Erste Erntebilanz 2022: Welchen Nutzpflanzen die Rekorddürre nichts anhaben konnten | Weather.com
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Erste Erntebilanz 2022: Welchen Nutzpflanzen die Rekorddürre nichts anhaben konnten

Wheat in field during sunset and stormy clouds in background
Insgesamt wurden 43 Millionen Tonnen Getreide in Deutschland geerntet – zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Doch es gibt einen Nachteil dabei: „Dort wo der Wuchs besonders toll war, gab es Qualitätsmängel“, sagt Johann Meierhöfer vom Deutschen Bauernverband
(GettyImages)

Die anhaltende Dürre und der Hitzestress in diesem Sommer haben die Ernten vieler Bauern einbrechen lassen. Der erste Erntebilanz 2022 fällt gemischt aus, denn der Hitze und Trocken haben nicht allen Nutzpflanzen zugesetzt.

Der Hitzesommer in diesem Jahr hatte Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Allerdings seien die warmen Temperaturen per se nicht das Problem, wie Johann Meierhöfer, Referatsleiter Ackerbau & Nachwachsende Rohstoffe beim Deutschen Bauernverband betont. „Vielmehr ist es der ausbleibende Regen, der vielen Früchten dieses Jahr zu schaffen gemacht hat.“ Trotzdem fällt die vorläufige Bilanz des Bauernverbands gemischt aus. Denn je nach Ansaatzeitpunkt konnten die Früchte der Dürre auch etwas entgegensetzen oder haben sogar von den heißen Temperaturen profitiert.

Ob Frucht mit wenig Wasser auskommt, hängt vom Saatzeitpunt ab

Während gemeinhin unter dem Begriff „Frucht“ vor allem Obst verstanden wird, beschreibt die Bezeichnung grundsätzlich die Gesamtheit der Organe einer Pflanze, die aus einer Blüte hervorgeht – egal ob etwa Obst, Gemüse oder Getreide. „Ob eine Frucht mit weniger Wasser auskommt, hängt auch stark davon ab, wann sie gesät wurde“, erklärt Meierhöfer. „Denn die Winterfrüchte – also diejenigen, die im Herbst gesät wurden – haben lange genug Zeit, ein ausreichend tiefes Wurzelwerk zu entwickeln und können die Winterfeuchtigkeit nutzen.

Wintergerste etwa ist dann im Sommer mit der Kornentwicklung schon sehr weit und die erste Hitzewelle des Jahres kam pünktlich zur sogenannten Abreife.“ Anders sah es mit den Sommerfrüchten aus, die im Frühling gesät wurden. Denn diese hatten bis zur Hitzeperiode nicht genügend Zeit, ausreichende Wurzeln zu bilden, die sich das Wassern aus dem tieferen Boden holen können.

„Bei den Sommerfrüchten wie Körnermais, Futtererbsen, Ackerbohnen, Soja aber auch Sommerraps haben wir dieses Jahr deutliche Einbußen“, sagt Meierhöfer. „Besonders der Mais leidet unter der Hitze, denn in der zweiwöchigen Blüte findet bei heißen Temperaturen nur eine schwache Befruchtung statt und Maispflanze entwickelt denn keine oder nur schwach entwickelte Kolben. Übrig bleibt nur Grünmasse mit viel Wasser – das bringt weder in der Biogasanlage noch im Kuhmagen etwas.“ Auch beim Grünland fällt die Ernte dieses Jahr in vielen Regionen sehr mager aus.

Starker Wuchs führte zu Qualitätsmangel

Doch obwohl der Winterweizen und auch die Wintergerste in diesem Jahr gut gewachsen sind, bremst Meierhöfer ein wenig: „Dort wo der Wuchs besonders toll war, gab es Qualitätsmängel“, sagt er. „Denn das schnelle Wachstum verlangt auch viel Dünger – allerdings in Größenordnungen, die in Deutschland nicht mehr zugelassen sind.“

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Grundsätzlich ist die vorläufige Erntebilanz für Getreide, die der Bauernverband Ende September veröffentlichte, gemischt ausgefallen: Insgesamt wurden 43 Millionen Tonnen Getreide geerntet – das sind immerhin zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Dennoch liegt die Erntemenge unter dem Durchschnitt von 2014 bis 2021 und die regionalen Unterschiede werden immer ausgeprägter – je nachdem ob es in der Region trockener ist oder mehr Regen gefallen ist.

„Nur bei den Kartoffeln, die ja auf dem freien Feld wachsen, sieht die Prognose für dieses Jahr eher schlecht aus – wir erwarten neun Prozent Einbußen“, sagt Meierhöfer. Zwar könnten die Kartoffeln grundsätzlich gut mit hohen Temperaturen umgehen, doch ab circa 28 Grad Celsius wachsen sie „rückwärts“, erklärt der Referatsleiter. „Das heißt, das Wasser und die Nährstoffe werden aus den Knollen zurück ins Wurzelwerk verlagert. Nach einer Weile dreht sich das wieder um. Das sieht man der Kartoffel allerdings an und sie wird unter anderem unförmig, was der Verbraucher wiederum nicht möchte.“

Obst- und Gemüseanbau vom ausbleibenden Regen betroffen

Ebenfalls betroffen von dem ausbleibenden Regen und der starken Hitze waren der Obst- und Gemüsebau. „Selbst wenn die Bewässerung technisch möglich ist, schlägt sich der Mehraufwand auf die Produktionskosten nieder“, sagt Meierhöfer. Zudem besteht die Gefahr von Kleinfrüchtigkeit aufgrund des Wassermangels und Sonnenbrand durch die starke Sonneneinstrahlung. Trotzdem könnten derzeit gute Ernten eingefahren werden – das sei ein Zeichen des „hervorragenden Kulturmanagements“.

Tendenziell ein Profiteur von den hohen Temperaturen ist der Weinanbau; viele Rebsorten mögen es gerne warm. „Dort, wo es genügend Wasser gab, ist der Wein gut weggekommen“, sagt Meierhöfer. „Grundsätzlich gab es hier aber auch große regionale Unterschiede.“ Wie das statistische Bundesamt Ende September veröffentlicht hat, wird die Erntemenge 2022 voraussichtlich bei 8,88 Millionen Hektolitern Weinmost liegen – gegenüber dem Vorjahr wäre das ein Anstieg von 4,2 Prozent.

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