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Strand von zyprischer Geisterstadt nach 46 Jahren wieder zugänglich | The Weather Channel
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Reisen - Europa

Strand von zyprischer Geisterstadt nach 46 Jahren wieder zugänglich

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Der Kontrast ist frappierend. Der weiße Sand und das azurblaue Wasser erinnern bis heute an das Urlauberparadies, das Varosha einmal war. Die Gebäude unmittelbar landeinwärts sind jedoch verfallen. Seit Jahrzehnten ist der Vorort der Stadt Famagusta verlassen. Vor wenigen Tagen kehrte überraschend etwas Leben zurück: Die nordzyprische Regierung, die allein von der Türkei anerkannt wird, erlaubte der Öffentlichkeit wieder den Zutritt.

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Hunderte Menschen strömten durch einen von der türkisch-zyprischen Polizei kontrollierten Zugang. Auf einem frisch asphaltierten Weg gingen sie zu dem Strand, der einst das wichtigste Touristenziel der Insel war.

"Varosha ist verloren"

Auf beiden Seiten des Weges flatterte Absperrband. Mit diesem sollte verhindert werden, dass die Besucher die fensterlosen, zum Teil von Vegetation überwucherten Gebäude betreten.

Varosha: Menschen fotografieren eine Strandpromenade neben verlassenen Hotels (Blick durch einen Fensterrahmen).
Varosha: Menschen fotografieren eine Strandpromenade neben verlassenen Hotels (Blick durch einen Fensterrahmen).
(Nedim Enginsoy/AP/dpa)

Für manche, etwa für eine Frau, die sich während des Spaziergangs in türkische und türkisch-zyprische Fahnen gehüllt hatte, war es eine große Freude, Teil dieses "historischen" Moments zu sein. Für andere, wie den aus Varosha stammenden Kyriakos Charalambides, war es schmerzlich, die Szenen im Fernsehen zu verfolgen. "Obwohl ich es erwartet hatte, schauderte es mich, als ich diese vertrauten Orte sah", sagt der griechisch-zyprische Autor der Nachrichtenagentur AP. Es sei ein Schmerz, für den es keinen Trost gebe. "Varosha ist verloren."

Zyprer fürchten Übernahme durch die Türkei

Die Entscheidung von Ankara und dem abtrünnigen Nordteil der Insel, den umstrittenen Strand wieder zugänglich zu machen, wurde heftig kritisiert – nicht nur von der international anerkannten Regierung Zyperns. Im Jahr 1974 waren die griechisch-zyprischen Bewohner von Varosha vor türkischen Truppen geflohen; nach einem Putsch von Unterstützern eines Anschlusses der Insel an Griechenland hatte Ankara Truppen geschickt und den Norden besetzt. Seitdem war das Gelände unter Kontrolle der türkischen Streitkräfte, abgeriegelt und weitgehend dem Verfall überlassen.

Nun aber fürchten viele griechische Zyprer, dass die Freigabe des Strandes ein erster Schritt hin zu einer vollständigen Übernahme Varoshas durch die Türkei und die von ihr unterstützte Republik im Norden sein könnte.

Zypern meldet Protest an

Zyperns Präsident Nikos Anastasiades verurteilte die Öffnung als einen "eklatanten Verstoß gegen internationales Recht" sowie gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, in denen jeder Versuch, Teile von Varosha durch andere Menschen als die ehemaligen Bewohner zu besiedeln, als "unzulässig" bezeichnet werde. In den Resolutionen wird auch dazu aufgerufen, das Gebiet, das von den Türken Maras genannt wird, unter UN-Verwaltung zu stellen.

Anastasiades erklärte in einer Stellungnahme am Donnerstag, seine Regierung habe bei den Vereinten Nationen, bei der EU und bei anderen internationalen Organisationen bereits Protest eingereicht. Er betonte, dass die "einseitige" Aktion Versuche zur Wiederaufnahme der ins Stocken geratenen Gespräche über eine Wiedervereinigung der Insel behindern könne.

Ehemalige Bewohner kommen demonstrieren

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Der UN-Sicherheitsrat äußerte am Samstag denn auch "tiefe Besorgnis" über die Öffnung des Strandes und warnte vor "einseitigen Aktionen, die die Spannungen auf der Insel erhöhen könnten".

Sowohl UN-Generalsekretär António Guterres als auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell zeigten sich besorgt, dass das Vorgehen der türkischen Seite womöglich wirklich die Spannungen erhöhe und neue Versuche zur Wiederaufnahme der Verhandlungen erschwere. An einem der Grenzübergänge an der von UN-Friedenstruppen überwachten Pufferzone auf der Insel kamen ehemalige Bewohner von Varosha am Donnerstagabend zu einer Demonstration zusammen.

Bestandsaufnahme bezüglich Liegenschaften im Gange

"Wie könnte jemand nicht aufgebracht sein von dem, was heute zu sehen war", sagte Simos Ioannou, der griechisch-zyprische Bürgermeister von Famagusta, der AP. "Varosha hätte an die rechtmäßigen Besitzer übergeben werden sollen." Vertreter der türkischen und der zyprisch-türkischen Behörden erklärten dagegen, der Schritt sei zum Vorteil aller und Besitzrechte von griechischen Zyprern seien nicht beeinträchtigt, da bisher nur der Strand geöffnet worden sei.

Nach Angaben des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu ist eine Bestandsaufnahme bezüglich aller Liegenschaften in Varosha im Gange, um über das weitere Vorgehen entscheiden zu können. Zumindest fürs Erste aber sei es wichtig, dass der Strand und einige von Besitzrechten unberührte Zugänge wieder geöffnet seien, sagte er nach einem Treffen mit seinem griechischen Amtskollegen Nikos Dendias.

Kommen blockierte Friedensgespräche wieder in Gang?

Viele Beobachter sehen die Öffnung des Strandes derweil auch in Zusammenhang mit aktuellen politischen Interessen Ankaras. Denn der Schritt erfolgte wenige Tage vor der Wahl eines neuen Präsidenten im nördlichen Teil von Zypern am Sonntag. Einer der beiden Herausforderer von Amtsinhaber Mustafa Akinci, Ersin Tatar, steht fest an der Seite der Schutzmacht Türkei.

Der nächste Präsident wird mit den sogenannten Garantiemächten Griechenland, Türkei und Großbritannien nach Wegen suchen, die blockierten Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen.

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