Tausende Tote in Afghanistans Erdbebengebiet - Appelle um mehr Hilfe | Weather.com
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Tausende Tote in Afghanistans Erdbebengebiet - Appelle um mehr Hilfe

Afghanen stehen im Innenhof ihrer zerstörten Häuser nach einem Erdbeben in der Provinz Herat im Westen Afghanistans. Foto: Omid Haqjoo/AP
Wie häufig nach solchen Katastrophen fehlt es an schwerem Gerät. Viele Menschen graben mit bloßen Händen nach Verschütteten.
(Omid Haqjoo/AP)

Nach der Erdbebenserie im Westen Afghanistans mit inzwischen mehr als 2000 Toten sind nach Taliban-Angaben noch Hunderte Opfer in der Provinz Herat unter Trümmern eingeschlossen. Die Betroffenen bräuchten dringend Hilfe, mahnte ein Sprecher des Informations- und Kulturministeriums der Taliban, Abdul Wahid Rajan. Er sprach von inzwischen 2060 Todesopfern und mindestens 1240 Verletzten. Mehr als 1320 Häuser seien zerstört worden.

Ganze Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht, vielerorts fehlte es gar an Schaufeln, um mutmaßlich Verschüttete aus den Trümmern auszugraben. Hilfsorganisationen riefen die Weltgemeinschaft zur Hilfe auf, doch reagierten bisher nur einige Staaten, darunter die Nachbarländer China und Pakistan.

„Die Zahlen (der Toten) steigen stündlich“

Das Internationale Rettungskomitee warnte, der Mangel an Ausrüstung könnte die Totenzahl in Westafghanistan in die Höhe schnellen lassen. Denn eingeschlossene Überlebende könnten nicht befreit werden. „Es gibt nicht viel Katastrophenhilfekapazitäten und das, was da ist, reicht für die Leute vor Ort nicht“, erklärte Salma Ben Aissa, die für Afghanistan zuständige Direktorin des Rettungskomitees. „Die Zahlen (der Toten) steigen stündlich.“ Hinzu komme ein Mangel an Nahrungsmitteln, Unterkünften und sauberem Wasser, was gesundheitliche Risiken für die Bewohner verschärfe.

Nach Angaben der US-Erdbebenwarte hatten am Samstag sieben Erdbeben in kurzer Folge die Gegend erschüttert. Die beiden heftigsten erreichten eine Stärke von 6,3. Ein Epizentrum lag 40 Kilometer nordwestlich der Stadt Herat. Es gab heftige Nachbeben. Die Erschütterungen waren Medien zufolge auch im benachbarten Iran und den afghanischen Provinzen Farah und Badghis zu spüren. Die Taliban baten auf der früher als Twitter bekannten Plattform X wohlhabende Landsleute um Hilfe für die Betroffenen.

„ Herat ist menschenleer“

Dschawed Niamati vom Internationalen Rettungskomitee berichtete, die Stadt Herat sei menschenleer. Viele schliefen im Freien, auf Straßen und in Parks, da sie Angst vor weiteren Beben hätten. In der Nacht fielen die Temperaturen auf zehn Grad Celsius. Der Einwohner Abdul Schakor Samadi schilderte, in der Stadt Herat seien alle Menschen aus ihren Wohnungen gerannt. Er und seine Familie trauten sich nicht wieder zurück ins Haus. Die Telefonverbindungen in Herat waren unterbrochen beziehungsweise instabil.

Am Sonntag versuchten Menschen mit bloßen Händen, Tote und Verletzte aus den Trümmern zu holen. Auf einem Video war zu sehen, wie Retter ein Baby befreiten, das bis zum Hals im Schutt steckte. Aus den Trümmern ragte eine Hand, die das Mädchen hielt. Das sei die Mutter des Kindes, sagten Retter. Ob sie überlebt hat, war nicht klar. Später am Sonntag brachten Bewohner umliegender Dörfer Gerät, um die Rettungsarbeiten zu unterstützen.

WHO und UN schicken mobile Hilfeteams

Die Weltgesundheitsorganisation schickte zwölf Krankenwagen nach Herat, die Verletzte in Krankenhäuser brachten. Die meisten seien Frauen und Kinder, teilte die WHO auf X mit. Teams in Krankenhäusern unterstützen die Behandlung und ermittelten den zusätzlichen Bedarf an Hilfsmitteln.

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Die UN-Migrationsbehörde schickte vier Krankenwagen mit Ärzten sowie psychosoziale Betreuer zum Regionalkrankenhaus. Mindestens drei mobile Teams waren auf dem Weg in den Bezirk Senda Dschan, einen der am schwersten betroffenen. Ärzte ohne Grenzen errichtete am Regionalkrankenhaus fünf Zelte zur medizinischen Versorgung von bis zu 80 Patienten. Das Kinderhilfswerk Unicef entsandte Hilfsgüter wie Winterkleidung, Decken und Zeltplanen.

Save the Children: “Das Ausmaß der Schäden ist entsetzlich“

Irfanullah Scharafsai, ein Sprecher der Afghanischen Roter-Halbmond-Gesellschaft, sagte, sieben Teams seien an den Rettungsarbeiten beteiligt, andere träfen aus Nachbarprovinzen ein. Für Menschen, die ihr Obdach verloren haben, werde ein provisorisches Lager errichtet. Mitarbeiter der Hilfsgruppe bezeichneten die Zerstörung bei Herat als noch viel schlimmer als zunächst befürchtet. Ganze Dörfer seien dem Erdboden gleichgemacht worden.

Die Organisation Save the Children erklärte, das Ausmaß der Schäden sei entsetzlich, und noch immer seien Menschen in den Trümmern ihrer Häuser verschüttet. Die Krise treffe auf eine bereits vorhandene Krise: „Schon vor dieser Katastrophe litten Kinder an einem verheerenden Nahrungsmangel“, sagte der Afghanistan-Direktor der Organisation, Arschad Malik. Er bat die internationale Gemeinschaft dringend um eine Finanzspritze.

Das Nachbarland Pakistan erklärte, es stehe in Kontakt mit den afghanischen Behörden, um eine Einschätzung des Hilfebedarfs zu erhalten. Der chinesische Botschafter in Afghanistan, Zhao Xing, erklärte auf X, seine Regierung sei zu Hilfe bereit.

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