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Rekordfeuer auch in Europa: Wälder verbrennen – Studie zeigt die Lösung | Weather.com
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Rekordfeuer auch in Europa: Wälder verbrennen – Studie zeigt die Lösung

We saw the fire spreading on the whole mountain in a valley. I was worried about the plants and animals in this area. But it advances the metabolism of the Rocky Mt. The saplings will cover this area in the next year.
Ein Drittel der borealen Zone auf der Nordhalbkugel liegt in Kanada. Ausgerechnet dort aber nehmen die Brände an Ausdehnung und Häufigkeit zu.
(GettyImages)

Australien brennt großflächig – die dortigen Feuer beherrschen weltweit die Schlagzeilen. Doch im hohen Norden stehen ebenfalls zunehmend Wälder in Flammen, was bisher aber weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit blieb.

Jetzt verdeutlicht eine in Kanada durchgeführte Studie das Ausmaß und die Folgen der Brände in den borealen Forsten. Zugleich zeigt sie auf, wie der Klimawandel die Wälder beeinflusst und anfälliger für Feuer macht. Erschienen ist sie im Fachjournal „Nature Scientific Reports“.

"Grünes Band" als wichtiger Puffer gegen die Erderwärmung

Die boreale Zone umspannt die Nordhalbkugel der Erde mit einem etwa 700 bis 2000 Kilometer breiten „grünen Band“, das sich meist jenseits des 50. Breitengrads durch Nordamerika, Europa und Asien zieht. Ein Drittel davon liegt in Kanada, wo die Wälder knapp 60 Prozent der Landesfläche bedecken.

Genau genommen handelt es sich um ein Mosaik aus Baumbeständen, Feuchtgebieten und Gewässern, das wie ein Schwamm das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus der Luft aufnimmt und in seiner Biomasse sowie den Böden speichert. Damit dient das grüne Band als wichtiger Puffer gegen die Erderwärmung.

Ausgerechnet dort aber nehmen die Brände an Ausdehnung und Häufigkeit zu. Als Beispiel nennt das kanadische „Digital Journal“ das sogenannte Chuckegg Creek Fire, das im Juni 2019 im Norden der kanadischen Provinz Alberta 280.000 Hektar Wald vernichtete. Zeitgleich gerieten in der an alten Baumbeständen reichen Region rund zehn weitere Waldbrände außer Kontrolle. Es war die schlimmste Kalamität in den vergangenen 80 bis 90 Jahren. Zudem mussten 15.000 Menschen aus 20 Gemeinden evakuiert werden.

Samen können Feuersturm im Boden überstehen

Gebrannt hat es in den nördlichen Wälder schon immer, seit sie nach der letzten Eiszeit entstanden sind. Große und intensive Feuer, die in unregelmäßigen Abständen aufflammen, sind der dominierende Brandtyp. Entsprechend konnten sich die Laub- und Nadelbäume in der Region bis zu einem gewissen Grad an das Feuer anpassen. So treiben sie rasch wieder aus (sofern sie nicht mit Stumpf und Stiel verbrannten), und sie werfen Samen ab, die den Feuersturm im Boden überstehen.

Dies macht die Bestände widerstandsfähig und lässt verkohlte Flächen recht zügig wieder ergrünen. Zugleich sinkt die Wahrscheinlichkeit für einen neuerlichen Brandausbruch in einem betroffenen Areal, weil es an brennbarem Material fehlt. Im Normalfall währt ein solches „feuerfreies Intervall“ 30 Jahre und mehr.

Klimawandel nimmt Bäumen ihre Widerstandskraft

Jetzt aber geht diese Regenerationsfähigkeit durch den Klimawandel zunehmend verloren. „Extremwetter, das Waldbrände begünstigt, kann diese Kontrollmechanismen überrollen, so dass sich Feuer in einem bereits niedergebrannten Gebiet ausbreitet“, heißt es in der Studie.

In ihrer Untersuchung verglichen die Autoren um die Forstökologin Ellen Whitman von der University of Alberta in Klima und Bodenbeschaffenheit ähnliche Flächen miteinander, die zuletzt vor 17 oder vor mehr als 30 Jahren gebrannt hatten.

„Man findet eine Landschaft mit verkrüppelten Bäumen“

Wie sich zeigte, weisen die Bestände mit kurzem feuerfreien Intervall deutlich weniger Bäume und Unterwuchs auf. Büsche und Gräser, die sonst den Waldboden bedecken, waren verschwunden. Dafür lagen vielerorts die Felsen blank, weil die organischen Böden mit verbrannt waren – einschließlich der verborgenen „Samenbank“. „Man findet eine Landschaft mit kurzen, verkrüppelten Bäumen“, erklärt Whitman. „Sie sind von Flechten bedeckt und von lichtem Gras umgeben, was wie der Übergang von einer Prärie zum Wald wirkt.“

Anders bei den Beständen mit einem langen feuerfreien Intervall. „Hier wachsen dichte Nadelbäume näher aneinander, am Boden gedeiht Moos neben Büschen und Blumen“, so Whitman. „Es sieht mehr wie ein junger Wald aus.“

