Kommt der Dürre-Sommer jetzt nach Deutschland? | Weather.com

Kommt der Dürre-Sommer? Was jetzt wichtig ist

Das trockene Frühjahr 2025 sorgte für Nervosität. Droht ein Dürre-Sommer wie 2018? Ein Klimaforscher ordnet die Lage ein.

Seit Wochen ausbleibender Niederschlag macht der Landwirtschaft in ganz Deutschland zu schaffen.
(Boris Roessler/dpa)

Auch wenn es im Frühjahr viel zu wenig geregnet hat, heißt das nicht automatisch, dass ein extremer Dürre-Sommer bevorsteht: „Häufig wird aus einer möglichen Entwicklung medial ein sicheres Ereignis gemacht“, sagt Andreas Marx, Leiter des Deutschen Dürremonitors am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).

Außerdem würden viele Medienberichte zwar auf saisonalen Wettermodellen basieren, doch diese seien oft missverständlich interpretiert. Der Klimawissenschaftler erklärt, wie die Trockenheit aus dem Frühjahr mit Blick auf den Sommer 2025 einzuordnen ist.

Warum sind saisonale Wetterprognosen mit Vorsicht zu genießen?

„Schlussfolgerungen von Saisonprognosen greifen oft viel zu kurz“, stellt Marx klar. Ein Beispiel: Das viel zitierte Integrierte Vorhersagesystem (IFS) des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (EZMWF) erwartet einen zu warmen Sommer. „Aber Wärme allein bedeutet nicht automatisch Trockenheit.“

Zudem rechnen andere Modelle, etwa aus Nordamerika, sogar mit einem zu nassen Sommer in Europa. Die Bandbreite der Prognosen zeigt die Unsicherheiten der Vorhersage.

Ein weiteres Vorhersageproblem: Während kurzfristige Wetterprognosen für drei bis zehn Tage heute recht zuverlässig seien, würden für saisonale Vorhersagen andere Regeln gelten, erklärt Marx. „In Australien etwa funktionieren solche Modelle recht gut.

In Europa und Deutschland dagegen ist das Wetter durch die Lage unserer Gebirge und der Land-See-Verteilung schwerer vorhersehbar.“ Saisonprognosen könnten somit lediglich Hinweise geben, ob ein Sommer im Vergleich zum langjährigen Mittel eher zu warm oder zu kalt, zu trocken oder zu nass ausfalle. Und: Eine Abweichung vom Mittel ist aber etwas anderes als die Ausprägung einer extremen Trockenperiode.

Aktuelle Lage der Landwirtschaft – drohen Ernteausfälle?

Entscheidend für die Erträge der Landwirtschaft sei weniger nur eine einzelne Jahreszeit, sondern das Jahr insgesamt. Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, wie unterschiedlich die Entwicklung verlaufen kann: „2014 war das Frühjahr extrem trocken, der Sommer dann nass mit guten Erträgen. 2018 hingegen verlief genau umgekehrt – mit flächendeckenden Ernteausfällen.“

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In den letzten beiden Wochen haben flächendeckende Niederschläge die Lage über Deutschland für die Landwirtschaft entspannt, vor allem für die Wintergetreide. Bei Sommerkulturen wie Silomais sei die Lage derzeit aber nur kurzzeitig besser. „Ohne Niederschlag in den kommenden Wochen und über den gesamten Sommer drohen hier Ertragsrückgänge.“

Wichtig sei zudem, dass es jetzt gleichmäßig regne, so der Experte. „Ein feuchter Oberboden erleichtert die Versickerung in tiefere Schichten, während bei einmaligen Starkregenereignissen das Wasser zu großen Teilen abfließen würde.“

Wen Dürre in Deutschland besonders trifft

Die Sorge, das Grundwasser sinke seit 2018 kontinuierlich, relativiert der Klimaforscher: „Die Tiefststände wurden 2019 und 2020 erreicht. Seitdem gab es eine langsame Erholung, 2024 wurde der Normalzustand der Wasserstände in Deutschland erreicht, regional auch neue Grundwasserhöchststände wie seit den 1990er Jahren nicht mehr.“

Durch die niederschlagsarmen letzten Monate sind die Grundwasserstände jedoch wieder so stark gefallen, so dass regional Einschränkungen in der privaten Wassernutzung gelten. „In Panik zu verfallen ist dennoch unangebracht, weil in Deutschland bis auf wenige Spezialfälle Wasser aus dem Hahn kommt – selbst in Dürrejahren“, erläutert Marx.

Kommt es tatsächlich im Sommer zu Dürre, werden laut Marx Privatpersonen weniger betroffen sein, obwohl sie in der Regel als einzige Gruppe eingeschränkt wird. Stattdessen treffe anhaltende Trockenheit vor allem die Landwirtschaft und die Wälder, da dort in trockenen Situationen nicht mehr gehandelt werden kann. Präventive Anpassung ist zwar möglich, aber oftmals teuer und mit Zielkonflikten verbunden. Marx nennt zwei Beispiele:

  1. Umbau zum Mischwald: Mischwälder sind deutlich trockenresilienter als etwa ein reiner Nadelwald. Weil es in Deutschlands Wäldern aber viel Wild gibt, das sich über Jungbäume hermacht, müsste man neu gepflanzte Bäume überall mit Zäunen schützen – eine sehr kostenintensive Maßnahme.
  1. Felder mulchen: Zwar hilft eine Mulchauflage gegen Verdunstung bei trockenem Wetter, es fördert aber bei sehr nassem Wetter Pilzerkrankungen. Präventiv ist diese Maßnahme also nicht immer zielführend.

Was tut der Staat bei Dürre?

Seit dem Dürre-Sommer 2018 bewegt sich etwas, sagt Marx. So wurde etwa die Nationale Wasserstrategie auf den Weg gebracht. Doch ein einheitlicher Notfallplan für ganz Deutschland existiert nicht. „Das wäre tatsächlich auch gar nicht sinnvoll.“ Stattdessen entwickeln Bundesländer mittlerweile eigene Strategien. „Ob Wassersparen, Entnahmeverbote oder Priorisierung der Versorgung: Was erlaubt und nötig ist, hängt von der Region ab“, sagt der Dürrexperte.

Doch es bleiben Baustellen. „Wer hat eigentlich welche Wasserrechte, wie viel Wasser wird tatsächlich verbraucht? Das wird bislang unzureichend kontrolliert“, sagt Marx. Ein weiteres Problem: Der Wasserpreis sei oft nicht fair oder transparent geregelt.

Auch kämen große Infrastrukturprojekte und Klimaanpassungsmaßnahmen oft erst nach Extremereignissen in Schwung; präventive Maßnahmen scheiterten an politischem, wirtschaftlichem oder gesellschaftlichem Widerstand. „Doch wenn es wieder so trocken wird wie 2018, müssen wir vorbereitet sein. Dazu braucht es den Willen zur Veränderung und zur Anpassung“, lautet Marx‘ abschließender Appell. Dazu gehöre insbesondere die temporäre Einschränkung der Wassernutzung aller Akteure – nicht nur der privaten Wasserverbraucher.

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