Möwenhotel schützt Norwegens Seevögel vor dem Aussterben | Weather.com

Hotel für Möwen: Wie arktische Vogelfreunde bedrohte Spezies schützen

Seevögel in Norwegen in Not – Möwenhotel in Vardø hilft beim Überleben

Hotel für Möwen: Wie arktische Vogelfreunde bedrohte Spezies schützen
So sieht ein Möwenhotel aus. Mit dieser kreativen Idee versuchen die Norweger, bedrohte Seevögel vor dem Aussterben zu retten.
(AP Photo/Tommi Ojala)

Es ist eine der Topattraktionen für Vogelbeobachter auf der Welt. Doch machen Klimawandel, Fischerei und die Vogelgrippe den hier nistenden Tieren zu schaffen. Die Stadt Vardø will dabei nicht einfach zusehen.

Wie stark sind Norwegens Seevögel betroffen?

Die Population der Dreizehenmöwen ist in Norwegen seit den 1990er-Jahren um 80 Prozent eingebrochen. Die Gründe sind vielfältig: Klimawandel, schwindende Nahrung, Vogelgrippe und zunehmender Druck durch Fischerei setzen den Küstenvögeln massiv zu. Besonders hart trifft es die Region rund um Vardø in der Barentssee – eine der nördlichsten Städte des Landes.

Was unternimmt Vardø zum Schutz der Seevögel?

Einheimische wie der Fischer Jan Vidar Hansen haben kreative Maßnahmen ergriffen – etwa den Bau eines „Möwenhotels“. Die Kistenkonstruktion bietet Dreizehenmöwen und anderen Seevögeln sichere Nistplätze. Im ersten Jahr nutzten 55 Vögel das Angebot, inzwischen sind es 76. Das hilft nicht nur den Tieren, sondern auch den Menschen: Die kontrollierte Ansiedlung reduziert unangenehme Gerüche und Nestverschmutzung an Wohnhäusern.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Küstenregion aus?

Der Golfstrom bringt inzwischen zu warmes Wasser in die Barentssee, was das marine Ökosystem verändert. Viele Fischarten, darunter der Schwarmfisch Lodde – eine wichtige Nahrungsquelle für Seevögel – ziehen weiter nach Norden oder in tiefere Gewässer. Dreizehenmöwen, die ihre Nahrung an der Oberfläche suchen, finden kaum noch genug Futter.

Was bedeutet das für andere Arten?

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Auch Papageientaucher, Trottellummen und Tordalke leiden unter den Bedingungen. Auf der nahe gelegenen Insel Hornøya wurden seit 2018 keine Trottellummen-Küken mehr gesichtet. Vogelbeobachter wie Boris Belchev berichten von erschütternden Veränderungen: „Im letzten Sommer habe ich mich gefragt: Was geht hier vor sich? Wo sind all die Vögel?“

Welche Rolle spielt die Vogelgrippe?

Ein massiver Ausbruch der Vogelgrippe im Jahr 2023 tötete allein rund 25.000 Dreizehenmöwen. Forscherin Tone Kristin Reiertsen vom Norwegischen Institut für Naturforschung spricht von einer apokalyptischen Situation. Die Krankheit breitet sich schnell unter den dichtgedrängten Kolonien aus – mit verheerenden Folgen.

Was bedeuten die Vögel für das Ökosystem?

Seevögel bringen durch ihre Exkremente wichtige Nährstoffe ins Meer und sichern so das Gleichgewicht des marinen Lebens. Ein weiterer Rückgang könnte ganze Nahrungsketten ins Wanken bringen. Reiertsen fordert daher strengere Regeln: „Wir müssen Bootsverkehr und Fischerei in der Nähe von Nistplätzen drastisch einschränken.“

Wie ist die wirtschaftliche Lage in Vardø davon betroffen?

Der Vogelbeobachtungstourismus ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor für die Region. Auf Hornøya brüten in der Saison bis zu 100.000 Seevögel. Sollte sich der Rückgang fortsetzen oder die Insel für Besucher geschlossen werden, wären Restaurants, Geschäfte und Unterkünfte in Vardø massiv betroffen. „Jeder kleine Betrieb hängt davon ab“, sagt Belchev.

Welche Perspektiven gibt es?

Sieben Möwenhotels gibt es bisher in Norwegen, doch es müssten mehr werden. Jan Vidar Hansen hofft, dass der Stadtrat grünes Licht für den Ausbau gibt. „Wir haben nicht viel Zeit“, warnt Reiertsen. „Wir müssen jetzt handeln, bevor es zu spät ist.“

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