Dürre spitzt in Mexiko Streit ums Wasser zu | Weather.com
Advertisement
Advertisement

Bauern gegen Avocado-Farmen: Dürre spitzt in Mexiko Streit ums Wasser zu

Ein bewaffneter Polizist begleitet Einheimische aus Villa Madero durch die Berge auf der Suche nach nicht lizenzierten Wasserentnahmestellen und Bewässerungsteichen. Foto: Armando Solis/AP
Ein bewaffneter Polizist begleitet Einheimische aus Villa Madero durch die Berge auf der Suche nach nicht lizenzierten Wasserentnahmestellen und Bewässerungsteichen.
(Armando Solis/AP)

Angesichts der anhaltenden Dürre gehen wütende Kleinbauern in Mexiko gegen die wasserintensiven Großplantagen für Avocados und Beeren vor. In dem einst grünen Bundesstaat Michoacán westlich von Mexiko-Stadt verschwinden Flüsse und sogar ganze Seen, während sich die Dürre durch den steigenden Wasserverbrauch für die lukrativen Exportkulturen noch verschärft.

In den vergangenen Tagen wanderten Dutzende Anwohner, Landarbeiter und Kleinbauern aus der Stadt Villa Madero in die Berge, um illegale Wasserpumpen herauszureißen und die Mauer eines nicht genehmigten Rückhaltebeckens zu zerstören. Es staute das Wasser einer Quelle, die die Anwohner seit Jahrhunderten versorgt hatte. Der Konflikt mit den Avocado-Bauern, die oft von Drogenkartellen protegiert werden oder diesen Schutzgelder zahlen, schwelt schon lange.

Dörfer haben kein Wasser mehr

„In den vergangenen zehn Jahren sind die Bäche, Quellen und Flüsse ausgetrocknet und das Wasser wurde aufgefangen, vor allem, um es für Avocados und Beeren zu nutzen“, sagt der Aktivist Julio Santoyo, der die Aktion mitorganisierte. „Es gibt Dörfer im unteren Teil der Gemeinde, die kein Wasser mehr haben.“ Seiner Schätzung zufolge sind in den Hügeln um Villa Madero rund 850 solcher mit Plastik ausgekleideten Bewässerungsbecken entstanden, in der Regel kurz nachdem die Plantagenbesitzer den einheimischen Kiefernwald illegal abgeholzt oder durch Brandrodung vernichtet hatten. Kiefern helfen dem Boden, Wasser zu speichern, während Avocadobäume es aus dem Boden saugen.

Francisco Gómez Cortés aus dem Dorf El Sauz erzählt, seine Gemeinde bitte den Landbesitzer seit 15 Jahren darum, das Wasser aus der Quelle zum Dorf weiterfließen zu lassen und nicht vorher abzuschöpfen.

Anwohner schlagen Kompromiss vor

Nachdem in den vergangenen zwölf Monaten nur etwa die Hälfte der normalen Niederschlagsmenge gefallen war, wuchs die Verzweiflung bei den Bewohnern, so dass sie die Pumpen und Schläuche für die Avocado-Plantagen entfernten. „Wir haben nicht genug Wasser für den menschlichen Konsum“, sagt Gómez Cortés. „Es ist traurig, auf diesen Pfaden zu gehen, die jetzt trocken sind, wo es früher Bäume und Quellen gab. Sie haben nicht einmal Wasser für die Tiere übrig gelassen, die an den Ufern nisten.“

Die Gruppe wurde vom Bürgermeister der Stadt begleitet, der Außenstehende für das Problem verantwortlich macht: „Es gibt Leute, die nicht aus dieser Stadt stammen, die hier eindringen“, sagt Froylan Alcauter Ibarra. „Sie nehmen den Menschen, die am Hang leben, das Wasser weg und wissen nicht, dass dies die Ärmsten sind.“

Die Anwohner haben nun einen Kompromiss vorgeschlagen, wonach die Landbesitzer 20 Prozent des Wassers aus den örtlichen Wasserläufen erhalten, wenn sie 80 Prozent weiterfließen lassen. Nun warten sie auf eine Antwort.

