Im ländlichen Alaska setzt ein Dorf auf erneuerbare Energien

Hohe Heizkosten nicht zuletzt in eiskalten Wintern sind für die Bevölkerung ein großes Problem. Ein Biomasseprojekt und ein Solarpark sollen die Abhängigkeit von Diesel verringern - entgegen der Politik der Trump-Regierung. Erste Erfolge stellen sich bereits ein.

Alaska, 23. Mai 2025: Gebäude stehen nahe des Yukon River in Galena (AP Photo/John Locher)
Alaska, 23. Mai 2025: Gebäude stehen nahe des Yukon River in Galena
(AP Photo/John Locher)

Mitten in der Wildnis von Alaska hat sich Eric Huntington seine Traumhütte gebaut und dort zwei Töchter großgezogen. Doch im Lauf der Jahre stellte er fest, dass das Leben in der Abgeschiedenheit des Dorfs Galena einen hohen Preis hat: Jedes Jahr gab die Familie Huntington etwa 7.000 Dollar (6.000 Euro) für Diesel aus, um die Hütte in den eiskalten Wintern zu beheizen. Vor einigen Jahren ließ ein Stromausfall im Dieselkraftwerk des Orts die Einwohner bei minus 45 Grad frieren. Als der Strom Stunden später wieder floss, waren die Wasserrohre eingefroren und etwa zwei Dutzend Wohnhäuser hatten tagelang kein fließendes Wasser.

Doch inzwischen stellt Galena, ein weitläufiges Dorf mit 400 Einwohnern am Ufer des Yukons, auf saubere Energie um. Die Gemeinde, die um einen ehemaligen Militärstützpunkt herum gebaut wurde, will ihre Abhängigkeit von teurem, importiertem Diesel verringern. Die Verantwortlichen sagen, dass ihr fast fertiggestellter Solarpark zusammen mit einer bestehenden Biomasseanlage die Rücklagen der Stadt erhöhen und die Einwohner vor Stromausfällen bei extremen Wetterbedingungen schützen werde.

Die Technologie hat das Potenzial, in Notfällen sauberen Ersatzstrom zu liefern und die Widerstandsfähigkeit des Stromnetzes zu verbessern, während sie gleichzeitig die Energiequellen des Dorfes diversifiziert und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Einheimischen schafft.

Zuschüsse für saubere Energien gestrichen

Die Projekte kommen zu einem heiklen Zeitpunkt für den Übergang zu erneuerbaren Energien in den USA. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat Milliarden Dollar an Zuschüssen für saubere Energien gestrichen, um die Produktion fossiler Brennstoffe zu fördern, weitere Milliarden an Investitionen wurden in diesem Jahr abgesagt oder verschoben. Bislang hatte das keine Auswirkungen auf die Bundeszuschüsse für die Solaranlage des Dorfes, aber die Verantwortlichen vor Ort wissen, dass das Risiko besteht.

Wie auch immer die Zukunft der öffentlichen Finanzierung aussehen wird, das Dorf ist ein Beispiel dafür, wie erneuerbare Energien Kosten sparen, die Zuverlässigkeit bei extremen Wetterbedingungen erhöhen und Arbeitsplätze schaffen können.

Sobald die Solaranlage in Betrieb ist, werde sie sicherstellen, dass das Stromnetz des Dorfes über ein Backup-System verfüge, sagt Tim Kalke, Geschäftsführer von Sustainable Energy for Galena Alaska (Sega), einer gemeinnützigen Organisation, die die Anlage betreiben wird. Wenn also der Strom ausfalle, müsse man nicht Zehntausende Dollar für Reparaturen ausgeben, und in Zeiten extremer Kälte sei die Wärme garantiert. "Hier geht es um Leben, Gesundheit und Sicherheit", sagt er.

Alaska, 19. Mai 2025: Nathan Moses (von links nach rechts), Morris Demoski and Marissa McCarty liefern Holz an einen älteren Dorfbewohner in Galena (AP Photo/John Locher)
Alaska, 19. Mai 2025: Nathan Moses (von links nach rechts), Morris Demoski and Marissa McCarty liefern Holz an einen älteren Dorfbewohner in Galena
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Biomasseanlage spart Diesel

Im Mai feierten Dutzende Oberschüler festlich gekleidet ihren Abschluss an der Galena Interior Learning Academy. Die Berufsausbildungskurse und das kulturelle Angebot der Schule ziehen jährlich etwa 200 Schüler und Schülerinnen aus ganz Alaska an, was die Bevölkerungszahl und den Energiebedarf des Dorfes in die Höhe treibt. Die Schüler können Kurse über nachhaltige Energie, Luftfahrt, Schreinerei und vieles mehr belegen. Doch um den Betrieb aufrechtzuerhalten – vor allem in den langen, kalten Wintern – braucht es Wärme.

