Ein Zuhause auf Zeit für Berlins verletzte Füchse | Weather.com
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Ein Zuhause auf Zeit für Berlins verletzte Füchse

Von der Straße in die häusliche Pflege. Hier erhalten die kleinen Raubtiere eine zweite Chance

07.06.2025, Brandenburg, Zossen: Füchsin Mia schaut aus ihrem Gehege. Das Tier kam als gelähmter Welpe zur Fuchshilfe und kann nach Physiotherapie wieder laufen. Die Fuchshilfe Berlin kümmert sich um verwaiste, verletzte oder kranke Füchse – mit dem Ziel, sie wieder auszuwildern.
( Julius-Christian Schreiner/dpa)

Mitten auf einer Straße, neben ihrem toten Geschwisterchen, wurde Fuchswelpe Maja gefunden – dehydriert, unterkühlt, allein. Momentan lebt sie in einem umgebauten Badezimmer in Berlin, versorgt von Mareike Seadini, der Gründerin der Fuchshilfe Berlin.

"Wir versuchen immer zuerst, die Tiere zurück zu ihrer Familie zu bringen", sagt Seadini. "Aber wenn das nicht klappt, kommen sie zu uns." Die gemeinnützige Organisation kümmert sich um verwaiste, verletzte oder kranke Füchse – mit dem Ziel, sie wieder auszuwildern.

Ein Alltag wie mit Babys

Die Pflege der kleinen Wildtiere ist intensiv. "Du stehst morgens auf, machst Welpenmilch, fütterst, gibst Medikamente, reinigst alles – wie bei einem Baby", erzählt Seadini. Manche Welpen müssen anfangs alle zwei Stunden gefüttert werden. "Ich habe auch schon mal einen mit ins Büro genommen."

Aktuell betreut die Fuchshilfe 18 Welpen – im vergangenen Jahr waren es 32. Hinzu kommen erwachsene Füchse mit Verletzungen. "Wir hatten eine Füchsin mit grauem Star – sie wurde erfolgreich operiert, aber wir dachten, sie könne nicht ausgewildert werden. Doch sie hat sich selbst entschieden: ist einfach gegangen", berichtet Seadini.

Physiotherapie für Mia

Ein besonders bewegendes Beispiel für die Fuchspflegerin ist Mia, ein gelähmter Fuchswelpe. "Ich dachte, wir müssen sie einschläfern", erinnert sich Seadini. Doch nach gezielter Behandlung und drei Wochen Physiotherapie konnte Mia wieder laufen. Heute lebt sie im Gehege – fast vollständig genesen.

Freiheit statt Kuscheltier

So niedlich die Tiere auch sind – ein Fuchs ist kein Haustier. "Wir wollen keine Couchfüchse", betont Seadini. "Unser Ziel ist immer die Freiheit. Sie entfremden sich schnell, wenn sie im Gehege sind – das ist gut, denn so können wir sie auswildern." Die Charaktere der Tiere sind dabei so unterschiedlich wie bei Menschen: ängstlich, frech, verschmust – jede Pflege erfordert Fingerspitzengefühl.

Ein Netzwerk für den Fuchs

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Was als Einzelinitiative begann, ist heute ein Netzwerk: Acht Frauen betreuen laut Seadini ein Gehege in Wandlitz, acht weitere Pflegestellen kümmern sich um Tiere wie Maja. Die Wurzeln der Initiative liegen in einer Tierarztpraxis in Berlin-Neukölln, wo Seadini als Sekretärin arbeitete. "Dort kam mein erster Fuchs – ein Unfallopfer mit Schädelhirntrauma. Ich habe ihn gepflegt, und er wurde erfolgreich ausgewildert."

Aus Sicht des Berliner Wildtierexperten Derk Ehlert ist es einerseits positiv, dass Menschen sich um kranke und verletzte Füchse kümmern. "Andererseits bleibt offen, ob die Tiere wieder ausgewildert werden können", gibt Ehlert zu bedenken. "Sobald sie an Menschen gewöhnt sind, ist es schwierig, sie wieder auszuwildern, denn sie müssen ja selbstständig leben."

Rechtliche Hürden: Jagdrecht und Eigentum

Außerdem müsse das Jagdrecht beachtet werden. "Das Aufnehmen von Wildtieren bedarf der Zustimmung des Jägers, das Auswildern in einem Revier auch", erklärt Ehlert. In der Stadt dürfe zwar nicht gejagt werden, dort müsse eigentlich aber immer der Grundstückseigentümer gefragt werden, ob man das Tier wegnehmen darf.

In Berlin gehören Füchse mittlerweile zum Stadtbild. Die Lebensbedingungen seien viel attraktiver als in der freien Natur. "In der Stadt sind Füchse eher Sammler als Jäger", sagt Ehlert mit Blick auf das große Nahrungsangebot, zu dem auch Abfälle gehören. Gesicherte Zahlen zum Fuchsbestand gibt es nicht. "Wir können keine Inventur machen", so Ehlert. Die Wildbiologin Sophia Kimmig, die die Berliner Stadtfüchse für ihre Doktorarbeit erforscht hat, schätzte ihre Zahl im Jahr 2022 auf etwa 5.000 bis 12.000 Füchse.

Stadtfüchse: Anpassungskünstler im urbanen Raum

Laut Kimmig sind größere Städte wegen ihrer heterogenen Struktur besonders gut als Lebensraum geeignet. "Der Fuchs braucht nicht unbedingt viel Grün, sondern vor allem Rückzugsmöglichkeiten wie Brachflächen und eingezäunte Gelände", so Kimmig. "Die Füchse sind extrem gut darin, Orte in der Stadt zu finden, an denen wir Menschen nicht sind".

Die größten Gefahren für Füchse sind laut Ehlert Krankheiten wie Staupe und Räude, die die Bestände immer wieder stark dezimierten. Aber sie erholen sich laut dem Experten auch immer wieder. Der Straßenverkehr oder Giftköder seien weitere Risiken für Stadtfüchse.

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