50 Kilometer lange "Dünen" am Himmel: neue Polarlichter entdeckt

50 Kilometer lange "Dünen" am Himmel: neue Polarlichter entdeckt

Forscher sind von den gleichmäßigen Wellen des Polarlichts erstaunt
(Kaari Saari, University of Helsinki)

Sie sind eines der schönsten Naturphänomene der Erde: die Polarlichter - oder auch aurora borealis im Norden und aurora australis für den Süden genannt. Das Leuchtschauspiel am Himmel entsteht, sobald elektrisch geladene Teilchen des Sonnenwinds mit hoher Geschwindigkeit auf Sauerstoff- und Stickstoffatome in den oberen Schichten der Erdatmosphäre treffen.

Dabei entstehen die grünlichen oder rötlichen Schleier, die am Himmel tanzen. Es gibt verschiedene Typen und Formen von Polarlichtern, jedoch sind die physikalischen Prozesse hinter den einzelnen Phänomenen bis heute noch ungeklärt. Nun entdeckten finnische Hobby-Fotografen eine neue Form des Polarlichts, das sie aufgrund des Aussehens als „Dünen“ bezeichneten.

Polarlichtform passte in keine Kategorie

Minna Palmroth, Professorin für Computational Space Physics an der Universität Helsinki, leitet eine Forschungsgruppe, die sich intensiv mit dem erdnahen Weltraumwetter beschäftigt. Ende 2018 veröffentliche Palmroth ein Buch, in der sie tausend Fotos kategorisierte, die Hobby-Fotografen von verschiedenen Polarlichtern gemacht hatten.

Somit ist das Buch eine Art Leitfaden für die Leuchterscheinungen am Himmel. Bei der Klassifizierung fiel jedoch auf, dass eine bestimmte Polarlichtform in keine Kategorie passt.

Wellenmuster erinnert an Sanddünen

Wie es der Zufall will, entdeckten Fotografen direkt nach der Veröffentlichung des Buches diese ungewöhnliche Polarlichtform am Himmel, woraufhin Palmroth sofort informiert wurde. Die Polarlichter hatten ein grün gefärbtes, gleichmäßiges Wellenmuster, das an die Dünen eines Sandstrandes erinnern.

Die einzelnen "Dünen" sind rund 50 Kilometer lang und treten in einer Höhe von 100 Kilometern auf, was für Polarlichter sehr niedrig ist. Demnach befindet sich diese Aurora-Form in der oberen Mesosphäre und der Mesopause, der Grenze zum Weltraum.

Ungewöhnlich an dieser neuen Polarlichtform sind die gleichmäßigen Wellen. Normalerweise ist die obere Atmosphäre aufgrund von Schwerewellen eine unruhige Luftschicht. Zudem lässt sich dieser Bereich schwer erforschen, da Satelliten wegen den vielen Störeinflüssen und elektrischen Wechselwirkungen kaum Daten liefern können.

Die Inversionsschicht kann in seltenen Fällen aufsteigende Gravitationswellen filtern. Dabei entsteht eine Art Kanal, in dem sich die gefilterten Wellen konzentrieren und ausbreiten können
(Jani Närhi, University of Helsinki)

"Ignorosphäre": der am wenigsten erforschte Ort des Planeten

Advertisement

"Wegen der Schwierigkeiten bei der Messung der atmosphärischen Phänomene, die in einer Höhe von 80 bis 120 Kilometern auftreten, nennen wir dieses Gebiet manchmal 'die Ignorosphäre'", so Palmroth. Ihr zufolge ist dies einer der am wenigsten erforschten Orte des Planeten.

Doch wie entstehen nun diese gleichmäßigen Wellen im Himmel? Palmroth und ihr Team gehen davon aus, dass eine schmale Inversionsschicht unterhalb der Mesopause - also der atmosphärischen Grenzschicht zwischen Mesosphäre und Thermosphäre - dieses Lichtspektakel auslöst. Denn diese Grenzschicht kann in seltenen Fällen aufsteigende Gravitationswellen filtern.

Dabei entsteht eine Art Kanal, in dem die gefilterten Wellen konzentriert werden und sich über lange Strecken ungestört ausbreiten können. Obwohl dieses Phänomen mit bloßem Auge zu sehen ist, wurde es aufgrund der unwegsamen Region kaum erforscht.

Wechselwirkung zwischen Atmosphäre und Weltraum vorhanden?

Traditionell haben Wissenschaftler, die sich auf die Atmosphäre und den Weltraum spezialisiert haben, ihre Themen weitgehend getrennt voneinander untersucht. Das liegt daran, dass es nur eine Handvoll bekannter Wechselwirkungs-Mechanismen zwischen der Ionosphäre und der neutralen Atmosphäre gibt.

Mithilfe von Messgeräten des Finnischen Meteorologischen Instituts wurde festgestellt, dass die Dünen gleichzeitig und in derselben Region auftreten, in der die aus dem Weltraum stammende elektromagnetische Energie in die Ionosphäre übertragen wird.

"Dies könnte bedeuten, dass die vom Weltraum in die Ionosphäre übertragene Energie mit der Bildung der Inversionsschicht in der Mesosphäre in Verbindung gebracht werden könnte", sagt Palmroth.

Physikalisch gesehen, wäre dies eine erstaunliche Entdeckung, da es sich um einen neuen und bisher unbeobachteten Mechanismus der Wechselwirkung zwischen der Ionosphäre und der Atmosphäre handeln würde.

Das könnte Sie auch interessieren: Weltraumorganisation zeigt Bild von Polarlichtern über Island

Advertisement