Russlands Anti-Satellitenwaffe bedroht Starlink | Weather.com
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Wie Russland Elon Musks Starlink-Satellitensystem angreifen könnte

Anti-Satellitenwaffe rückt in den Fokus. Zwei Geheimdienste vermuten, dass Russland an einem System arbeitet, das Starlink mit Schrapnellwolken angreifen könnte.

FILE - In this time-exposure photograph, a SpaceX Falcon 9 rocket with the 25th batch of approximately 60 satellites for SpaceX's Starlink broadband network lifts off from the Space Launch Complex 40 at the Cape Canaveral Space Force Station in Cape Canaveral, Fla., late Wednesday, April 28, 2021. (AP Photo/John Raoux, File)
Eien SpaceX-Falcon-9-Rakete mit Starlink-Satelliten startet vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Archivbild)
(AP Photo/John Raoux, File)

Zwei Geheimdienste von Nato-Staaten vermuten, dass Russland eine neue Anti-Satellitenwaffe entwickelt, die Elon Musks Starlink-System mit erdumkreisenden Schrapnellwolken angreifen könnte - mit dem Ziel, die westliche Weltraumüberlegenheit in Grenzen zu halten. Nach Erkenntnissen der Spionagebehörden, zu denen die Nachrichtenagentur AP Zugang hatte, soll die sogenannte "Zonen-Effekt"-Waffe darauf angelegt werden, die Umlaufbahnen der Satelliten mit Hunderttausenden von winzigen hochdichten Geschossen zu attackieren. Auf diese Weise könnten möglicherweise mehrere der künstlichen Himmelskörper auf einen Schlag betriebsunfähig gemacht werden.

Zu hohe Risiken?

Bei einer solchen Attacke bestünde aber auch das Risiko katastrophaler Kollateralschäden für andere Systeme in der Erdumlaufbahn. Analysten, die keinen Einblick in die Erkenntnisse der Geheimdienste hatten, bezweifeln jedenfalls, dass eine derartige Waffe funktionieren würde, ohne unkontrollierbares Chaos im Weltraum für Unternehmen sowie Länder wie Russland und seinen Verbündeten China zu verursachen. Diese sind zur Kommunikation, Verteidigung und anderen wichtigen Zwecken selbst auf Tausende von Satelliten in der Umlaufbahn angewiesen.

Unterschiedliche Experteneinschätzungen

Solche Auswirkungen, einschließlich der Risiken für die eigenen Weltraumsysteme, könnten Moskau davon abhalten, eine solche Waffe zu stationieren oder einzusetzen, finden Analysten. "Das glaube ich nicht. Wirklich nicht", sagt zum Beispiel Victoria Samson von der in Colorado ansässigen Stiftung Secure World Foundation, die sich für eine sichere und friedliche Weltraum-Nutzung einsetzt, über die Möglichkeit derartiger Moskauer Absichten. 

Der Kommandeur der Weltraumabteilung des kanadischen Militärs, General Christopher Horner, warnt indessen, solche russischen Aktivitäten könnten nicht ausgeschlossen werden. Er verweist auf frühere US-Vorwürfe, nach denen Russland ebenso eine undifferenzierte nukleare Weltraumwaffe verfolge. Sollte Letzteres zutreffen, "dann würde es mich nicht schockieren, wenn etwas, das zwar nicht ganz so weit geht, aber ebenso schädlich ist, in ihrem Entwicklungsfokus liegt." Horner fügte aber hinzu, ihm selbst lägen keine Informationen über ein derartiges System vor. 

Weitgehend Schweigen

Die geheimdienstlichen Erkenntnisse der Geheimdienste wurden AP unter der Bedingung zugänglich gemacht, dass die beteiligten Behörden nicht identifiziert werden. AP konnte deren Schlussfolgerungen auch nicht unabhängig überprüfen, und weder Kremlsprecher Dmitri Peskow noch die für den Schutz der amerikanischen Interessen im Weltraum zuständige U.S. Space Force noch Musks SpaceX, das Starlink betreibt, antworteten auf AP-Anfragen nach einer Stellungnahme.

Das Weltraumkommando der französischen Streitkräfte erklärte lediglich, dass "Russland in den vergangenen Jahren seine unverantwortlichen, gefährlichen und sogar feindseligen Aktionen im Weltraum vervielfacht hat".

