalorien-Angaben in Speisekarten in Deutschland möglich und sinnvoll sind. (zu dpa: «Mit oder ohne Kalorien: Vom Tauziehen um die Speisekarte») Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) prüft, ob Kalorien-Angaben in Speisekarten in Deutschland möglich und sinnvoll sind.
( Sebastian Gollnow/dpa)

Wer ein paar Kilo zugelegt hat, achtet oft stärker auf die Kalorien beim Essen. Damit die Menschen auch im Restaurant die Kontrolle behalten können, müssen in England viele Ketten diese Angabe jetzt auf ihre Speisekarten drucken. Wäre das im Kampf gegen Übergewicht auch bei uns sinnvoll?

Wer ins Restaurant geht, möchte sich verwöhnen lassen - oder einfach schnell satt werden. Doch wollen sich Gäste bei der Auswahl von Fisch, Fleisch oder Nudeln Gedanken machen über den Kaloriengehalt? Haben sie Lust, Energiewerte auf der Speisekarte zu studieren und sich gegen Kalorienbomben zu entscheiden? In England glaubt die Regierung, dass Kalorien-Angaben auf der Karte im Kampf gegen das grassierende Übergewicht helfen. Seit April müssen größere Ketten dort diese Zahlen im Menü ausweisen. In Deutschland gibt es diese Pflicht nicht. Aber Berlin prüft, ob sie Sinn macht. Die Gegner der Kalorien-Listen im Lokal protestieren schon im Vorfeld.

"... als wären Menschen Otto-Motoren: Kraftstoff rein, Energie raus"

Das reine Kalorienzählen werde von Forschenden als Methode zum Fördern der gesunden Ernährung schon “seit Jahrzehnten als Humbug abgetan“, warnt etwa die als Köchin bekannt gewordene Sarah Wiener (59). „Ich habe das Gefühl, bei derartigen Vorschlägen wird immer noch so getan, als wären Menschen Otto-Motoren: Kraftstoff rein, Energie raus. Ernährung ist aber wesentlich komplexer“, sagt die Unternehmerin und österreichische Grünen-Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Mit anderen Worten: Wem und wofür hilft es bei der Auswahl auf der Speisekarte die Kalorienanzahl zu lesen? Und wie entstehen diese Angaben überhaupt? Wer im Internet recherchiert, bekommt eine präzise Antwort: So hat beispielsweise ein Apfel einen Brennwert von 52 Kilokalorien pro 100 Gramm. Schokoriegel? 556 Kilokalorien pro 100 Gramm.

Wie Kalorienangaben zustandekommen

Grundsätzlich lässt sich der Energiegehalt von Lebensmitteln mit einem speziellen Verfahren bestimmen - genutzt werden dabei sogenannte Bombenkalorimeter. Das sind Behälter mit einer Brenn- und einer umgebenden Wasserkammer. Darin verbrennt man das zu untersuchende Lebensmittel vollständig und unter Sauerstoffüberdruck. Der sogenannte physikalische Brennwert lässt sich aus dem Temperaturanstieg des Wassers ableiten.

In der Nährwerttabelle auf der Verpackung von Lebensmitteln ist allerdings nicht der physikalische, sondern der sogenannte physiologische Brennwert angegeben. Denn anders als im Labor kann nicht jeder Stoff im menschlichen Körper komplett verbrannt werden.

Werte dienen der Orientierung

Da aber die physiologischen Werte zum Beispiel für Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate bekannt sind, lässt sich der physiologische Brennwert von Lebensmitteln - abhängig von ihrer Zusammensetzung - berechnen. So dürften aus Expertensicht heutzutage die meisten Kalorienangaben auf Lebensmitteln zustande kommen.

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„Es handelt sich bei Kalorienangaben in aller Regel um Durchschnittswerte, die nur der groben Orientierung dienen können“, sagte Ernährungswissenschaftlerin Esther Schnur von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Der tatsächliche Wert, den etwa ein Apfel aufweise, könne natürlichen Schwankungen unterliegen und durch verschiedene Faktoren beeinflusst sein: zum Beispiel vom Nährstoffgehalt des Bodens, auf dem der Apfelbaum stand, oder von der Apfelsorte. Oder ob die Frucht an der Nord- oder Südseite des Baumes gewachsen ist. Noch schwieriger würden Kalorienangaben bei veränderlichen Rezepturen, etwa in Restaurants.

Kalorien-Angaben in deutschen Lokalen bisher freiwillig

Anders als im Lokal sind in Deutschland die Pflichten für den Handel bereits eingeführt: Essen in Fertigverpackungen wird im Laden mit Kalorien-Angaben ausgezeichnet. Egal ob Chips, Quark oder Marmelade, auf der Ware stehen meist klein gedruckt die Nährwertangaben. Diese Pflicht ist Teil der Lebensmittelinformationsverordnung der Europäischen Union (EU).

Die Verbraucher sollen damit die Chance haben, bewusst auszuwählen. Das wiederum soll helfen, Übergewicht, Adipositas (Fettleibigkeit) und andere Krankheiten wie Diabetes in der Gesellschaft zurückzudrängen. Dieses Argument spielte auch in England bei neuen Speisekarten-Regel eine Rolle. Doch

In Deutschland stufen Fachleute rund zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen als übergewichtig ein. Zugleich sind Kalorien-Angaben in Lokalen bisher freiwillig - und selten. Einige Ketten nennen sie zum Beispiel in ihren Internet-Auftritten. Verbraucher können sich damit vor dem Besuch schlau machen: Ein „Big Mac“ von McDonald's hat rund 500 Kilokalorien, wie man dort lesen kann. In einem Block-House-Restaurant kommt ein „Mr. Rumpsteak“ ohne Beilagen demnach auf etwa 350 Kilokalorien. Für Erwachsene gilt, stark vereinfacht, ein Bedarf um die 2000 Kilokalorien am Tag als Regel.

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