Hubble liefert Antwort, warum wir bisher kein außerirdisches Leben entdeckt haben | The Weather Channel

Hubble liefert Antwort, warum wir bisher kein außerirdisches Leben entdeckt haben

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Viele Himmelsforscher glauben, dass die meisten Lebensformen im All bei Roten Zwergen vorkommen
(NASA/ESA/G. Bacon (STScI))

 

Rote Zwerge sind die häufigsten Sterne im Universum; rund drei Viertel aller Sonnen gehören zu dieser Kategorie. Um sie kreisen entsprechend auch die meisten Planeten. Einer Statistik britische Astronomen zufolge weist jeder der kleinen, rötlich leuchtenden Himmelskörper mindestens einen Trabanten auf. Zudem liegt bei jedem fünften Roten Zwerg mindestens ein Planet in der sogenannten Lebenszone, in der die Temperaturen so beschaffen sind, dass Wasser flüssig vorliegt. Auf Welten in diesen Umlaufbahnen ist Leben prinzipiell möglich.

Tatsächlich wurden seit 2005 zahlreiche Planeten bei Roten Zwergen entdeckt. Spitzenreiter ist bislang das 40 Lichtjahre entfernte System TRAPPIST-1, in dem sieben Trabanten kreisen. Gleich drei von ihnen liegen in der Lebenszone ihres Sterns.

Einige Faktoren bei Roten Zwerge sprechen für mögliches Leben

Überdies leben Rote Zwerge extrem lang – abhängig von ihrer Masse zwischen mehreren zehn Milliarden und Billionen von Jahren. Dies liegt deutlich über dem Alter des Universums, das vor ca. 13,8 Milliarden Jahre entstand, und öffnet so ein langes Zeitfenster für die Entstehung von Leben. Zum Vergleich: Sterne wie unsere Sonne haben eine Lebensdauer von rund zehn Milliarden Jahren.

Angesichts dieser Zahlen glauben viele Himmelsforscher, dass die meisten Lebensformen im All in solchen Systemen vorkommen. Jetzt erhielt diese Erwartung jedoch einen argen Dämpfer. Die Himmelsforscher wissen schon länger, dass die Sternenzwerge, deren Masse zwischen acht und 50 Prozent der Sonnenmasse liegt, sehr variabel sind. Auf ihren Oberflächen bilden sich häufig ausgedehnte Sternflecken (ähnlich den Sonnenflecken auf unserem Zentralgestirn), wodurch sich ihre Strahlung manchmal monatelang um bis zu 40 Prozent verringert.

Strahlungsausbrüche stellen Problem für Organismen dar

Dem stehen heftige Strahlungsausbrüche gegenüber, bei denen sich die Helligkeit des Sterns innerhalb von Minuten vervielfachen kann. Diese Bedingungen dürften Organismen in der Nähe eines Roten Zwerges vor große Probleme stellen.

Jetzt zeigen neue astronomische Beobachtungen, dass solche Ausbrüche (fachsprachlich „Flares“ genannt) viel stärker verlaufen als zuvor gedacht. Im Rahmen eines Forschungsprogramm namens Hazmat (für „Habitable Zones and M Dwarf Activity across Time“) nahmen Astronomen mit dem Hubble-Weltraumteleskop Rote Zwerge verschiedener Altersstufen unter die Lupe. Es handelt sich um junge Sterne im Alter von bis zu 40 Millionen Jahre, mittelalte von 650 Millionen Jahren und alte, die bereits mehrere Milliarden Jahre lang leuchten.

Forschungsprogramm untersucht Bewohnbarkeit von Planeten

Ziel war, mehr über die Bewohnbarkeit von Planeten in deren Systemen zu erfahren. Denn die Roten Zwerge sind in ihrer Jugend aktiver und damit weniger lebensfreundlich. Ihre heftigen Ausbrüche könnten sogar die Atmosphären von Planeten wegreißen. Mit Hazmat wollen die Forscher nun den Zusammenhang zwischen Alter und Häufigkeit von Flares ergründen.

Dabei erfassten die Messgeräte bei einem 130 Lichtjahre entfernten Stern mit der Katalognummer J02365 einen gewaltigen Ausbruch. Im UV-Licht betrug seine Energie 200 Billiarden Billiarden erg (erg ist ein in der Astronomie verwendetes Maß für freigesetzte Energie bzw. Wärme). Das ist mehr als bei jedem auf unserer viel größeren Sonne beobachteten Ausbruch.

Proxima Centauri - ein vielversprechendes Ziel?

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„Als ich die schiere Menge des bei diesem Superflare ausgesandten Lichts erkannte, saß ich eine Weile vor meinem Computerbildschirm und dachte nur ,wow`“, bekennt der Astronom Parke Loyd von der Arizona State University. Er ist Hauptautor der Entdeckungsstudie, die im „Astrophysical Journal“ und auf dem Wissenschaftsportal arxiv.org erschien.

