Tote Fische, durstige Kühe: Trockenheit in Europa „bricht einem das Herz“ | The Weather Channel
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Tote Fische, durstige Kühe: Trockenheit in Europa „bricht einem das Herz“

Dead fish lay on the dried-up bed of the river Tille in Lux, France, Tuesday Aug. 9, 2022. Burgundy, home to the source of the Seine River which runs through Paris, normally is a very green region. This year, grass turned yellow, depriving livestock from fresh food, and tractors send giant clouds of dust in the air as farmers work in their dry fields. (AP Photo/Nicholas Garriga)
Der traurige Anblick des ausgetrockneten Flussbettes Tille im Burgund, zeigt wie dramatische die Dürre in Europa ist. Forscher befürchten die schlimmste Trockenheit seit 500 Jahren.
(AP Photo/Nicholas Garriga)

Wo einst das Wasser floss, ist nur trockener Staub geblieben. Das ausgedörrte Flussbett der Tille in Lux im Burgund bedecken jede Menge tote Fische, als traurige Opfer der seit Monaten anhaltenden folgenschweren Trockenheit.

Von ausgetrockneten Seen und Bächen über leere Rückhaltebecken bis zu fallenden Pegelständen an großen Wasseradern wie Donau, Rhein oder Po: Unter der vom Klimawandel getriebenen schweren Dürre leidet nahezu die Hälfte Europas. Sie trifft die Landwirtschaft, löst eine Knappheit bei der Wasserversorgung aus, bedroht Flora und Fauna in Flüssen und Seen und bereitet den Nährboden für verheerende Waldbrände.

Forscher befürchten schlimmste Dürre seit 500 Jahren

Seit rund zwei Monaten hat es in vielen Regionen nicht mehr richtig geregnet – und ein Ende der Trockenheit ist nicht in Sicht. Experten warnen bereits, dass es die schlimmste Dürre der vergangenen 500 Jahre werden könnte.

„Es bricht einem das Herz“, sagt Jean-Philippe Couasné vom Verband für Fischerei und Wasserschutz in Lux, als er das trockene Bett der Tille abgeht und auflistet, welche Fischarten hier verendet sind. 15 Meter ist der leere Lauf breit. „Im Durchschnitt fließen sonst rund 8000 Liter pro Sekunde“, erklärt Couasné. „Und jetzt: Null Liter.“

Ohne Regen werde sich das Flussbett nicht füllen, sagt er. „Und ja, alle Fische werden sterben.“ Einige haben sich derzeit über Fischtreppen in Becken weiter oben im Flusslauf gerettet. Doch die Fische seien gefangen, meint Couasné. „Es kommt kein Wasser nach, der Sauerstoffgehalt wird sinken.“

Es bleibt nur das Warten und Hoffen auf Regen

Die Fische in andere Flüsse umzuleiten, bringe nichts, erklärt der Regionalleiter des Verbandes, Jean-Pierre Sonvico. Denn diese seien ebenso von der Entwicklung betroffen und wären dann zu voll, was zu weiterem Fischsterben führen würde. „Es ist dramatisch“, sagt Sonvico. „Denn was können wir tun? Nichts.“ Es bleibe nur Warten und Hoffen auf Regen.

Schon 2018 habe es eine extreme Dürre gegeben, die mit keinem derartigen Ereignis der vergangenen 500 Jahre vergleichbar gewesen sei, umschreibt Andrea Toreti von der Europäischen Dürrebeobachtungsstelle (EDO), einem Dienst der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission, die Entwicklung. „Aber in diesem Jahr, denke ich, ist es tatsächlich noch schlimmer“, sagt er.

Trockenheit ist eine Folge der Änderung in den Wettersystemen

Die Forschungsstelle warnte erst dieser Tage, dass der Zustand sich weiter verschlechtern werde. Für die kommenden drei Monate gebe es weiter „ein sehr großes Risiko“ der Trockenheit in West- und Mitteleuropa und in Großbritannien, ergänzt Toreti. Die britische Regierung rief am Freitag für den Süden und die Mitte von England eine Dürre aus.

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Die aktuelle Lage sei eine Folge langer trockener Perioden aufgrund von Änderungen in den globalen Wettersystemen, erklärt der Meteorologe Peter Hoffmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Im Sommer sei das nun am stärksten zu spüren, aber die Dürre baue sich über das ganze Jahr auf.

FILE - A boat laying on a dry bank of river Danube after a long time of drought near the village of Cortanovci, 50 kilometers north-west of Belgrade, Serbia, Tuesday, Aug. 9, 2022. (AP Photo/Darko Vojinovic, File)
Sinkende Pegel drohen europaweit den Schiffsverkehr zum Erliegen zu bringen. In Serbien wird bereits Sand abgebaggert, um die Donaurinne vertiefen. Das Bild zeigt die versickernde Donau nahe des Dorfes Cortanovci, das 50 Kilometer nordwestlich der serbischen Hauptstadt Belgrad liegt. Aufgenommen am 9. August 2022
(AP Photo/Darko Vojinovic, File)

Zu sehen sind die Folgen der Dürre quer durch Europa. Selbst bei den großen Flüssen sind sie nicht zu leugnen. Auf dem Rhein und der Donau droht die Schifffahrt ausgebremst zu werden. Dabei könnte der Rhein schon in den kommenden Tagen einen kritischen Stand erreichen. Um die Donau in ihrer Region schiffbar zu halten, haben die Behörden in Serbien bereits angefangen, Sand abzubaggern und so die Rinne zu vertiefen. Am Po, dem längsten Fluss Italiens, tauchen derweil wieder Boote auf, die vor Jahrzehnten sanken.

Auch in Ländern wie Spanien und Portugal, die lange niederschlagsfreie Zeiten gewohnt sind, sind die Konsequenzen der Dürre schwer zu verkraften – und für manche gar nicht. In Andalusien beispielsweise, wo der Vinuela-Stausee auf einen Niedrigstand seiner Kapazität von nur noch 13 Prozent sank, mussten Avocado-Farmer bereits Hunderte Bäume opfern, um andere noch zu retten. Vor einem Jahr lag der Wasserstand um diese Zeit bei 55 Prozent.

Landwirte brechen bereits Wintervorräte an, um Kühe zu füttern

Cows eat whatever green vegetation remains in a sun-dried field in Moloy, Burgundy region, France Wednesday Aug. 10, 2022. Burgundy, home to the source of the Seine River which runs through Paris, normally is a very green region. This year, grass turned yellow, depriving livestock from fresh food, and tractors send giant clouds of dust in the air as farmers work in their dry fields. (AP Photo/Nicholas Garriga)
Wiesen und Weiden verdorrend vielerorts. Landwirte sind gezwungen, den Futtervorrat für den Winter anzubrechen, um ihre Tiere zu ernähren.
(AP Photo/Nicholas Garriga)

Wie es weitergeht, macht auch der Viehhaltung sorgen. Seine Milchkühe litten unter der Trockenheit, die Menge und Güte der Milch nehme ab, sagt Baptiste Colson in der Ortschaft Moloy im Burgund. Das sonst grüne Gras ist gelb und braun. Er sei bereits gezwungen, seine Futtervorräte für den Winter anzubrechen, beklagt Colson. Und sein diesjähriger Futtermaisanbau werde vermutlich um ein Drittel geringer ausfallen. Wie er die Tiere ernähren soll, macht ihm Kopfzerbrechen. „Das ist die größte Sorge“, sagt Colson.

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