Extrem seltenes Ereignis: Totem Stern gelingt Wiederauferstehung | The Weather Channel

Extrem seltenes Ereignis: Totem Stern gelingt Wiederauferstehung

Highly magnetized rotating neutron star
Künstlerische Darstellung eines Neutronensterns
(Getty Images)

Jüngst entdeckten Astronomen ein im Universum besonders seltenes Himmelsobjekt, nämlich einen gewissermaßen von den Toten auferstandenen Stern. Er steht rund 10.000 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Cassiopeia und fiel den Forschern durch sein ungewöhnliches Lichtspektrum auf. Es zeigt keine Anzeichen für die Gase Wasserstoff und Helium, die im Normalfall die Hauptbestandteile von Sternen sind.

Als leichteste Elemente im All liefern sie den Brennstoff für die Fusionsreaktionen, die in deren Innern Energie erzeugen und die Gestirne so leuchten lassen. Dennoch strahlt der ferne Himmelskörper, der die Katalognummer J005311 trägt, 40.000 Mal stärker als unsere Sonne.

J005311 ist kein gewöhnlicher Stern

Daneben fiel seinen Entdeckern um den Astronomen Wasilii Gwaramadse von der Lomonossov-Universität in Moskau eine weitere Merkwürdigkeit auf: J005311 steht im Zentrum eines zerklüfteten Gasnebels, der kaum sichtbares Licht, dafür aber intensive Infrarotstrahlung aussendet. Dies fanden die Himmelsforscher heraus, als sie Cassiopeia mit einem Teleskop in diesem Spektralbereich untersuchten. Überdies schleudert J005311 große Mengen an Partikeln ins All, die mit knapp 58 Millionen Kilometern pro Stunde davonstoben. Damit war dieser Sternwind ungefähr doppelt so stark wie die Sternwinde, die sonst von einzelnen Sonnen ausgehen.

In einer Studie, die im Wissenschaftsjournal „Nature“ erschien, liefern Gwaramadse und seine Kollegen eine Erklärung für die mit J005311 verbundenen Phänomene: Der Stern ist offensichtlich ein Weißer Zwerg. Sterne dieses Typs gelten als „Sternleichen“, die ihren nuklearen Brennstoff aufgebraucht haben und langsam erkalten. Auch unsere Sonne wird sich in rund fünf Milliarden Jahren zunächst zu einem roten Riesenstern aufblähen und dann als Weißer Zwerg enden.

Zwei weiße Sterne verschmolzen zu einem

Doch J005311 ist kein gewöhnlicher Weißer Zwerg. Er besteht vielmehr aus zwei Sternen, die nach einer Kollision miteinander verschmolzen. Auch diese Vorläuferobjekte waren schon Weiße Zwerge, die einander in einem Doppelsternsystem viele Milliarden Jahre lang umkreisten. Bei diesem kosmischen Tanz sandten sie Gravitationswellen aus, die Energie davontrugen. Als Folge wurden ihre Bahnen immer enger, bis sie aufeinander stürzten.

Durch diesen Prozess hatte das neu entstandene Himmelsobjekt aber plötzlich die doppelte Masse seiner Vorläufer. Entsprechend stieg in seinem Innern die Gravitation. Das hatte Folgen: Jetzt konnten neue Kernfusionsreaktionen starten. Zwar waren in den toten Vorläufersternen Wasserstoff und Helium aufgebraucht. Doch durch die stärkere Gravitation verschmolzen in dem neu gebildeten Objekt die Atomkerne jener schwereren Elemente, die im ersten Leben der Weißen Zwerge entstanden waren. Vorwiegend waren dies Sauerstoff oder Neon.

Verschmelzung erweckte J005311 zu neuem Leben

Aufnahmen von J005311 im Infrarot-Bereich.
(Vasilii Gvaramadze/Universität Moskau)

Zugleich entwickelte sich ein starkes rotierendes Magnetfeld, das den rasenden Sternwind hervorbringt. „Unsere Simulation zeigt, dass dieses Feld die abströmenden Teilchen wie eine Turbine zusätzlich beschleunigt“, sagt Studienmitautor Götz Gräfener vom Argelander-Institut für Astronomie an der Universität Bonn. Dies erweckte J005311 zu seinem zweiten Leben. Es dürfte jedoch zumindest nach astronomischen Maßstäben schon bald wieder enden. In rund 10.000 Jahren wird der nukleare Brennstoff abermals aufgebraucht sein.

Als Endprodukt der Fusionsreaktionen entstand Eisen, das ohne Energiezufuhr von außen nicht zu noch schwereren Elementen verschmelzen kann. In diesem Stadium übersteigt die Masse von J005311 eine kritische Grenze, die nach dem indischen Astrophysiker Subrahmanyan Chandrasekhar benannt ist und bei 1,4 Sonnenmassen liegt.

J005311 wurde zu Neutronenstern

Wird ein Weißer Zwerg schwerer, überwiegt seine nach innen gerichtete Gravitation. Bis dahin war sie mit dem „inneren Druck“ des Sterns im Gleichgewicht, er konnte also der enormen Schwerkraft standhalten. Jenseits der Chandrasekhar-Grenze gewinnt die Schwerkraft die Oberhand, und der ausgebrannte Himmelskörper kollabiert.

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Dabei komprimiert die Gravitation seine Materie so stark, dass selbst die Atome zerstört werden. Die Elektronen in ihren Hüllen werden in die Protonen in ihren Kernen gedrückt, dabei verwandeln sich die Teilchen in Neutronen und Neutrinos.

Dies ist die Geburt eines Neutronensterns, den man vereinfacht als gigantischen Atomkern bezeichnen kann. Sein Radius beträgt typischerweise zwölf Kilometer, und er wiegt rund 500.000 Erdmassen. In seinem Zentrum sind mehrere hundert Millionen Tonnen Materie auf einen Kubikzentimeter zusammengepresst, ein Teelöffel davon würde Milliarden Tonnen wiegen.

Neutronenstern ist neben den Schwarzem Loch extremste Materieform

Manche Neutronensterne rotieren so schnell, dass sie pro Sekunde einige hundert Umdrehungen schaffen; Der Rekordhalter XTE J1739-285 dreht sich 1122 Mal pro Sekunde um sich selbst. Mit diesen Eigenschaften stellen Neutronensterne neben den Schwarzen Löchern die extremste Materieform im Universum dar.

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In der Regel entstehen die ultradichten Himmelskörper, wenn Riesensterne am Ende ihres Lebens in titanischen Supernova-Detonationen explodieren. Deren Hüllen werden dabei abgesprengt und zerstieben als gleißende Gasmassen im All. Ihre Kerne aber bleiben als Neutronensterne zurück oder kollabieren weiter zu Schwarzen Löchern.

Äußerst selten: Fund gleicht einem Hauptgewinn

Aus der Kollision zweier Weißer Zwerge gehen Neutronensterne viel seltener hervor. „So ein Ereignis ist außerordentlich selten“, bekräftigt Gräfener. „Es gibt vermutlich nicht einmal ein halbes Dutzend solcher Objekte in der Milchstraße, und wir haben eines davon entdeckt.“

Der Fund gleicht also einem Hauptgewinn in einer astrophysikalischen Lotterie. Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Denn der finale Kollaps von J005311 wird aller Voraussicht nach von einem gigantischen Feuerwerk begleitet.

Bei dem Prozess sprengt der wieder auferstandene Stern seine äußere Hülle ab und wird damit zu einer Supernova, die von der Erde aus mit bloßem Auge sichtbar sein dürfte, bevor er endgültig in seinem kosmischen Grab versinkt.

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