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Livigno: Wie der Schneeflocken-Doktor für Lawinensicherheit sorgt | Weather.com
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Reisen - Wintersport

Livigno: Wie der Schneeflocken-Doktor für Lawinensicherheit sorgt

Fabiano Monti bei der Arbeit draußen im Gelände
(Alpsolut)

Lange waren die Inuit die Weltrekordhalter. Laut Forschern der Universität Glasgow verfügen jedoch die Schotten mit 421 Wörtern für Schnee über das weltweit umfassendste Schnee-Vokabular. Auch im Deutschen gibt es mehr als ein Dutzend Bezeichnungen für die verschiedensten Schneearten - vom Neuschnee über Alt-, Nass-, Pulver- oder Triebschnee bis hin zum Bruchharsch oder Sulz. In dem abgelegenen italienischen Bergort Livigno auf 1800 Metern Höhe ist das deutlich unkomplizierter, denn wer hier von Schnee spricht, meint Fabiano Monti. Der 38-jährige promovierte Lawinenwissenschaftler wird auch Mr. Snowflake genannt, denn alles, was er macht, hat mit Schnee zu tun.

Mit den Skiern ins Büro

Kaum hat der Mann mit den schwarzen Locken und grünen Augen das Bett verlassen steigt er auf die Ski, um 200 Meter den Berg hinab in sein Büro an der Talstation in Livigno zu fahren. In Skischuhen stapft er hinein und bespricht mit seinen vier Mitarbeitern die aktuelle Schnee- und Lawinenlage. Livigno ist der einzige Ort in den Alpen, der seine eigene, ganz auf die lokalen Verhältnisse abgestimmte Lawinenvorhersage herausbringt - zweimal täglich gibt es das Lawinenbulletin.

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Dafür hat Fabiano Monti mehr als elf Stationen mit Messgeräten auf den Bergen rund um Livigno installiert, die permanent Messdaten sammeln und senden. Die örtlichen Bergführer füllen nach jedem Trip lange Fragebögen aus, die Fabiano für die Schneeanalyse zu Rate zieht, wie auch die Schneeprofile, die er und seine Kollegen selbst graben.

Erstes Gebiet Italiens, wo Abseitsfahren erlaubt ist

Dieser spezielle Service für Skifahrer und Snowboarder startete mit dem Livigno-Freeride-Projekt vor einigen Jahren, als hier das Fahren neben und abseits der gesicherten Pisten offiziell erstmalig erlaubt wurde. Eine Besonderheit in Italien, wo das Abseitsfahren eigentlich verboten ist. Fabiano Monti war für dieses Projekt der richtige Mann, da er zuvor in Davos am international renommierten WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF promovierte und forschte.

Sein Weg aus einem kleinen Seitental am Comer See führte ihn stets zum Schnee . „Früher wollte ich nur Skifahren und Snowboarden, aber um dafür bezahlt zu werden, war ich leider zu schlecht. Deshalb habe ich mir einen Beruf gesucht, der mit Schnee zu tun hat“, erzählt der staatlich geprüfte Skilehrer und Bergführer. Über das Studium der Umweltwissenschaften und Risikomanagement in den Dolomiten kam er nach Davos zum Institut für Schnee- und Lawinenforschung. „In der Lawinenwissenschaft stellte ich fest, dass der Wissenstransfer zwischen Lehre und Praxis nicht befriedigend war. Das wollte ich ändern, um dabei zu helfen, Leben zu schützen“, erklärt Mr. Snowflake.

„Das Gehirn ist das beste Sicherheitsequipment“

Mit dem Lawinenbulletin, Bildschirmen im Skigebiet und im Ort Livigno, einer App fürs Backcountry und Freeride-Karten mit Terrain-Schwierigkeitsstufen setzt er auf mehr Eigenverantwortlichkeit bei Schneesportlern. „Wir stellen die bestmöglichen Informationen über die Schneestabilität zur Verfügung und erklären den Leuten, wie man diese interpretiert und nutzt.

Freeriden in Livigno - ein Traum für alle Geländefahrer
(Roby Trab)

Dann ist jeder für seine Entscheidungen selbst verantwortlich und kann abwägen, ob er rausgeht oder nicht. Wer sich unsicher fühlt, sollte nur mit einem professionellen Bergführer ins Gelände gehen“, sagt Fabiano Monti. Das menschliche Gehirn ist für ihn immer noch das beste Sicherheitsequipment.„Das ist kostenlos und wir müssen nur lernen, es besser einzusetzen und auch über die Konsequenzen unserer Aktionen nachzudenken“, meint der Lawinensicherheitsexperte. Wenn er selbst ins Gelände geht, hat er selbstverständlich Schaufel, Sonde und Lawinenpiepser immer dabei und checkt die drei wichtigen Variablen - Verhältnisse, Gelände und menschliche Faktoren.

Mit dem Fatbike nach Hause auf den Berg

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Jeden Sonntag um 18 Uhr bietet er mit Kollegen in der örtlichen Brauerei einen „Safety Talk“ an, um Wintersportlern das Freeride-Projekt und den einmaligen Sicherheitsservice näher zu bringen. Danach setzt Mr. Snowflake die Stirnlampe auf und radelt mit seinem Fatbike die Piste hinauf zu seinem Haus am Berg.

Weitere Infos: www.alpsolut.eu, www.livigno.eu

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