Bauern fühlen sich von der Regierung allein gelassen

Drogenkartelle verdienen ihr Geld oft mit illegaler Abholzung und erpressen Geld von den Avocado-Farmern in Michoacán. Die Aktivisten rund um Villa Madero wurden in der Vergangenheit Opfer von Drohungen, Entführungen und Prügel. „Wir sind ernsthaft in Gefahr, dass sie uns umbringen, weil wir protestieren“, sagt Gómez Cortés. „Aus der Not heraus tun wir das, was die Regierung tun sollte.“

Die Behörden haben den großen Plantagenbesitzern lange nur zugeschaut bei der illegalen Abholzung und der Aneignung von Wasser. Doch nun scheinen sie an einer Lösung des Konflikts interessiert.

See schwindet

Advertisement

Im März organisierten Aktivisten ein Treffen in der Nähe des Patzcuaro-Sees, damit die Behörden etwas gegen den schnell sinkenden Wasserstand unternehmen. Der Patzcuaro ist ein seichter, aber weitläufiger See in Michoacán mit einer schönen Kolonialstadt am Ufer und der Insel Janitzio. Die Fischer der Insel mit ihren flachen Booten und schmetterlingsförmigen Netzen wurden in den 1940- und 1950er-Jahren durch viele Fotos und Filme zum Symbol für die Volkstraditionen Mexikos. Die Stadt Patzcuaro zieht Hunderttausende Touristen an.

Doch als Folge von Dürre, Abholzung, Sedimentablagerungen und Wasserverbrauch der Avocado- und Beerenplantagen ist der See auf etwa die Hälfte seiner Größe geschrumpft. Inzwischen kann die Insel zu Fuß erreicht werden, und nach Einschätzung von Juan Manuel Valenzuela sind 90 Prozent der Boote, die früher zum Fischen und zum Transport von Touristen eingesetzt wurden, heute stillgelegt.

Problem ist außer Kontrolle geraten

Der nahe gelegene Cuitzeo-See, einer der größten Süßwasserseen Mexikos, ist inzwischen fast ausgetrocknet. „Wir können nicht zulassen, dass sie unsere Seen auslöschen“, sagt Valenzuela. „Es wäre eine Tragödie für Michoacán.“

Michoacáns Umweltminister Alejandro Méndez räumt ein, das Problem sei außer Kontrolle geraten. In den ehemals üppig bewaldeten Seegebieten sei das Wasser so knapp geworden, dass die Besitzer von Plantagen oft Tanklastwagen schickten, um Tausende Liter für die Bewässerung ihrer Kulturen aus dem See abzupumpen. «Man konnte bis zu 100 Lastwagen sehen, die Wasser aus dem See entnahmen», sagt Méndez über die Ereignisse im März.

Bauern bauen Pflanzen auf dem Seegrund

Vor etwa einer Woche begann die Polizei des Bundesstaates mit Patrouillen am Seeufer. Lkw-Fahrer, die illegal Wasser entnahmen, wurden festgenommen. Auch landwirtschaftliche Teiche werden nach den Worten von Méndez nun überwacht, um zu kontrollieren, ob sie aus dem See wieder aufgefüllt werden.

Während der Pegel des Patzcuaro-Sees in der Vergangenheit immer wieder stieg und sank, könnte er diesmal endgültig versiegen. Einige Landwirte haben schon damit begonnen, Pflanzen auf dem Seegrund anzubauen und ihr Vieh dort zu weiden. Gómez Cortés blickt mit Sorge in die Zukunft: „Es wird schwierig, denn die Menschen und das Vieh werden überleben, wenn auch nur knapp, doch die Wildtiere und die Pflanzen werden verschwinden – alles wird ausgetrocknet und vorbei sein.“

D​as könnte Sie auch interessieren:

Verwandelt sich der Amazonas zur Savanne?

Der Amazonas-Regenwald spielt eine bedeutende Rolle für das Weltklima. Unter anderem besitzt er einen kühlenden Effekt auf die gesamte Erde. Außerdem beheimatet das Ökosystem rund zehn Prozent aller Pflanzen- und Tierarten weltweit. Doch eine neue Studie besagt, dass der Kipppunkt des Amazonas schon im Jahr 2050 erreicht werden könnte.

Play

Advertisement