Nach Leben im Labor: Das passiert mit Versuchstieren, die ausgedient haben
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Nach Leben im Labor: Das passiert mit Versuchstieren, die ausgedient haben

Die grüne Meerkatze Bella lebt im Schutzzentrum Primates Inc. im US-Staat Wisconsin
(AP Photo/Carrie Antlfinger)

Izzle, Timon, Batman, River und Mars fristeten jahrelang ein Dasein als Versuchsaffen in Laborkäfigen. Doch nun haben die Rhesus-Makaken für die Forschung ausgedient und verbringen in größeren Gehegen ihren Ruhestand. In relativer Ruhe können sie sich im Freien austoben, Salat und Karotten fressen, malen und durch Rohre und Reifen klettern. Nach Angaben von Wissenschaftlern dürfen immer mehr Versuchsprimaten auf ihre alten Tage in solche Schutzzentren wie Primates Inc. im US-Staat Wisconsin umziehen.

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Einige der Tiere atmen nach ihrer Umsiedelung auf das sieben Hektar große Gelände zum ersten Mal frische Luft. Gründerin Amy Kerwin schwärmt davon, wie sich die Tiere dort staunend umsehen. Kerwin hatte sich 15 Jahre lang dafür eingesetzt, den Gnadenhof im ländlichen Westfield auf den Weg zu bringen. Zuvor hatte sie in einem Forschungslabor der University of Wisconsin gearbeitet.

30.000 Euro für Unterbringung von drei Affen

Insgesamt lebten laut den aktuellsten Zahlen des US-Landwirtschaftsministeriums im Jahr 2017 etwa 110.000 Primaten landesweit in Forschungseinrichtungen. Aufgrund technischer Fortschritte wie Gehirnscans werden heute weniger Versuchsaffen als früher getötet. Zugleich haben die Bemühungen von Forschern zugenommen, überlebenden Tieren nach den Experimenten ein Gnadenbrot zu ermöglichen.

Amy Kerwin füttert Äffchen Mars im Schutzzentrum Primates Inc. im US-Staat Wisconsin
Amy Kerwin füttert Äffchen Mars im Schutzzentrum Primates Inc. im US-Staat Wisconsin
(AP Photo/Carrie Antlfinger)

Eine Gruppe aus Wissenschaftlern, Uni-Absolventen und einem Ethiker gründete dazu im Jahr 2015 eine eigene Stiftung, die Research Animal Retirement Foundation. Die Organisation sammelt Spenden für Labors mit denen diese dann die Versorgung von Versuchstieren in einem Schutzzentrum finanzieren. Mit 33.000 Dollar (knapp 30.000 Euro) wurden drei Affen in dem Zentrum in Wisconsin untergebracht.

Finanzierung wird zur Mammut-Aufgabe

Bislang gibt es in den USA keine landesweit geltenden Regelungen dazu, was mit Versuchstieren nach Abschluss der Experimente geschieht. Manche von ihnen werden dann für andere Studien weiterverkauft. Die Abgeordneten Jackie Walorski aus Indiana und Brendan Boyle aus Pennsylvania legten im Mai einen Gesetzesentwurf vor, um Labortieren ausdrücklich ein Weiterleben in einer Rettungsstation zu ermöglichen. Walorski hatte zuvor eine solche Einrichtung in Indiana, das Peaceable Primate Sanctuary, besucht.

Zu einem entscheidenden Knackpunkt - der Frage der Finanzierung - werden in dem Entwurf allerdings keine Angaben macht. Bislang liegt es allein in der Hand der Labors und Schutzzentren, das Geld aufzutreiben. Und für die Unterbringung eines Affen werden pro Jahr schnell mehrere Zehntausend Dollar fällig.

Fähigkeiten für ein Leben in Freiheit fehlen

Primaten werden in ganz unterschiedlichem Alter von Labors aussortiert und können danach noch Jahrzehnte weiterleben. Einige von ihnen leiden unter Verhaltensstörungen als Spätfolge der Langeweile im Labor. Daher fordern die Schutzzentren von den Einrichtungen finanzielle Unterstützungen zwischen 10.000 und 20.000 Dollar für die Versorgung der Tiere. Da viele Affen ihr gesamtes Leben im Labor verbracht haben, verfügen sie nicht über die nötigen Fähigkeiten für ein Leben in Freiheit.

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Bei den meisten Primaten auf akkreditierten Gnadenhöfen handelt es sich um Schimpansen, Kapuziner- und Totenkopfaffen, wie Erika Fleury von dem Verband North American Primate Sanctuary Alliance (Napsa) erklärt. Sie stammen aus der Forschung, der Unterhaltungsindustrie oder privaten Haushalten. Schimpansen werden in den USA heutzutage in der Regel nicht mehr als Versuchstiere eingesetzt.

"Wir sind ihnen wirklich dankbar"

Den Forschungseinrichtungen macht nach eigenen Angaben jedoch nicht nur die Finanzierung Sorgen. Wissenschaftler zweifelten auch an den Standards in den Schutzzentren und deren finanzieller Tragfähigkeit, erklärt Cindy Buckmaster, Vorsitzende des Verbands Americans for Medical Progress, der Forschungsuniversitäten und -unternehmen vertritt.

"Wir sind ihnen wirklich dankbar, und wir wollen, dass sie anschließend ein wunderbares Leben haben", sagt Buckmaster über die Versuchstiere. "Sie verdienen es mit Sicherheit. Aber es muss gut und ordnungsgemäß gemacht werden, denn wir werden unsere Tiere keinem Risiko aussetzen." Auch einige Tierrechtsorganisationen, darunter Peta, setzen sich dafür ein, dass Versuchsaffen auf Gnadenhöfe verlegt statt getötet werden.

"Es gibt Tausende dieser kleinen individuellen Persönlichkeiten"

Derartige Einrichtungen gibt es zwar schon seit einigen Jahrzehnten, erst im Jahr 2010 schlossen sich aber mehr als ein halbes Dutzend von ihnen zur Napsa zusammen. Aktuell gehören dem Verband acht nach bestimmten Standards akkreditierte Zentren an, in denen insgesamt etwa 75 Primaten leben. Daneben gibt es in den USA und in Kanada laut Napsa 31 weitere Einrichtungen mit Primaten.

Kerwin, die Gründerin der Station in Wisconsin, beobachtet nach eigenen Worten, dass die Affen dort ruhiger werden. Ihr Ziel ist es, in den kommenden 20 Jahren hier 100 Primaten aufzunehmen. "Es gibt Tausende dieser kleinen individuellen Persönlichkeiten, und kaum jemand weiß von ihnen und ihrem Bedürfnis nach Hilfe", sagt sie. "Deshalb halte ich das für wichtig."

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