Dieses Phänomen verursacht die Klimakatastrophen in Australien und Afrika
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Dieses Phänomen verursacht die Klimakatastrophen in Australien und Afrika

North of Bamaga, Far North Queensland.
In New South Wales wüten seit Wochen rund hundert Buschbrände, von denen bislang nur etwa die Hälfte unter Kontrolle gebracht werden konnte
(GettyImages)

Australien ächzt unter der verheerendsten Hitzewelle seiner Geschichte. In der vergangenen Woche purzelte vor allem im südlichen Teil des Kontinents ein Temperaturrekord nach dem anderen. So meldete das Bureau of Meteorology des Landes für die Stadt Adelaide 45,3 Grad Celsius, in Nullarbor waren es sogar 49 Grad.

Heißester Tag war der 18. Dezember mit einer landesweiten Durchschnittstemperatur von 41,9 Grad.

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Hunderte Buschbrände in New South Wales

Infolge der Hitze schmolzen Straßenbeläge, Fische starben ebenso wie viele Weidetiere, und Fledermäuse fielen von den Bäumen. In New South Wales wüten seit Wochen rund hundert Buschbrände, von denen bislang nur etwa die Hälfte unter Kontrolle gebracht werden konnte.

Sydney in Rauchschwaden gehüllt

Ein besonders großer Brand tobt nördlich von Australiens größter Stadt Sydney, seine Rauchschwaden hüllen die Metropole seit vielen Tagen ein. Rund 70 weitere Brände lodern im Bundesstaat Queensland. Agenturberichten zufolge wurden mehr als 800 Häuser zerstört, auf mindestens drei Millionen Hektar brannte die Vegetation nieder.

Dürre geht auf eine Art Klimawippe zurück

Ursache der Misere ist eine anhaltende Dürre. Diese wiederum geht auf ein spezielles Klimaphänomen zurück: Im Indischen Ozean gibt es eine Art Klimawippe, die sich zunehmend aufschaukelt und dabei die globale Erwärmung verstärkt. Meeresforscher sprechen von einem Dipol, der sich auf das Wetter in Afrika und Australien auswirkt.

So trug er zu den Starkregen bei, die in diesem Jahr in Afrika ganze Regionen unter Wasser setzten, ebenso zu den Buschbränden in Down Under.

Dipol bestimmt das Klima in Australien und Afrika

Der Dipol beruht auf Temperaturunterschieden zwischen dem westlichen und östlichen Indischen Ozean. „Es ist eine starke, aber kaum verstandene Naturkraft, die das Klima in Australien bestimmt“, teilte die australische Wissenschaftsorganisation CSIRO mit.

Veränderung der Wassertemperatur

Ähnlich wie bei El Niño und La Niña im Pazifik durchläuft auch der Dipol im Rhythmus von drei bis acht Jahren verschiedene Phasen (positiv, neutral und negativ), in denen sich die Wassertemperatur drastisch ändert.

In der positiven Phase ist sie im westlichen Indischen Ozean höher, im östlichen niedriger, was in Ostasien und Australien Dürren verursacht, in Teilen Indiens und Ostafrikas dagegen Regen.

Dieses Muster unterscheidet sich von anderen Meeren. Im Pazifik und Atlantik verteilen Strömungen und Winde die vom Wasser abgegebene Wärme. Doch die Landmasse Asiens im Norden des Indischen Ozeans blockiert diesen Mechanismus, so dass sich dort die Wärme staut. Als Folge erwärmte sich dessen Wasser im vergangenen Jahrzehnt vor allem im westlichen Teil stark.

Positive Phasen nehmen zu

„Dies verstärkte den Dipol, wodurch die Zahl der positiven Phasen zunahm“, konstatiert CSIRO-Forscher Wenju Cai. „Während der letzten 30 Jahre trat sie elf Mal ein, was es zuvor so nicht gab.“

Zwischen 2006 und 2008 folgten sogar drei positive Phasen aufeinander, die zu den verheerenden Buschbränden im australischen Bundesstaat Victoria beitrugen. „Dieses Muster wird sich unseren Modellen zufolge in den kommenden Dekaden fortsetzen“, erläutert Cai.

Eine Studie, die im Juli dieses Jahres im Fachjournal „Paleoceanography and Paleoclimatology" erschien, bestätigt dies. Ihre Autoren kamen zu dem Schluss, dass sich auch im Indischen Ozean ein wahrhaftiger El Niño entwickeln könnte. Denn Klimamodelle zeigen, dass sich der Temperaturunterschied des Dipols bei fortgesetzten Treibhausgas-Emissionen deutlich verstärken wird.

Ostafrika: Ganze Regionen unter Wasser

Für Afrika sind die Folgen schon heute gravierend. So standen Anfang Dezember in Ostafrika ganze Regionen unter Wasser, betroffen waren 2,5 Millionen Menschen. Künftig könnten sich in Ländern wie Kenia, Tansania, Ruanda und Burundi die Starkregen häufen. In Südostasien und Australien wäre dafür mit verstärkter Trockenheit zu rechnen.

Was dann geschehen könnte, zeichnet sich bereits heute im australischen Bundesstaat Northern Territories (NT) ab. Dort fehlt aktuell in neun Gemeinden das Trinkwasser. Bei zwölf weiteren ist es versalzen, weil die bisher genutzten Aquifere erschöpft sind und das Wasser aus neuen Brunnen mit Salzen, aber auch Nitrat, Fluorier und Uran belastet ist. Überall versiegen Quellen und Wasserläufe.

