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Rentierpopulation in Arktis schrumpft dramatisch – auch Menschen leiden | The Weather Channel
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Tiere

Rentierpopulation in Arktis schrumpft dramatisch – auch Menschen leiden

Die robusten Herdentiere haben ihre Ernährungsgewohnheiten perfekt auf die unwirtlichen Lebensumstände angepasst
Die Zahl der Rentiere in der Arktis fiel von fast fünf Millionen auf 2,1 Millionen Tiere
(Getty Images)

Den in der Arktis frei lebenden Rentieren geht es schlecht. In den vergangenen zwei Jahrzehnten sanken ihre Bestände um mehr als 50 Prozent. In absoluten Zahlen fiel die Population von fast fünf Millionen auf 2,1 Millionen Tiere.

Dies gab die US-Meeres- und Ozeanbehörde NOAA auf einer sogenannten Arctic Report Card bekannt. Mit dieser Art von Publikation veröffentlicht die Organisation Nachrichten, Projekte und wissenschaftliche Studien aus ihrem arktischen Forschungsprogramm.

Herden schrumpfen um 56 Prozent

Der neuen Erhebung zufolge sanken die Bestände in den Herden, die in den Tundren Nordamerikas, Grönlands, Russlands und Norwegens leben, im Mittel um 56 Prozent. Fünf der Herden in Kanada und Alaska verloren im Untersuchungszeitraum sogar bis zu 90 Prozent ihrer Tiere und zeigen keine Anzeichen für eine Erholung.

Nur bei fünf der 22 überwachten Herden zeigte sich kein Rückgang. Entsprechend stuften kanadische Behörden zwei Herden als „gefährdet“ ein, eine sogar als „vom Aussterben bedroht“.

Nördliche Breiten erwärmen sich schneller

Hinter dem Niedergang stehen die Veränderungen, die sich in der Arktis aufgrund des Klimawandels vollziehen. Tatsächlich erwärmen sich die nördlichen Breiten schneller als der restliche Planet. Weil sich damit auch die Wettermuster und die Vegetation wandeln, wird die Region für die Rentiere deutlich lebensfeindlicher.

„Wir sehen keine Anzeichen dafür, dass die Erwärmung des Gebiets nachlässt“, erklärte der Ökologe Howard Epstein von der University of Virginia, der an den Arctic Report Cards mitwirkt, gegenüber der BBC. „Stattdessen beobachten wir in manchen Gegenden verstärkte Trockenheit, die zusammen mit der Erwärmung die Pflanzendecke verändert.“

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Population an Stechmücken und Parasiten steigt

Dies betrifft insbesondere die Flechten, von denen sich die Rentiere hauptsächlich ernähren. Zusammen mit Moosen, Gräsern, Farnen, Kräutern und kleinen Sträuchern bestimmen sie das Landschaftsbild der Tundra. Im nun wärmeren Klima gedeihen jedoch höher wachsende Pflanzen wie Gräser oder Sträucher besser und verdrängen die Flechten. Als Folge fehlt es den Rentieren an Nahrung.

Überdies machen ihnen Stechmücken und andere Parasiten zu schaffen, deren Bestände im nunmehr feuchtwarmen Klima regelrecht explodieren. „Wenn es warm und nicht zu windig ist, fallen die Insekten über die Rentiere her“, so Epstein. „Dann müssen die Tiere viel Energie aufwenden, um die Plagegeister los zu werden oder Plätze zu finden, an denen sie sich vor ihnen verstecken können.“

Regen statt Schnee behindert Nahrungssuche

Nahrungsmangel, höhere Temperaturen und die steigende Zahl an Stechmücken und Parasiten bedrohen Rentiere in der Arktis
(Getty Images)
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Hinzu kommt ein weiteres Problem: In der wärmeren Arktis fällt immer häufiger Regen statt Schnee. Auf den kalten Böden bildet das Regenwasser jedoch rasch eine Eiskruste, die die Rentiere bei der Futtersuche nicht mit ihren Schnauzen durchdringen können.

Sie erreichen die Flechten nicht, was den Nahrungsmangel weiter verschärft.

In Sommermonaten sterben vermehrt Rentierkühe

Wie Beobachtungen bei Überflügen von Plätzen ergaben, an denen sich die Rentierkühe zur Geburt ihrer Kälber versammeln, sterben in warmen Sommermonaten mit reduziertem Niederschlag vermehrt Kühe.

Die Ursachen sind unklar, doch die Forsche vermuten, dass der Hitzestress den an lange und kalte Winter adaptierten Tieren stark zusetzt. Hinzu kommt der Nahrungsmangel, dem eine verstärkte Aktivität zur Futtersuche gegenüber steht.

Menschen in betroffenen Gebieten leiden ebenfalls

Unter dem Niedergang der Rentiere leiden auch die Menschen in den betroffenen Gebieten. Sie gehören meist indigenen Völkern an, die mit und von den Herden leben.

Ihre Kultur und Nahrungsmittelsicherheit ist ebenfalls bedroht. Zudem nehmen Rentiere in den Nahrungsketten der Arktis eine Schlüsselstellung ein: Sie führen durch ihre Ausscheidungen den Ökosystemen an Land und im Wasser Nährstoffe zu und beeinflussen auch die Bestände von Raubtieren und Aasfressern.

„Wir haben die Tür zum ,Kühlschrank der Erde´ geöffnet"

Die jetzt beobachtete Entwicklung, fürchten die am arktischen Forschungsprogramm der NOAA beteiligten Wissenschaftler, werde sich ungebremst fortsetzen. „Wir haben die Tür zum ,Kühlschrank der Erde´ geöffnet, und die Anzeichen mehren sich, dass die Erwärmung der Arktis weitergeht“, sagt Programmleiterin Emily Osborne.

„Wir wollen die Auswirkungen verstehen und herausfinden, welche Anpassungen möglich sind.“ Wirklich helfen würde aber nur, die globalen Emissionen an Treibhausgasen zu senken und den Anstieg der Erdtemperatur so zu begrenzen.

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