Magie an lauen Sommerabenden: Die Glühwürmchen sind los! | The Weather Channel

Magie an lauen Sommerabenden: Die Glühwürmchen sind los!

Sie leuchten um die Wette - die Sterne und die Leuchtkäfer, deren Glimmen der Fotograf Adam Dorn wunderbar festgehalten hat.
Ein Kunstwerk: Der Fotograf Adam Dorn erfasst mit seiner Kamera nahe Elmwood im US-Bundesstaat Wisconsin die Aktivität von Glühwürmchen.
(Adam Dorn)

Es ist fast dunkel, der letzte Vogel hat seinen Gesang eingestellt, hier und da flattert eine Fledermaus vorbei. Im Wald ist Ruhe eingekehrt, nur der kleine Bach plätschert weiter vor sich hin. Doch dann tut sich was - erst sieht man nur einzelne Glühwürmchen. Wenige Minuten später scheint der ganze Waldrand voll von grün-gelben, durch die Luft schwebenden Lichtern. Magische Momente, die Naturfreunde an lauen Sommerabenden vielerorts erleben können.

Operette "Lysistrata" setzt Leuchtkäfern ein Denkmal

Im "Glühwürmchen-Idyll" in Paul Linckes Operette "Lysistrata" (1902) wurde den Leuchtkäfern sogar ein musikalisches Denkmal gesetzt: "Glühwürmchen, Glühwürmchen flimmre, Glühwürmchen, Glühwürmchen schimmre, führe uns auf rechten Wegen, führe uns dem Glück entgegen", lautet der Refrain des Liedes, mit dem Lincke damals einen Gassenhauer landete. Romantiker, Verliebte und Naturfreunde kommen auch heute noch abends auf ihre Kosten.

Leuchttierchen lieben Auwälder entlang von Bächen und Flüssen

Bevorzugt halten sich Glühwürmchen in Auwäldern entlang von Bächen und Flüssen auf, aber auch bei Laubbäumen mit lichtem Schatten sowie an Übergängen zwischen Wald und Wiesen. Besonders aktiv ist das spektakuläre Liebeswerben in der dritten Junidekade, um das Johannisfest am 24. Juni - ein Grund, warum Leuchtkäfer auch Johanniswürmchen genannt werden.

Ideale Bedingungen: Abendtemperaturen über 15 Grad und feucht-warme Luft

Mehrere Faktoren müssen zusammenkommen, damit die männlichen Tiere an den längsten Tagen des Jahres nach Einbruch der Dunkelheit ausschwärmen: Ideal sind Abendtemperaturen über 15 Grad und feucht-warme Luft, etwa nach einem Sommerregen, weiß Matthias Nuß vom Arbeitskreis Entomologie im NABU-Landesverband Sachsen.

Mehere tausend Leuchtpunkte an einem Abend gezählt

Nuß hatte 2007 bis 2009 Menschen eingeladen, Glühwürmchensichtungen zu melden. Die Aktion war "spaßig gemeint", verrät er, hatte aber auch einen ernsten Hintergrund: 2006 war in Sachsen ein Arbeitskreis Entomologie gegründet worden, mit dem Ziel, interessierten Nachwuchs für die Insektenforschung zu gewinnen. Es sei eine Insektenart gesucht worden, die leicht zu bestimmen ist - "das Glühwürmchen ist perfekt: Es fliegt und leuchtet, es gibt kein anderes Insekt, das das macht."

Insgesamt 3.998 Sichtungen sind laut Nuß in drei Jahren gemeldet worden; in manchen Auwäldern wurden mehrere tausend Leuchtpunkte an einem Abend gezählt, und sogar aus NRW und Bayern gab es Rückmeldungen. Sachsen sei damit die "bestuntersuchte Glühwürmchenregion Europas". Denn Insektenforscher hätten die Tiere "nicht auf dem Schirm", so Nuß. Da es in Mitteleuropa nur drei Leuchtkäferarten gebe, spezialisiere sich kein Entomologe auf diese Tiere.

Chemische Reaktion in Zellen erzeugt Licht

Weltweit gibt es rund 2.000 erfasste Leuchtkäferarten. Allen gemein: Dank der Bioluminiszenz - also der Fähigkeit, sich selbst zu beleuchten - können sie über eine chemische Reaktion in ihren Zellen selbst Licht erzeugen und so potenzielle Partner auf sich aufmerksam machen. Die etwas schwächer leuchtenden Männchen fliegen umher, um flugunfähige, paarungsbereite Weibchen zu finden, die am Boden sitzen und ihrerseits mit Leuchtsignalen antworten. Über ein artspezifisches Muster erkennen sich die Tiere.

"Dauerleuchtern" und "Blinkleuchter"

Andere Länder, andere Sitten - das gilt auch für das Anbandeln bei Leuchtkäfers: So blinkt das Männchen des amerikanischen Photinus pyralis kräftig - und wartet auf die Antwort des Weibchens. Andere Arten unterscheiden sich durch den Leuchtrhythmus. Neben "Dauerleuchtern" gibt es auch "Blinkleuchter". So ist in tropischen Gefilden wie Borneo an Waldrändern ein besonderes Spektakel zu beobachten: Dort gibt es Käferarten, die sich auf den Bäumen treffen und dann synchron blinken - so, als ob jemand gigantische Lichterketten auf den Urwaldriesen angebracht hätte.

Wer sie sehen wil, muss zum Nachtschwärmer werden

Zurück nach Deutschland. Täuscht der Eindruck, dass es früher mehr Glühwürmchen gab? Ja und Nein, findet Experte Nuß. Wissenschaftlich betrachtet - auch durch die Aktion in Sachsen - konnten noch nie so viele Glühwürmchen gezählt werden. Zugleich schrumpfe - etwa durch den Rückgang der Auwälder - ihr potenzieller Lebensraum. Ob man Glühwürmchen sehe, hat aus Expertensicht viel mit einem selbst zu tun. Denn wer die leuchtenden Insekten sehen möchte, muss schon selbst zum Nachtschwärmer werden.

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