Hier kommt das Biomasseprojekt ins Spiel. Seit 2016 werden jeden Winter Bäume vor Ort geerntet und zu Holzschnitzeln zerkleinert, die eine große Kesselanlage auf dem Campus mit Energie versorgen. Dadurch würden jährlich etwa 380.000 Liter Diesel für den Schulbezirk und die Stadt eingespart, sagt Brad Scotton, ein Mitglied des Stadtrats von Galena, der auch im Vorstand von Sega sitzt. Die Anlage sei eine der ersten großen Biomasseanlagen des US-Staats, fügt er hinzu.

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Einsparungen aus der Verwendung von Biomasse hätten es dem Schulbezirk erlaubt, zertifizierte Fachkräfte in Handwerksberufen einzustellen und Instandhaltungsarbeiten an Campus-Einrichtungen vorzunehmen, erklärt Bezirksleiter Jason Johnson in einer E-Mail. "Das Geld, das früher nach außen floss, bleibt in der Gemeinde und bietet den Menschen sinnvolle Arbeitsplätze", sagt Scotton.

Solaranlage ersetzt Dieselmotoren an sonnigen Tagen

Im ländlichen Alaska sind die Preise für viele Dinge hoch, denn sie müssen von außerhalb herbeigeschafft werden. Galena verbrennt jährlich knapp 1,5 Millionen Liter Diesel, um Strom zu erzeugen, und ein Anstieg der Energiepreise um 2008 ließ das Dorf erkennen, dass sich etwas ändern musste. Scotton erinnert sich an die Zeit, als eine Gallone Diesel 1,64 Dollar kostete und ein Jahr später auf 4,58 Dollar in die Höhe schoss.

Bei diesem Großhandelspreis zahlte der Ort umgerechnet mehr als 1,5 Millionen Euro, damit das Licht nicht ausging. Die hohen Kosten seien für alle ein Schock gewesen, sagt Scotton. Daraufhin begannen sie, nach Zuschüssen für den Bau einer Solaranlage zu suchen.

Kürzlich befestigten Arbeiter auf einem Feld rechteckige Kollektoren an einem Metallgitter. Sie arbeiteten an der fast fertiggestellten 1,5-Megawatt-Solaranlage, die an ein Batteriesystem angeschlossen wird. Sobald die Anlage in Betrieb ist, wird die Gemeinde an sonnigen Sommertagen in der Lage sein, ihre Dieselmotoren abzuschalten und 100 Prozent saubere, erneuerbare Energie zu nutzen. Überschüssiger Strom wird in Batterien gespeichert, die nachts, in Notfällen oder zur Beheizung des örtlichen Hallenbads genutzt werden können. Die Solaranlage wird es ermöglichen, den Dieselbetrieb zwischen 800 und 1.000 Stunden im Jahr abzuschalten, was einer Gesamtmenge von etwa 380.000 Litern entspricht.

Alaska, 21. Mai 2025: Arbeiter installieren Solarpanels in Galena (AP Photo/John Locher)
Alaska, 21. Mai 2025: Arbeiter installieren Solarpanels in Galena
(AP Photo/John Locher)

"Bildung und Holzschnitzel"

Der Solarpark wird die Stromrechnungen der Menschen nicht unbedingt senken. Aber wie beim Biomassekraftwerk hofft man, dass er die Energiekosten stabilisiert, so dass die Einsparungen wieder in die Gemeinde zurückfließen und gleichzeitig Arbeitsmöglichkeiten für die Einwohner und auch für Absolventen der Academy geschaffen werden.

Zusätzlich zum Solarpark und zum Biomasseprojekt baut das örtliche Volk der Louden, dem auch Familienvater Huntington angehört, neue energieeffiziente Häuser. Einige der für die Häuser verwendeten Verkleidungen stammen aus Holz, das in der Region geschlagen wurde.

Im November zogen die Huntingtons in ein neues Haus auf Stelzen mit einem solartauglichen Dach, 33 Zentimeter dicken Wänden und einer 46 Zentimeter dicken Isolierung. Als sie noch in der Hütte lebten, machten die 7.000 Dollar, die Huntington jährlich für Diesel ausgab, einen beachtlichen Teil seines Jahreseinkommens aus. Durch die energieeffizienten Funktionen des neuen Hauses sparen sie bereits Geld. Der 1.130-Liter-Dieseltank, den Huntington vor dem Umzug füllte, kostete ihn etwa 2.400 Dollar. Sechs Monate später ist der Tank immer noch nicht leer.

Die Huntingtons sind eine von acht Familien, die in nachhaltige Häuser umgesiedelt wurden, drei weitere sollen noch dieses Jahr folgen. Sega-Geschäftsführer Kalke wird oft gefragt, was Galena produziere. Früher hat er einfach "Bildung" gesagt. "Aber seit 2016 kann man sagen: Bildung und Holzschnitzel. Und bald auch Solarenergie", erklärt er.

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