Vielleicht noch extremer verhält sich der nächste Nachbar der Sonne im All, der gerade 4,2 Lichtjahre entfernte Stern Proxima Centauri. Auch er zählt zur Klasse der Roten Zwerge und gehört dem Dreifachsystem Alpha Centauri an, das als eines der hellsten Objekte am Südhimmel erscheint. Vor zwei Jahren entdeckten Himmelsforscher in seinem System einen etwa erdgroßen Planeten mit der Bezeichnung Proxima Centauri b, der vermutlich in der Lebenszone kreist. Prompt betrachteten Astrobiologen diese Welt als das vielversprechendste Ziel bei der Suche nach außerirdischem Leben.

Strahlfluten machen Leben unwahrscheinlich

Allerdings wurden sie rasch enttäuscht. Denn es zeigte sich, dass Proxima Centauri seine Umgebung offenbar alle paar Monate mit sterilisierender Strahlung überflutet. So beobachteten Astronomen mit Teleskopen auf dem chilenischen Berg Cerro Tololo im März 2016 einen Superflare, der zehnmal stärker war als alle bekannten früheren Ausbrüche. Die Helligkeit des Stern verstärkte sich um das 68fache, was dazu führte, dass er kurzfristig mit bloßem Auge sichtbar war. Bei den nur schwach glimmenden Roten Zwergen ist dies sonst nicht möglich. Seither folgten 23 weitere, jedoch schwächere Ausbrüche.

Eine Forschergruppe um den Astrophysiker Ward Howard von der University of North Carolina errechnete aus den Daten, dass Proxima Centauri mindestens fünfmal pro Jahr Strahlenfluten ins All schleudert. Dies wirkt sich auf die bei Proxima Centauri b vermutete Atmosphäre aus. 

„Organismen müssten um ihr Überleben kämpfen“

Modellrechnungen zufolge würden die Flares bei einer erdähnlichen Lufthülle in nur fünf Jahren 90 Prozent der Ozonschicht zerstören, die uns auf unserem Planeten vor dem zerstörerischen UV-Licht der Sonne schützt. In einigen hunderttausend Jahren hätte die Strahlung die Atmosphäre von Proxima Centauri b gänzlich hinaus ins All gerissen. Dann wäre seine Oberfläche der kosmischen Strahlung schutzlos ausgesetzt.  

Weiter errechneten Howard und seine Kollegen, dass das UV-Licht, das die fremde Welt bei dem Superflare von 2016 röstete, 100-mal intensiver war als die Strahlung, die ausreicht, um UV-resistente Mikroorganismen zu töten. „Organismen in den betroffenen Zonen auf dem Planeten müssten um ihr Überleben kämpfen“, schrieben die Forscher in ihrer Studie, die ebenfalls im Astrophysical Journal erschien.

Tag- und Nachtseite bei Roten Zwergen bringen Temperaturextreme

Für das potenzielle Leben bei Roten Zwergen kommt es noch härter. Ihre Planeten rotieren in der Regel „gebunden“: Weil sie so nahe an ihrem Stern stehen, bremst dessen Schwerkraft ihre Eigendrehung, bis sie während einer Umkreisung gerade noch einmal um ihre Achse rotieren. Ein Tag dort entspricht also einem Planetenjahr.

Solche Trabanten wenden ihrem Stern stets die gleiche Seite zu, wie auch der Mond der Erde. Auf ihrer Tagseite steht eine riesige, rötlich glimmende Sonne am Firmament, die niemals untergeht. Gegenüber, auf der Nachtseite, herrscht dagegen immerwährende Finsternis. Entsprechend ist es auf der Sonnenseite sehr heiß und auf der Rückseite sehr kalt, wobei der Druck- und Temperaturausgleich über starke Winde erfolgt. Solche Verhältnisse sind nicht gerade lebensfreundlich. Allerdings könnte es zwischen den beiden Hemisphären Zonen mit gemäßigten Temperaturen geben.

Ob es bei Roten Zwergen Leben gibt, bleibt trotzdem unklar

Dennoch sollten wir die Roten Zerge als Lebenshorte nicht ganz abschreiben, erklärt Howard. Denn Stärke und Frequenz der Ausbrüche lassen mit der Zeit nach. So zeigten Beobachtungen der Hazmat-Gruppe, dass Flares der jüngsten 100- bis 1000mal heftiger ausfallen als die älterer Exemplare. Die Optimisten unter den Forschern halten deshalb sogar Leben auf Proxima Centauri b für möglich.

Zudem existieren in den Weiten des Alls durchaus Sterne dieses Typs, die über lange Zeiträume halbwegs gleichmäßig strahlen. „Wir kennen die Details solcher Planetensysteme nicht, und auf der Erde haben uns die Belastbarkeit und Zähigkeit extremophiler Organismen immer wieder überrascht“, betont Howard. „Beim heutigen Stand des Wissens glaube ich nicht, dass wir sagen können, bei Roten Zwergen gebe es kein Leben.“

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