Orcas nutzen Seetang als Tool zur Körperpflege | Weather.com

Orcas nutzen Seetang als Werkzeug für gegenseitige Körperpflege

Orcas nutzen Seetang zur Körperpflege – Forscher entdecken neues Sozialverhalte

Gruppe von Orcas schwimmt nahe der Küste der Shiretoko-Halbinsel vor Rausu, Hokkaido, Japan, am 22. Juni 2018. Die schwarz-weißen Schwertwale gleiten durch das ruhige, kühle Wasser unter bewölktem Himmel, mit einem bewaldeten Küstenstreifen im Hintergrund.
Orcas schwimmen vor der Halbinsel Shiretoko an der Nordostspitze der Insel Hokkaido (Archivbild)
(Kyodo/dpa )

Affen lausen sich gegenseitig, Vögel putzen das Gefieder von Artgenossen - und Orcas? Auch sie haben eine enge Beziehung zu Artgenossen. Die Wale jagen nicht nur gemeinsam, sondern helfen sich offensichtlich auch bei der Körperpflege.

Was tun Orcas mit Seetang – und warum?

Orcas nutzen Seetang als Werkzeug zur gegenseitigen Körperpflege. Das berichten Forscher um Michael Weiss vom Center for Whale Research im Fachjournal Current Biology. Es sei das erste Mal, dass ein solcher Werkzeuggebrauch bei Meeressäugern dokumentiert wurde.

„Bull-Kelp-Stiele sind fest, aber flexibel – wie ein gefüllter Gartenschlauch mit glatter Außenfläche. Ich vermute, diese Eigenschaften machen sie zu einem idealen Pflegewerkzeug“, erklärt Weiss.

Wie funktioniert dieses Verhalten – und was ist Allokelping?

Die Orcas trennen Stiele der Braunalge Bull Kelp (Nereocystis luetkeana) ab und formen daraus kürzere Abschnitte, indem sie den oft mehrere Meter langen Stiel teilen. Anschließend platzieren sie den Algenabschnitt zwischen sich und einem Artgenossen – und rollen ihn beim gemeinsamen Schwimmen über ihre Körper.

„Wir beobachteten Wale dabei, wie sie kurze Abschnitte von Bull-Kelp-Stielen aus vollständigen Stielen formten“, schreibt das Forschungsteam. Dieses Verhalten wurde in 30 Fällen dokumentiert und von den Forschern als Allokelping bezeichnet.

Wer zeigt das Verhalten – und wie lange dauert es?

Männchen und Weibchen aller Altersklassen nutzen das Verhalten. Der längste beobachtete Kontakt dauerte etwa drei Minuten. Wurde der Kontakt unterbrochen, griff der hintere Wal den Tang erneut auf und startete die Pflegebewegung erneut. Besonders häufig trat Allokelping zwischen verwandten Tieren oder Artgenossen ähnlichen Alters auf.

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„Bemerkenswert an diesem Verhalten ist seine Verbreitung innerhalb der Population“, sagt Weiss. Es deute darauf hin, dass Allokelping ein wichtiger Bestandteil des Soziallebens von Orcas sei – vergleichbar mit gegenseitiger Gefiederpflege bei Vögeln oder dem Lausen bei Primaten.

Wozu dient das Verhalten – Spiel oder Hautpflege?

Die Forscher fanden keine Hinweise auf spielerische Nutzung, wie sie etwa bei Delfinen bekannt ist. „Die stark stereotypisierte Natur dieses Verhaltens in Kombination mit seinem Vorkommen über alle Alters- und Geschlechtsklassen hinweg deutet ebenfalls darauf hin, dass es sich nicht um rein spielerisches Verhalten handelt“, heißt es in der Studie. Wie eine besondere Form des Knuddelns.

Darren Croft, Mitautor, ergänzt: „Er könnte wichtig für die Hautgesundheit sein. Wale und Delfine haben verschiedene Strategien entwickelt, um abgestorbene Haut abzustoßen.“ Außerdem hätten Bull-Kelp-Algen antibakterielle und entzündungshemmende Eigenschaften, die wahrscheinlich der Walhaut zugutekommen.

Wie wurden die Beobachtungen möglich – und was folgt daraus?

Die Entdeckung gelang erst durch moderne Videotechnik. „Diese Orca-Population gehört zu den am besten erforschten Gruppen überhaupt. Wir haben das Allokelping nur jetzt erst bemerkt, da die Videoqualität der bisherigen Luftaufnahmen zu schlecht war“, sagt Rachel John von der University of Exeter.

Das Forscherteam beobachtete eine Gruppe Schwertwale vor der Küste des US-Bundesstaats Washington. Es sieht in den Erkenntnissen nicht nur Fortschritte für den Schutz der Orcas, sondern auch für den Erhalt ihrer Umgebung: „Die Tangwälder, aus denen Bull Kelp stammt, schrumpfen durch steigende Meerestemperaturen. Sie könnten entscheidend sein, um die besondere Werkzeugkultur der Wale zu bewahren.“

Wie weit verbreitet Allokelping in anderen Orca-Populationen ist, soll nun in weiteren Studien untersucht werden.

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