Starlinks Nutzen für die Ukraine

Die geheimdienstlichen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Russland insbesondere Starlink als ernsthafte Bedrohung betrachtet. So hat das System mit seinen Tausenden Satelliten in niedriger Umlaufbahn der Ukraine geholfen, im nunmehr schon fast vierjährigen russischen Angriffskrieg zu überleben. Starlinks Hochgeschwindigkeits-Internetdienst wird von den ukrainischen Streitkräften unter anderem für die Kommunikation auf dem Schlachtfeld und die Zielerfassung von Waffen genutzt. 

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Russische Regierungsvertreter haben wiederholt gewarnt, kommerzielle Satelliten, die dem ukrainischen Militär dienten, könnten legitime Ziele sein. Kürzlich gab Russland bekannt, es habe ein neues bodengestütztes Raketensystem in Betrieb genommen, das Ziele in niedriger Umlaufbahn treffen kann.

"Unglaublich beunruhigend"

Die neue Waffe, die sich laut den Geheimdiensten in der Entwicklung befindet, könnte mehrere Starlink-Satelliten gleichzeitig ins Visier nehmen, wobei die Geschosse möglicherweise von noch nicht gestarteten Formationen kleiner Satelliten abgefeuert würden. Der kanadische General Horner sagt, es sei schwer vorstellbar, wie die Geschosswolken so gelenkt werden könnten, dass sie nur Starlink träfen. Auch könnten die bei einem solchen Angriff entstehenden Trümmer "schnell außer Kontrolle geraten". Das könne dann verheerende Folgen für jeden Satelliten in dem ins Visier genommenen Orbitalgebiet haben. "Das ist der Teil, der unglaublich beunruhigend ist", sagt er.

Winzige Pellets könnten unentdeckt bleiben

Die der AP vorliegenden Erkenntnisse geben keinen Aufschluss darüber, wann Russland in der Lage sein könnte, ein solches System einzusetzen. Sie enthielten auch keine Details darüber, ob es getestet wurde oder wie weit die Forschungen vermutlich fortgeschritten sind. Die Secure-World-Expertin Samson sagt, sie könnten rein experimenteller Natur sein - vielleicht betrieben von Wissenschaftlern, die darauf hofften, die Regierung möglicherweise "irgendwann dazu bringen zu können, dafür zu bezahlen".

Den Geheimdiensten zufolge wären die Pellets so winzig – nur wenige Millimeter groß –, dass sie von boden- und weltraumgestützten Systemen, die nach Weltraumobjekten suchen, nicht entdeckt werden könnten. Wie viel Schaden sie genau anrichten würden, ist unklar. Im November reichte der vermutete Aufprall eines kleinen Trümmerstücks aus, ein chinesisches Raumschiff zu beschädigen, das drei Astronauten zur Erde zurückbringen sollte.

Das sind die empfindlichsten Teile von Satelliten

"Die größten Schäden würden wahrscheinlich an den Sonnenkollektoren entstehen, weil diese wahrscheinlich der empfindlichste Teil von Satelliten sind", sagt Clayton Swope von der in Washington angesiedelten Denkfabrik Center for Strategic and International Studies. Das wäre wahrscheinlich genug, um einen Satelliten außer Betrieb zu setzen.

"Waffe der Angst" könnte Chaos auslösen

Nach einem Angriff würden die Pellets und Trümmer im Laufe der Zeit wieder auf die Erde zurückfallen und dabei möglicherweise andere Systeme in der Umlaufbahn beschädigen, sagen Analysten. Die Starlink-Satelliten umkreisen die Erde in einer Höhe von etwa 550 Kilometern.

Chinas Raumstation Tiangong und die Internationale Raumstation ISS operieren in niedrigeren Umlaufbahnen, sodass beide Gefahren ausgesetzt wären, so Swope. Aber vielleicht verfolgt Russland ihm zufolge auch eine andere Taktik: Das Risiko eines Weltraumchaos, das eine solche Waffe verursachen könnte, würde es Moskau ermöglichen, seine Gegner zu bedrohen, ohne das System tatsächlich einsetzen zu müssen, sagt er. "Es fühlt sich definitiv wie eine Waffe der Angst an, die eine Art Abschreckung oder etwas Ähnliches bewirken soll."

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