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Coronavirus: Warum Pandemien oft aus Asien und Afrika kommen

24.02.2020, Südkorea, Seoul: Arbeiter in Schutzkleidung sprühen Desinfektionsmittel auf einem Markt in Seoul als Vorsichtsmaßnahme gegen das Coronavirus. Die südkoreanischen Gesundheitsbehörden haben zwei weitere Todesfälle in Verbindung mit dem Coronavirus gemeldet. Foto: Ahn Young-Joon/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Anders als hier in Südkoreas Hauptstadt wird es auf Dorfmärkten in ärmeren asiatischen Ländern mit Hygiene oft nicht so genau genommen.
(Ahn Young-Joon/AP/dpa )

Obwohl Epidemien während der gesamten Menschheitsgeschichte entstanden sind, scheinen sie nun auf dem Vormarsch zu sein. In den vergangenen 20 Jahren haben allein Coronaviren weltweit drei große Ausbrüche verursacht, wie Suresh V Kuchipudi, stellvertretender Direktor des Tierdiagnoselabors der Penn State University, in einem Gastbeitrag für „I fucking love science“ erläutert. Besonders beunruhigend sei dabei, dass die Zeitspanne zwischen diesen drei Pandemien kürzer geworden ist – das Sars-Virus tauchte 2002/2003 auf, das Mers-Virus 2012.

Kuchipudi ist auf so genannte zoonotische Viren spezialisiert, also solche, die von Tieren auf Menschen übergehen. Folgende Gründe führt er an, warum tödliche Pandemien zunehmend in Asien und Afrika entstehen.

Bevölkerungsexplosion raubt Tieren Lebensraum

In Asien und im pazifischen Raum, wo bereits 60 Prozent der Weltbevölkerung leben, findet eine rasche Urbanisierung statt. Nach Angaben der Weltbank zogen im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts allein in Ostasien fast 200 Millionen Menschen in die städtischen Gebiete. Zur Einordnung: 200 Millionen Menschen könnten das achtbevölkerungsreichste Land der Erde bilden.

In der Folge Wald wird zerstört, um Wohngebiete zu schaffen. Wilde Tiere werden zurückgedrängt, müssen dabei erzwungenermaßen näher an Menschen leben. Sie treffen unweigerlich auf sie und ihre Haustiere. Wildtiere beherbergen oft Viren – Fledermäuse können zum Beispiel Hunderte von ihnen tragen. Und Viren, die von Spezies zu Spezies springen, können letztlich auch Menschen infizieren, wie Kuchipudi erläutert.

„Ein Teufelskreis“: Weniger Raubtiere erhöht Zahl an Nagern

„Letztendlich wird die extreme Verstädterung zu einem Teufelskreis“, schreibt er. Der Verlust von Lebensraum durch Menschen führt zum Tod von Raubtieren, einschließlich derer, die sich von Nagetieren ernähren. Durch ihre Minimierung explodiert die Population an Nagern. Und wie Studien in Afrika zeigten, steige auch die Gefahr von Zoonosen.

Kuchipudi rechnet damit, dass sich die Situation noch verschlimmern wird. Denn ein großer Teil der Bevölkerung Ostasiens lebt immer noch in ländlichen Gebieten. Die Verstädterung werde voraussichtlich Jahrzehnte andauern.

Großes Reservoir an Krankheitserregern

Tropische Regionen, die reich an biologischer Vielfalt sind, verfügen bereits über ein großes Reservoir an Krankheitserregern. Das erhöht dem Virologen zufolge die Wahrscheinlichkeit, dass ein neuer Erreger auftaucht, erheblich.

Enges Zusammenleben mit Stalltieren

Das Landwirtschaftssystem in Afrika und Asien begünstige eine Verbreitung: Auf beiden Kontinenten seien viele Familien von einem kleinen Viehbestand abhängig, mit dem sie eng zusammenleben. Krankheitskontrolle oder Futterzusätze gebe es praktisch nicht. Deshalb könnten Rinder, Hühner und Schweine Krankheiten übertragen.

Intime Nähe am Markt

Dasselbe gelte für Märkte, wo beengte Verhältnisse herrschten sowie eine „intime Vermischung mehrerer Arten, einschließlich des Menschen. Auch dies spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung und Verbreitung eines Killerkeims zwischen den Arten“, schreibt Kuchipudi.

Wildtierjagd „primärer Weg für die Übertragung“

Ein weiteres Risiko sei die Jagd auf wilde Tiere, die besonders in Afrika südlich der Sahara weit verbreitet ist. Dieses Fleisch sei ein klarer und primärer Weg für die Übertragung von Zoonosen.

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Traditionelle chinesische Medizin mit fragwürdigen Medikamenten

Dies gelte auch für die traditionelle chinesische Medizin. Tiger, Bären, Nashörner, Schuppentiere und andere Tierarten werden gewildert, damit ihre Körperteile in diese fragwürdigen Medikamente gemischt werden können. Auch dies trage wesentlich zur Zunahme von Tier-Mensch-Interaktionen bei. Und die Nachfrage steige durch das Internet und wachsenden Reichtum in Asien.

Nächste Pandemie - eine Frage der Zeit

Nach Einschätzung von Kuchipudi ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein weiterer großer Ausbruch in dieser Region der Welt auftritt. Alle Coronaviren, die die jüngsten Epidemien verursacht haben, einschließlich des COVID-19, sind nach derzeitigen Erkenntnissen von Fledermäusen auf ein anderes Tier übergesprungen, bevor sie den Menschen infizierten.

Appell: Stoppt die Abholzung und schafft ein Kontrollsystem

Welche Kette von Ereignissen genau zu einer Pandemie führt, sei noch unklar. Sicher sei aber, dass die Risiken minimiert werden könnten – etwa indem Tieren weniger Lebensraum genommen wird.

Wie der aktuelle Ausbruch gezeigt hat, kann sich eine Infektionskrankheit, die in einem Teil der Welt beginnt, praktisch in kürzester Zeit global ausbreiten. Kuchipudi ruft dazu auf, Strategien zu entwickeln, um die fortschreitende Abholzung einzudämmen und Wechselwirkungen zwischen Tier und Mensch zu verringern. Weiter müsse ein umfassendes globales Überwachungssystem zur Überwachung künftiger Epidemien aufgebaut werden.

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