„Eigenartige Signatur“: Forscher entdecken neue Himmelsobjekte in der Milchstraße | The Weather Channel

„Eigenartige Signatur“: Forscher entdecken neue Himmelsobjekte in der Milchstraße

Die kosmischen Erscheinungen im Herzen der Milchstraße sehen aus wie Gaswolken, verhalten sich aber wie Sterne
(Jack Ciurlo, UCLA)

Seit Jahren rätseln Astronomen über zwei entdeckte kosmische Objekte, die mitten in unserer Heimatgalaxie um ein supermassives Schwarzes Loch kreisen. Die kosmischen Erscheinungen sehen aus wie Gaswolken, verhalten sich aber wie Sterne. Nun konnten Astronomen das Rätsel der kosmischen Zwitter lösen.

Das erste der mysteriösen Objekte entdeckten Astronomen bereits 2005. Im Jahr 2012 fanden deutschen Astronomen dann einen ähnlichen Himmelskörper. Beide umkreisen das supermassive Schwarze Loch, das im Zentrum der Milchstraße steht.

Ausdehnung der G-Quellen gleicht der unseres Sonnensystems

Die Objekte zeigten ein merkwürdiges Verhalten: Sie sehen aus wie kompakte Sterne, doch wenn sie sich auf ihren stark elliptischen Bahnen dem zentralen Schwerkraftmonster nähern, dehnen sich die später G1 und G2 genannten Objekte aus. „Dann sehen sie aus wie Gaswolken, verhalten sich aber weiter wie Sterne“, sagt die Astronomin Andrea Ghez von der University of California in Los Angeles (UCLA), die G1 aufgespürt hatte. G2, erreichte 2014 den dem Schwarzen Loch nächsten Punkt seiner Bahn. Beide sogenannten G-Quellen enthalten offenbar auch Staub und Gas.

Tatsächlich sind die Objekte auf Teleskopaufnahmen viel zu groß, als dass es sich um einzelne Sterne handeln könnte. Ihre Ausdehnung gleicht der unseres Sonnensystems. Doch statt bei ihrer größten Annäherung Materie zu verlieren, wie es bei Gaswolken der Fall wäre, scheint die Gravitation sie lediglich etwas in die Länge zu ziehen. Wären sie wirklich Wolken, würden sie von der Schwerkraft des Schwarzen Lochs zerrissen.

G-Quellen doch keine kosmischen Einzelgänger

„Während der Annäherung zeigte G2 eine sehr eigenartige Signatur“, erklärt Ghez. „Wir haben es schon zuvor beobachtet, doch es wirkte nicht außergewöhnlich, bis es dem Schwarzen Loch sehr nahe kam. Das Objekt wurde deformiert, und viel von dem Gas, das es umgab, wurde weggerissen, dabei verlor es seine äußere Hülle.“ Mittlerweile erscheine es aber wieder als kompakter Körper.

Jetzt konnten die Himmelsforscher das Rätsel um die kosmischen Zwitter endgültig lösen. Im Rahmen der an der UCLA angesiedelten „Galactic Center Orbits Initiative“ hatten sie das Zentrum der Milchstraße untersucht, um herauszufinden, ob G1 und G2 kosmische Einzelgänger sind. Dabei fanden sie vier weitere derartige Objekte, wie sie in einer Studie berichten, die im Wissenschaftsjournal „Nature“ erschien. Für einen Umlauf um das Schwarze Loch benötigen alle zwischen 170 und 1600 Jahre.

„Schwarze Löcher können Kollisionen von Doppelsternen auslösen“

Schon zuvor hatten die Astronomen vermutet, dass die G-Quellen jeweils aus zwei Sternen hervorgingen, die einander in geringem Abstand umkreisten. Bei früheren Annäherungen des Sternenpaars an das Schwarze Loch ließ dessen Gravitation die Umlaufbahnen schrumpfen.

Als Folge kamen sich beide Partner immer näher und verschmolzen schließlich zu einem großen Einzelstern. Dieser Prozess dauerte etwa eine Millionen Jahre. „Kollisionen von Doppelsternen gibt es im Universum öfter als wir denken und sind vermutlich ganz normal“, konstatiert Ghez. „Schwarze Löcher können solche Verschmelzungen auslösen.“

Begegnung mit Schwarzem Loch überlebt – „etwas muss ihn zusammengehalten haben“

Dabei verhielten sich Doppelsterne bei der Interaktion untereinander und mit dem Schwarzen Loch anders als einzelne Sonnen. So kann sich um sie eine dichte Hülle aus Trümmern und Staub bilden. Im Fall von G2 sei so ein extrem großer Stern entstanden, den eine ungewöhnlich dichte Hülle umgibt.

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Diese Hypothese wird von den Beobachtungen gestützt. Denn die Gashülle des Objekts dehnte sich bei Annäherung an das Schwarze Loch stark aus, doch der Staub blieb nahezu unverändert. „Etwas muss ihn zusammengehalten haben und ermöglichte ihm so, die nahe Begegnung mit dem Schwarzen Loch zu überleben“, urteilt Studienhauptautorin Anna Ciurlo. „Das deutet auf ein stellares Objekt im Innern von G2 hin.“

G-Quellen sind eine neue Klasse von Himmelsobjekten

Die neuen Daten bestätigen also, dass G1 und G2 keine Ausreißer sind, sondern dass es eine neue Klasse von Himmelsobjekten gibt, die zuvor unbekannt war. „Aufregend an den G-Quellen ist, dass die Materie, die bei ihrem Vorbeiflug vom Schwarzen Loch angezogen wird, unentrinnbar in dieses hinein stürzen muss“, erläutert der UCLA-Astrophysiker Mark Morris, ein Studienmitautor. „Wenn das geschieht, flammt ein imposantes Feuerwerk auf, denn das vom Schwarzen Loch verschlungene Material heizt sich stark auf und sendet reichlich Strahlung aus, bevor es hinter dem Ereignishorizont verschwindet.“

In der Tat berichtete die Gruppe um die UCLA-Astronomin Ghez im September 2019, dass das Schwerkraftmonster im Zentrum der Milchstraße heller leuchtet, weil es offenbar mehr Materie frisst. Die genaue Ursache dafür ist noch unklar, doch es könnte sich um Gas handeln, das das Schwarze Loch von G2 bei dessen Annäherung im Jahr 2014 wegriss.

Extreme Verhältnisse im Herzen unserer Heimatgalaxie

Mit der neuen Studie gelang den Forschern ein tieferer Einblick in diese innerste Region der Milchstraße. Dort herrschen extreme Verhältnisse, resümiert Ghez, anders als in unserer eher ruhigen Ecke unserer Heimatgalaxie. „Die Erde liegt gegenüber dem Zentrum, das rund 26.000 Lichtjahre entfernt ist, gleichsam in einem Vorort“, so Ghez.

„Im Zentralbereich der Milchstraße ist die Sterndichte eine Milliarde Mal höher als in den Außenbereichen, dadurch sind die Gravitationskräfte dort viel stärker.“ Auch die Magnetfelder seien extrem, so dass sich dort außergewöhnliche physikalische Prozesse abspielen.

Die von der Schwerkraft getriebene Verschmelzung von Doppelsternen gehört dazu. Jetzt suchen die Himmelsforscher nach weiteren G-Quellen, um ihre Hypothese zu unterfüttern. Ein paar vielversprechende Kandidaten haben sie schon gefunden.

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