Jasper-Nationalpark in Alberta, Kanada - Stock-Fotografie
Wildfire aftermath in Jasper National Park, Alberta Canada
Werden die Abstände zwischen den Bränden kürzer, kann der Baumbestand sich nicht mehr mit den gleichen Arten wie zuvor regenerieren.
(GettyImages)

Hier kommt der Klimawandel ins Spiel. „Wir erleben mehr heiße und windreiche Tage, die der Hauptauslöser für feuerreiche Jahre sind“, konstatiert Whitman. „Wenn es mehr solcher Jahre gibt, können die Feuersbrünste die Widerstandskraft überwinden, die erst kürzlich abgebrannte Wälder sonst aufweisen.“

Mit einer längeren Brandsaison, ausgedehnteren Feuern und jährlich größeren abbrennenden Flächen steige die Wahrscheinlichkeit, dass auch solche Gebiete erneut in Flammen aufgehen. Die Abstände zwischen den Bränden würden also kürzer, und der Baumbestand könne sich nicht mehr mit den gleichen Arten wie zuvor regenerieren, zumal nach einem Waldbrand oft eine Trockenperiode einsetzt, was wiederum die Feuergefahr erhöht.

Verlust der urtümlichen Wälder in nördlichen Gebieten

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Als Folge ändert sich der Vegetationstyp der Landschaft dauerhaft, und der ursprüngliche boreale Wald entsteht nicht mehr. Vielmehr wandelt Struktur und Zusammensetzung der Gehölze. „Die Bedingungen, die unmittelbar nach einem Feuer herrschen, lassen gut erkennen, wie der Bestand in Zukunft aussehen wird“, betont Whitman.

Der Verlust der urtümlichen Wälder droht auch in den anderen nördlichen Gebieten. So zählten Feuerwehren in Südschweden im April 2019 insgesamt 15 Wald- und 50 große Grasbrände, und in Sibirien waren bis Ende Juli letzten Jahres mehr als drei Millionen Hektar abgebrannt. Laut Greenpeace vernichteten die Flammen in dem Zeitraum auf der Nordhalbkugel insgesamt 13,4 Millionen Hektar Wald.

Rekordbrände in Schweden aufgrund Trockenheit und Hitze

Im Vorjahr war Schweden noch stärker betroffen. In ganz Skandinavien lagen die Temperaturen im Juli 2018 um zehn Grad über dem Durchschnittswert, wobei das Thermometer in Nordnorwegen stellenweise auf rund 32 Grad kletterte.

In Schweden fielen in den Monaten Mai bis Juli nur 13 Millimeter Regen. Diese Witterung ließ in dem Land die schwersten Waldbrände seit 100 Jahren auflodern. Ende Juli gab es gleichzeitig 20 Brände, zum Teil nördlich des Polarkreises. Manche waren so groß, dass sie nicht zu löschen waren.

Umstrittene Studie zeigt Lösungen auf

Die borealen Wälder sind folglich ein Opfer der globalen Erwärmung – sie könnten aber auch dazu beitragen, diese zu bekämpfen. Jedenfalls veröffentlichten Forscher der ETH Zürich eine Studie, derzufolge die Erde 900 Millionen Hektar Wald mehr tragen könnte als derzeit, ohne dass Städte oder Agrarflächen beeinträchtigt würden. Das entspräche fast der Fläche der USA und wäre eine Steigerung der derzeitigen weltweiten Waldfläche um etwa ein Drittel.

Dadurch könnten 205 Milliarden Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernt und der Klimawandel gebremst werden, und das vom Weltklimarat IPCC vorgegebene Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad komme in Reichweite.

Forscher fordern flächenreiche Länder zur zusätzlichen Bewaldung auf

Die Studie erfuhr viel Zuspruch, aber auch viel Kritik. Diese Zahlen, argumentierten andere Wissenschaftler, seien weit übertrieben und würden auf stark vereinfachten oder fragwürdigen Annahmen beruhen – ganz abgesehen von der Frage, wer ein solch gigantisches Projekt finanzieren soll.

„Die Studie setzt neue methodische Standards, weil sie das Potenzial der Aufforstung mit hoher räumlicher Auflösung und mit Hilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz berechnet", brachte es der Physiker Felix Creutzig vom Mercator Research Institute in Berlin auf den Punkt. „Die flächenreichen Länder Russland, Kanada, USA, Brasilien, Australien und China haben das meiste Potenzial für zusätzliche Bewaldung und können mehr hierin investieren.“

Gleichzeitig sei es aber viel wichtiger, erst einmal die Entwaldung zu stoppen, speziell in Brasilien und Indonesien, zudem könne die Aufforstung nur eine von vielen Maßnahmen für den Klimaschutz sein. Eine rasche Abkehr vom fossilen Wirtschaftsmodell sei notwendig und ließe sich am besten mit Hilfe eines Sektor-übergreifenden CO2-Preises erreichen.

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