Jäger wollen weniger Rehe schießen | Weather.com
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Weniger Abschüsse: Jäger wollen Rehe besser schützen

Auch bei anstehendem Waldumbau sollen Rehe nicht pauschal geschossen werden. Gefordert wird ein sensibles Gleichgewicht zwischen Tierschutz, Forstwirtschaft und Ökologie.

Cute roe deer, capreolus capreolus, fawn grazing on green summer meadow with leafs of plant in open mouth. Alert young wild animal feeding in nature with copy space. Wildlife on hay field.
In Baden-Württemberg gehen Jäger einen neuen Weg
(GettyImages)

Weniger Tiere schießen, mehr miteinander reden: Der Landesjagdverband Baden-Württemberg setzt auf abgewogene Konzepte statt Jagddruck. Was steckt hinter dem neuen Wild-Wald-Bewusstsein?

Warum wollen Jäger weniger Rehe schießen?

Der Landesjagdverband Baden-Württemberg setzt auf Zurückhaltung bei der Bejagung von Rehen. Trotz klimabedingtem Waldumbau warnt der Verband vor einem zu hohen Jagddruck. Rehe seien für die jungen Bäume kein generelles Problem – viel wichtiger seien durchdachte Konzepte, sagte Hauptgeschäftsführer René Greiner anlässlich des Landesjägertags in Altensteig (Landkreis Calw).

Wie wirkt sich Jagddruck auf das Verhalten der Tiere aus?

Rehe brauchen Ruhe – wie Kühe sind sie Wiederkäuer, die sich durch ständige Störung mehr bewegen müssen. Das steigert ihren Energiebedarf und lässt sie verstärkt dort fressen, wo sie stehen – oft mitten im Dickicht. Laut dem Verband können Spaziergänger helfen, Schäden zu verhindern: Hunde anleinen, auf Wegen bleiben und Dämmerungszeiten meiden.

Was fressen Rehe – und warum ist das problematisch?

Rehe sind Feinschmecker mit einem Sinn für nährstoffreiche Pflanzen. Gerade frisch gepflanzte Bäume aus Baumschulen bieten ihnen ein verlockendes Buffet. Fehlt es im Wald an Vielfalt und gutem Nahrungsangebot, gehen die Tiere bevorzugt an die jungen Triebe – was den Waldumbau erschwert.

Warum sollen Rehe trotzdem im Wald bleiben?

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Neben Verbissschäden haben Rehe auch eine positive ökologische Rolle: Sie transportieren Samen und dienen Insekten als Wirtsorganismen. Laut Greiner sei auch die ethische Frage entscheidend: Hat eine einheimische Art wie das Reh noch Platz in unserer Kulturlandschaft?

Wie sehen die Jagdpläne konkret aus?

188.192 Rehe wurden in der Saison 2023/24 erlegt – an der Spitze der Jagdstatistik. Doch der Verband betont: Es gehe nicht um Abschussmengen, sondern um Altersstruktur, Geschlechterverhältnis und Anpassung an den Lebensraum. Nicht überall müsse gleich intensiv gejagt werden, entscheidend seien lokale Konzepte.

Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Der Wald steht unter Druck – durch Hitze, Trockenheit und Schädlinge. Das macht Aufforstung notwendig, aber gleichzeitig soll der Wald auch Lebensraum und Erholungsort bleiben. Der Verband fordert daher Kooperation zwischen Förstern, Kommunen, Jägern und Waldbesitzern – statt pauschaler Vorgaben.

Gibt es erfolgreiche Beispiele?

In Offenburg wurde das Bejagungskonzept umgestellt – mit Erfolg. Dort ist die Bejagung heute tierschutzgerechter, ökologisch ausgewogener und an wildbiologischen Erkenntnissen orientiert. Auch Schulungen sollen helfen, Verständnis für Wild und Wald neu zu verankern.

Was fordert der Verband langfristig?

Abschusspläne sollen nicht allein durch Zahlen gesteuert werden. Stattdessen sollen Förster und Jäger gemeinsam festlegen, was in welchem Revier sinnvoll ist – wie es bis 2009 gängige Praxis war. Dieses Format soll nun wiederbelebt werden.

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