Alice Spring: Trockenster Sommer seit 27 Jahren

Exemplarisch zeigt sich in der Stadt Alice Springs, die nahe dem geographischen Zentrum Australiens liegt, wie sich die Hitze auf die Menschen auswirkt. Dort war der vergangene südliche Sommer der heißeste und seit 27 Jahren der trockenste Sommer.

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An 129 Tagen stiegen die Temperaturen über 35 und an 55 Tagen über 40 Grad. Der heißeste je registrierte Dezember-Tag war der Donnerstag vergangene Woche, als das Quecksilber auf 45 Grad stieg. Derartige Temperaturen hatte die CSIRO erst für das Jahr 2030 prognostiziert.

Das war noch nicht alles: An Drohnen montierte Sensoren maßen an den Oberflächen schattenloser Straßen und Parkplätze sogar Temperaturen zwischen 61 und 68 Grad. In den Straßen der Stadt starben fünf Prozent aller Bäume.

Ranger mussten 1400 Tiere erschießen

In dieser Zeit gingen auch Bilder toter und sterbender wilder Pferde um die Welt, die südöstlich von Alice Springs an einem ausgetrockneten Bachlauf zusammen gekommen waren und nun elend verdursteten. Später mussten Ranger 1400 Pferde, Esel, Kamele und Weiderinder erschießen.

Sie hatten nach Wasser gesucht und sich einem der letzten Wasserlöcher eingefunden, das aber auch trocken fiel.

Dieses Extremwetter könnte erst der Anfang sein, fürchten Meteorologen. Denn künftig dürften sich derartige Hitzewellen aufgrund des Klimawandels häufen. „Wenn wir nichts tun, werden die Northern Territories unbewohnbar werden“, erklärte die Umweltministerin des Bundesstaats, Eva Lawler.

Ureinwohner werden zu Klimaflüchtlingen

Die ersten Opfer wären die Aboriginies, die vielfach in Siedlungen abseits der Städte leben. Sie würden zu Klimaflüchtlingen gemacht. Auch die reiche Tier- und Pflanzenwelt der Region wäre verloren.

„Zentralaustralische Aboriginies sind sehr widerstandsfähig“, sagte Josie Douglas vom NT Central Land Council (CLC), die zu den Ureinwohnern vom Volk der Wardaman gehört, gegenüber Pressevertretern. „Sie sind an das harte und variable Wüstenklima angepasst, aber es gibt Grenzen.“

Ohne Maßnahmen, um den Klimawandel zu stoppen, würden die Menschen gezwungen, ihr Land zu verlassen und dabei verlieren, was sie zu Aboriginies macht, so Douglas weiter: „Der Klimawandel ist klar eine Gefahr und bedroht das Überleben unserer Völker und unserer Kultur.“

Dass es bereits Klimaflüchtlinge gibt, bestätigt Jimmy Cocking vom Arid Lands Environment Centre gegenüber dem britischen „Guardian“: Erste Leute seien bereits in der Stadt angekommen, in naher Zukunft würden weitere folgen. „Wenn wir dafür nicht planen, wird es mit Gruppen entwurzelter Menschen aus dem Hinterland der Northern Territories enden“, so Cocking.

Gefährdung der Gesundheit

Hinzu kommt, dass die Hitze direkt und indirekt die Gesundheit - vor allem der Aboriginies - gefährdet. So prognostiziert der Central Australian Aboriginal Congress mehr Krankheitsfälle und erhöhte Sterblichkeit durch Hitzestress, zunehmende Ernährungsunsicherheit und Fehlernährung, vermehrtes Auftreten psychischer Leiden sowie ein erhöhtes Potenzial für soziale Konflikte.

Zwar würden die Ureinwohner die Folgen des Klimawandels im Rahmen ihrer Möglichkeiten bekämpfen, versichert die CLC-Expertin Douglas: „Sie installieren Solaranlagen, kochen mit Holz statt mit Kohle und bauen Nutzpflanzen an. Doch dies zählt wenig angesichts der Untätigkeit der Regierung.“

Premierminister während Buschfeuer im Urlaub

Tatsächlich stufen Klimaforscher Australien als Schlusslicht einer Gruppe von 57 Staaten ein, die am wenigsten gegen die Erderwärmung tun. Viele Mitglieder der konservativen Regierung traten bereits als „Klimaleugner“ in Erscheinung. Zu ihnen zählt Premierminister Scott Morrison. Während es in der Heimat brannte, machte er bis zum vergangenen Sonntag Urlaub auf Hawaii, was ihm harsche Kritik eintrug.

Zurück im Amt, forderte er laut Presseberichten, die Australier sollten „nett zueinander sein“, die Forderungen nach mehr Aktionen seien aber politisch motiviert. Inzwischen aber gehen immer mehr Menschen auf die Straße, um gegen diese Politik zu demonstrieren. Zudem wollen die Regierungen der Bundesstaaten künftig den Kampf gegen den Klimawandel aufnehmen.

Demonstrationen zeigen Erfolge

Die Strategie zeigt erste Erfolge: In ihrem jüngsten Energie-Bericht von Anfang Dezember musste die Regierung vermelden, das Land sei auf dem Weg, seinen Energiebedarf bis 2030 zur Hälfte aus erneuerbaren Quellen zu decken – trotz der zuvor geäußerten Befürchtung, dadurch werde Australien deindustrialisiert.

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