Silvesterfeuerwerk: Muss es immer knallen? | Weather.com

Silvesterfeuerwerk: Muss es immer knallen?

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Ein schöner Brauch oder unnötige Belastung für Umwelt und Tiere? An der Sinnhaftigkeit von privaten Silvesterfeuerwerken scheiden sich die Geister. Welche Auswirkungen die Böllerei hat und warum es kaum umweltfreundliche Alternativen gibt.

Während der Corona-Pandemie ordnete das Bundesinnenministerium ein Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerk an Privatpersonen an – um die Krankenhäuser nicht zusätzlich mit Verletzungen durch Böller zu überlasten, so die Begründung. Mittlerweile ist dieser Grund weggefallen und das Verkaufsverbot wieder aufgehoben. Für Kritikerinnen und Kritiker der Böllerei gibt es jedoch weiterhin eine ganze Reihe von Gründen, das Spektakel verbieten oder zumindest deutlich eingrenzen zu wollen.

So listet Silvia Teich, Sprecherin beim Naturschutzbund Deutschland (NABU) auf: „Zum einen sind die Feuerwerke ein Verschmutzungsproblem. Durch den Feinstaub und den Müll, der meist liegen bleibt. Und zum anderen hat die Knallerei einen großen negativen Einfluss auf die Tierwelt.“

Feinstaubbelastung ist zum Jahreswechsel extrem hoch

Auch wenn es keine eindeutige und offizielle Klimabilanz zu den Feuerwerken gibt, so gibt es unter anderem Messungen zum freigesetzten Feinstaub: Wie das Umweltbundesamt (UBA) mitteilt, werden jährlich rund 2500 Tonnen Feinstaub durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern freigesetzt – der größte Teil in der Silvesternacht. „Diese Menge entspricht in etwa einem Prozent der gesamt freigesetzten Feinstaubmenge in Deutschland“, heißt es aus der Bundesbehörde.

Auswertungen der Feinstaubdaten haben laut UBA ergeben, dass in den ersten Stunden des neuen Jahres in Großstädten PM10-Stundenwerte um 1000 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen werden (PM steht für Particulate Matter – englisch für Feinstaub). Zum Vergleich: Im Jahr 2018 lag der tägliche Wert im Schnitt bei 18 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Die Folgen der hohen Konzentration sind vor allem Reizungen der Atemwege, Asthmaanfälle sowie Atemwegsinfektionen und Herzkreislaufprobleme. Und auch die Knallerei hat Auswirkungen: Laut UBA erleiden jährlich etwa 8000 Menschen zu Silvester Schädigungen des Innenohrs durch Feuerwerkskörper.

Für aufgeschreckte Vögel besteht Lebensgefahr

Wie Teich betont, gefährden die Feuerwerke aber nicht nur Menschen, sondern besonders Tiere. „Wer ein Haustier hat, weiß, wie sehr dieses in der Silvesternacht in Aufregung und verängstig ist“, sagt sie. „Noch schlimmer trifft es aber Wildtiere – insbesondere Vögel. Hier gibt es einige Arten, die ihre ganze Energie brauchen, um überhaupt den Winter überleben zu können. Werden sie durch die Knallerei immer wieder aufgeschreckt und zur plötzlichen Flucht bewegt, kann der dadurch entstehende Energieverlust lebensbedrohlich werden.“ Besonders schlimm sei es, wenn die Menschen zum Böllern in die freie Natur gehen und dabei noch in der Nähe von Vogel-Schlafgewässern knallen.

Fast 200 Tonnen Silvesterabfall

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Neben den lauten Geräuschen kritisiert Teich auch den entstehenden Müll, der in den Siedlungen zwar immerhin von den Stadtreinigungen von den Straßen geholt wird, in der Natur aber meistens liegenbleibt. Laut Verband kommunaler Unternehmen (VKU) werden durchschnittlich allein in den fünf größten Städten rund 191 Tonnen Silvesterabfall entfernt. Die Reste der Feuerwerkskörper enthaltenen nach UBA-Angaben Chemikalien, können durch Regen- und Schmelzwasser weggespült werden und so in den Boden und in Gewässer gelangen. Zur Contra-Liste gesellen sich nicht zuletzt auch noch die Kosten: 100 bis 137 Millionen Euro jagen die Deutschen zum Jahreswechsel in die Luft, schreibt das UBA.

Zentrale statt privater Feuerwerke?

Trotz der Negativ-Liste fordert der NABU keine generelle Abschaffung des Silvesterspektakels. „Wir verstehen, dass viele Leute an der Tradition hängen, aber aufgrund der Verschmutzung und der Auswirkungen auf die Tiere denken wir, dass es viel besser wäre, wenn niemand mehr privat böllert und die Feuerwerke nur noch zentral von Städten und Gemeinden angeboten werden“, sagt sie. „Dann kann sich jeder daran erfreuen, es wird von Leuten durchgeführt, die sich damit auskennen und die negativen Effekte zumindest reduziert.“

Ökologische Feuerwerke gibt es nicht

Ökologische Feuerwerke gibt es bislang nicht. Denn erst durch den Verbrennungsprozess in den Feuerwerkskörper entstünden die gewünschten Licht- und Knalleffekte, erklärt das UBA. Eine feinstaubfreie Alternative am Boden können druckgasbetriebene Konfettikanonen sein. „Besser als Feuerwerke sind Lichtshows, die in den Himmel projiziert werden“, sagt Teich.

Wann Feuerwerke von Privatpersonen gezündet werden dürfen, regelt die Verordnung zum Sprengstoffgesetzt. Demnach ist das Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie 2 – dazu gehören etwa Raketen, Batterien und Vulkane – Privatpersonen ausschließlich vom 31. Dezember 00:00 Uhr bis zum 1. Januar 24:00 Uhr erlaubt. Allerdings können Gemeinden aufgrund von Gefährdungslagen - beispielsweise durch drohende Brände und Verletzungen - auch regionale Verbote aussprechen. So gab zum Jahreswechsel 2022/23 etwa in München innerhalb des Mittleren Rings ein Böllerverbot. In der Fußgängerzone wurde das Verbot sogar auf jede Art von Pyrotechnik ausgeweitet.

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