Auch ohne El-Niño: 2020 könnte wieder einen Wärmerekord brechen | The Weather Channel

Auch ohne El-Niño: 2020 könnte wieder einen Wärmerekord brechen

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2020 könnte zum neuen Temperatur-Rekordjahr werden – die Wahrscheinlichkeit dafür liege bei 75 Prozent. Das erklärten vor wenigen Tagen Wissenschaftler des National Centers for Environmental Information (NCEI) der US-Meeres- und Atmosphärenbehörde NOAA.

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2020 höchstwahrscheinlich eines der fünf heißesten Jahren

Würde es den Wärmerekord nicht brechen, gehöre 2020 mit 99,9-prozentiger Sicherheit zu den fünf heißesten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1880. Bislang waren die 2010er Jahre die wärmste gemessene Dekade, mit 2016 als Spitzenreiter und 2019 als zweitwärmstem Jahr.

Auch ohne El Niño: Zweitwärmste Periode

Die Forscher leiten diese Prognose vor allem vom Temperaturverlauf der ersten drei Monate dieses Jahres ab. Sie waren 1,15 Grad Celsius wärmer als die Durchschnittstemperatur des 20. Jahrhunderts, die 12,3 Grad betrug. Damit war dieses Vierteljahr die zweitwärmste derartige Periode hinter der von 2016, die noch 0,08 Grad wärmer war.

Damals trieb jedoch ein El Niño das Thermometer in die Höhe. „Die aktuelle Wärme ist angesichts des Fehlens eines starken El Niños außergewöhnlich“, konstatiert der NCEI-Klimatologe Deke Arndt. „Diese natürliche Erwärmung des tropischen Pazifik beeinflusst die Temperaturen weltweit.“ Ursache sei in erster Linie die fortgesetzte Emission von Treibhausgasen durch die Verbrennung fossiler Kraftstoffe.

Chancen auf El Niño sinken

In diesem Jahr sind laut NCEI jedoch weder ein El Niño noch sein kühlendes Gegenstück La Niña zu erwarten. Die Ursache dafür ist unklar, denn eigentlich sollte man bei steigenden Meerestemperaturen mehr Warmwasserblasen im Pazifik erwarten, die mit dem Klimaphänomen einhergehen.

„Tatsächlich hängt die Entstehung eines El Niño nicht nur von der absoluten Wassertemperatur, sondern auch vom Temperaturunterschied zwischen verschiedenen Meeresgebieten ab“, sagte der Klimaforscher Kevin Trenberth vom National Center for Atmospheric Research dem Onlineportal „Bloomberg“. Weil die globale Erwärmung alle Weltmeere erfasst, werde diese Differenz nun geringer, was die Chancen für die Entstehung von El Niños verringert.

Keine Kälterekorde

Der Temperaturanstieg dieses Frühjahrs war in beiden Hemisphären der Erde zu beobachten, mit Schwerpunkten in Osteuropa, Asien, der Karibik sowie Mittel- und Südamerika. Kälterekorde gab es dagegen nirgends.

In den USA waren die Monate Januar bis März die achtwärmste derartige Periode, und sie brachten extrem viel Niederschlag. Deshalb sprach die NOAA Flutwarnungen für die Mitte des Landes aus, voran die Flusstäler von Mississippi und Missouri.

Rekordtemperaturen im Pazifik, Atlantik, Indischen Ozean

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Daneben maßen die NCEI- Forscher im März im Pazifik, Atlantik und Indischen Ozean Rekordtemperaturen. Im Golf von Mexiko etwa war das Wasser 24,6 Grad warm, das sind 0,95 Grad mehr als der langjährige Durchschnitt (weltweit überstiegen die Temperaturen den Mittelwert um 0,47 Grad).

„Bleibt das Wasser so warm, könnte es die Intensität von Stürmen anheizen“, erläutert der Meteorologe Phil Klotzbach von der Colorado State University. „Daneben erhöht der Temperaturanstieg in den Ozeanen das Risiko für Waldbrände am Amazonas und in Australien sowie von Extremwetter in den USA.“

Mit seiner Arbeitsgruppe sagt Klotzbach für 2020 vorher, dass nach Beginn der Hurrikansaison Anfang Juni acht solcher Wirbelstürme durch den Atlantik pflügen werden, von denen mindestens einer das Festland erreicht.

Hurrikan „Harvey“ – ein Monstersturm

Dann könnte es wieder ein Desaster geben, wie es 2017 der Hurrikan „Harvey“ herbeiführte. Er begann schwach und löste sich zunächst teilweise auf, als er über die mexikanische Yucatan-Halbinsel zog.

Als er den Golf erreichte, gewann er aber wieder an Stärke und wurde zu einem Monstersturm der zweitstärksten Kategorie 4. Über den US-Staat Texas ergoss er wahre Sintfluten an Regen, tötete 68 Menschen und verursachte Schäden in Höhe von 125 Millionen US-Dollar.

Temperaturen an Land steigen ebenso

Das warme Wasser im Golf von Mexiko treibt auch die Temperaturen an Land empor. An Floridas Küste erreichten sie neue Rekordhöhen. In Miami etwa wurden an einem Tag Mitte letzter Woche 52,7 Grad gemessen, das sind laut dem National Weather Service 5,6 Grad mehr als normal. „Während das Coronavirus die Aufmerksamkeit der Nation auf sich zieht, bleibt die globale Erwärmung als Bedrohung bestehen“, erklärt der NCEI-Klimatologe Arndt.

Meerwasser absorbiert einen Teil der Hitze

Das Meerwasser absorbiere den größten Teil der von den Treibhausgasen herbeigeführten zusätzlichen Hitze und speichere sie besser als die Atmosphäre, so Arndt weiter. Dies schaffe gleichsam ein Gedächtnis für die Entwicklung der Erdtemperatur.

Zu den hohen Meerestemperaturen trugen auch die Verhältnisse in der Arktis bei. Dort war der sogenannte Polarwirbel in diesem Frühjahr besonders stark. Dieses ausgedehnte Tiefdruckgebiet war in diesem Jahr gegenüber den vergangenen Jahren deutlich stärker und kälter.

Dies bedeutet, dass es die kalte arktische Luft zuverlässig einschloss und so verhinderte, dass sie nach Süden in die gemäßigten Breiten abfloss und das Wasser kühlte. „In Kombination mit der globalen Erwärmung“, schrieb dazu „Bloomberg“, „war dies ein Doppelschlag für die Meerestemperatur, der sie in solche historischen Höhen trieb.“

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