Phosphingas könnte auf außeridisches Leben hinweisen | Weather.com
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Astronomie

Giftig, explosiv, stinkend: Phosphingas könnte auf außeridisches Leben hinweisen

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Phosphin könnte Lebensmolekül für außerirdisches Leben sein

Übelriechend, hochexplosiv und für die meisten Lebewesen äußerst giftig – das ist Phosphin, auch Phosphorwasserstoff genannt. Auf Erde ist der Stoff mit der chemischen Formel PH3 dem Leben also abträglich.

Auf anderen Planeten könnte Phosphin aber einer der Grundstoffe für Leben sein. Würden Astronomen also in den Spektren des Lichts, das von den Atmosphären dieser Himmelskörper ausgeht, die Signatur des Moleküls finden, wäre dies ein Hinweis auf die Existenz außerirdischer Organismen.

Wo entsteht Phosphin?

Zwischen den Astrobiologen war die Hypothese, dass das nach faulen Fischen und Knoblauch riechende farblose Gas ein Lebensmolekül sein könnte, lange umstritten. „Bei der Suche nach Leben im Kosmos ist es für niemand die erste Wahl“, sagt auch die Astrophysikerin Clara Sousa-Silva vom Massachusetts Institute of Technology (MIT). „Es ist so hoch reaktiv und benötigt für seine Erzeugung sehr viel Energie, so dass es von irdischen Lebensformen kaum gebildet wird und auch anderswo nicht gefunden werden sollte.“

Dennoch ist Phosphin auf der Erde in kleinen Mengen nahezu allgegenwärtig. Es entsteht in Abwässern und Klärschlamm, Marschland und Reisfeldern, aber auch im Verdauungstrakt von Fischen, Pinguinen und menschlichen Babys. Deshalb wollte Sousa-Silva wissen, ob es möglich wäre, die Substanz auf unterschiedlichen Exoplaneten aufzuspüren.

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Was macht Phosphin?

Mit ihrer Arbeitsgruppe simulierte sie Entstehung, Beständigkeit und Zerfall des Moleküls auf verschiedenen Typen von Trabanten. Wie sich zeigte, könnte sich Phosphin durch seine spektralen Eigenschaften durchaus nachweisen lassen. Ihr Ergebnis präsentierten die MIT-Forscher jetzt bei der „Astrobiology Science Conference“ in Seatlle (US-Staat Washington).

Seine Wirkung entfaltet Phosphin im Zusammenspiel mit Sauerstoff, mit dem es heftig reagiert. Es verhindert, dass Zellen Energie aus dem für uns lebensnotwendigen Atemgas gewinnen. „Allein die Einwirkung auf den Sauerstoff-Metabolismus macht es zum Gift“, erklärt Sousa-Silva. Für Menschen besteht schon bei einer Konzentration von 0,01 Milligramm pro Liter Luft Vergiftungsgefahr, deshalb diente Phosphin im Ersten Weltkrieg als Kampfstoff. Heute wird es zur Begasung von Vorratsschädlingen in Silos und Vorratslagern eingesetzt, zudem als Fraßgift gegen Ratten und Mäuse.

Phosphin als Biomolekül?

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In einer Sauerstoff-freien Umgebung ist es dagegen kaum schädlich. „Deshalb können Lebewesen auf fernen Planeten, die frei von Sauerstoff sind, locker Phosphin produzieren“, erläutert Sousa-Silva im Wissenschaftsportal „LiveScience“. „Auch irdische Mikroben erzeugen in sauerstoffloser Umgebung den Stoff, es ist aber unklar, wie und warum sie dazu so viel Energie aufwenden.“

Ob fremde Organismen Phosphin tatsächlich als Biomolekül nutzen, ist bislang rein spekulativ, das gesteht auch die MIT-Forscherin zu. Als Grundlage für das Leben analog zur Erbsubstanz DNS, auf der die irdischen Lebensformen beruhen, taugt es jedenfalls nicht. Doch es könnte als Botenstoff dienen, den Zellen zur Kommunikation nutzen, um Metalle für Stoffwechselprozesse zu binden oder Teil einer Immunabwehr sein.

Phophin als Beweis für außerirdisches Leben

Laut Sousa-Silva liesse sich das Gas auf einem Exoplaneten entdecken, wenn seine globale Konzentration der von der Luft in irdischen Kläranlagen entspricht. Fände sich seine Signatur tatsächlich, wäre dies ein fast untrügliches Zeichen für die Existenz von Leben auf der fernen Welt. „Es scheint, als könne jede beobachtbare Menge Phosphin auf einem Gesteinsplaneten mit gemäßigter Temperatur nur von Organismen erzeugt werden“, bekräftig Sousa-Silva. Denn andere Quellen gebe es nicht.

„Unsere Simulationen zeigen, dass abiotische Phänomene wie Blitze oder Vulkanausbrüche nur Spuren von Phosphin hervorbringen, die vernachlässigbar und auch nicht nachweisbar sind“, so die MIT-Forscherin weiter. „Diese erzeugen allenfalls Gase wie Methan oder kleine Biomoleküle und können so die Astrophysiker narren.“ Deshalb würde es keine „falsch-positiven“ Ergebnisse geben.

"Das Leben kann entweder Sauerstoff lieben, oder Phosphin"

Ein Exoplanet, dessen Atmosphäre keinen Sauerstoff enthält, könne durchaus „von Pol zu Pol ein tropisches Paradies sein, in dem aber potenziell große Mengen an Phosphin entstehen“, glaubt Sousa-Silva. Die fremden Lebensformen würden dagegen unsere sauerstoffreiche Welt als abstoßend empfinden. „Das Leben kann entweder Sauerstoff lieben, oder Phosphin – aber niemals beides“, resümiert die Wissenschaftlerin.

Allerdings sei die Wahrscheinlichkeit, einen Planeten mit einem hohen Phosphin-Anteil in der Lufthülle zu finden, recht gering, schreiben die Studienautoren. Denn die Synthese des Moleküls verschlingt viel Energie, außerdem ist Phosphor generell – also auch auf Exoplaneten – ein relativ seltenes Element. Dennoch sei die Suche danach einen Versuch wert.

Phosphin nur eines von vielen Möglichkeiten

Der Astrobiologe Elisha Moore von der Rowan University in Glassboro (US-Staat New Jersey), der nicht an der Studie beteiligt war, schlägt daher vor, nach mehreren Biosignaturen zu suchen, die kombiniert auftreten können. Sousa-Silva stimmt zu. „Phosphin als potenzielles Ziel ist nur eines von 16.000 Molekülen, die als Signal für Leben dienen können“, konstatiert die MIT-Forscherin. „Ich weiß, wir sollten keines davon bevorzugen, aber wenn doch, würde ich die Fachwelt gern von Phosphin überzeugen.“

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