Kampf gegen den Plastikmüll: Wieso weniger Fanmeilen zur WM keine Lösung sind | The Weather Channel
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Kampf gegen den Plastikmüll: Wieso weniger Fanmeilen zur WM keine Lösung sind

27.06.2018, Hessen, Frankfurt am Main: Reinigungskräfte kehren den Bereich des Public Viewings der Fussball-WM in der Commerzbank-Arena nach dem Spiel sauber. Fans haben Becher und Fahnen hinterlassen. Foto: Andreas Arnold/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Frankfurt am Main: Reinigungskräfte kehren den Bereich des Public Viewings der Fussball-WM in der Commerzbank-Arena nach dem Spiel sauber. Fans haben Becher und Fahnen hinterlassen.
(Andreas Arnold/dpa)

 

Die EU will durch neue Gesetze die Berge an Plastikmüll schrumpfen lassen. Doch Großereignisse wie die Weltmeisterschaft scheinen solchen Vorhaben einen Strich durch die Rechnung zu machen. Gab es zur letzten WM noch riesige Fanmeilen geht der Trend nun allerdings zu kleineren privaten Treffen. Doch genau das schadet der Umwelt.

Es ist wieder Weltmeisterschaft. Dieses Jahr in Russland. Weit weg also. Doch in einer Gruppe, mit Blick auf die große Leinwand, ist man dann doch live dabei. Stellt sich nur noch die Frage, wo das Spiel gemeinsam angeschaut wird. Wirkliche Fanmeilen in den Städten gibt es dieses Jahr relativ wenige. Das liegt nicht nur am Vorrundenaus der deutschen Nationalelf, sondern auch daran, dass das große Rudelschauen in den vergangenen Jahren an Beliebtheit eingebüßt hat.

Mittlerweile geht der Trend dahin, WM-Spiele in kleineren Gruppen, etwa in Biergärten oder in Kneipen anzuschauen. Weg von großen Menschenansammlungen, die in Innenstädten regelmäßig ein Chaos und Müllberge hinterlassen. Davon sollte doch zumindest die Umwelt profitieren. Doch so einfach scheint es doch nicht zu sein.

Großevents sind keine große Belastung mehr für die Umwelt

Marianne Wolff ist Umweltreferentin des Verbraucherservice Bayern und sieht gerade in der aktuellen Entwicklung weg von organisierten Veranstaltungen ein Problem. „Großevents sind keine große Belastung für die Umwelt mehr, da es dort gibt es immer einen eindeutigen Verantwortlichen gibt“, sagt Wolff im Gespräch mit dem Weather Channel. Die Reinigungsmaßnahmen seien ein wichtiger Kostenfaktor für jede Planung.

Gemeinden sei die Reinigung oft zu teuer. Beispielsweise in München sammelte sich nach dem Freudentaumel der Fans Plastik wie Fähnchen, Rasseln, Blumenketten und leere Flaschen. Auf Anfrage gibt das Baureferat München an, dass nach Public-Viewings im Jahr 2014 ganze 34 Tonnen Müll im Stadtgebiet gesammelt wurden.

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Die größte Fanmeile gibt es bei jeder WM in Berlin. Eine genaue Dokumentation der Müllmengen von Public Viewings in Berlin gibt es nicht. Der Senat schätzt die Menge an Müll, der durch Großveranstaltungen hervorgerufen wird, im Jahr 2014 auf 20.000 Tonnen. 

Veranstaltungen werden ausgelagert

Deswegen werden die Veranstaltungen ausgelagert. Einmal auf die Gastronomie, also auf Biergärten, Bars und Restaurants. Zum anderen geht der Trend zu privaten Treffen an Seen oder in Parks. Diese Entwicklung bereitet Marianne Wolff Sorge. Denn diese Gruppen bringen ihre eigenen Getränke und Essen mit. Sie benutzen oft Plastikgeschirr, weil es leichter zu tragen ist. Verpackungsmüll wird liegengelassen und bleibt in der Natur. Und genau das ist das Problem. Denn Plastik verrottet nur langsam. Laut dem Umweltbundesamt dauert es bis zu 450 Jahre, bis sich eine einzelne Plastikfalsche zersetzt. Dann bleiben Mikroplastikpartikel, denn ganz abgebaut wird Plastik nicht.

Fanartikel oft aus billigem Plastik

Zu dem Abfall, der durch Essensmüll anfällt, kommen noch Fanartikel hinzu. Landesflaggen lassen sich auf alles drucken. Hasenohren, Blumenketten, Perücken, Strohhalme, Brillen, Hüte, Heckspoiler, Balkonverkleidungen, beflaggte BHs und natürlich klassische Fahnen. Fast alles ist aus Plastik und hat nach der Fußballfeier wenig Wiederverwendungswert.

„Ich sehe die Fahnen ja schon überall neben der Straße liegen. Kaum losgefahren, fallen viele schon ab. Und die landen in der Natur. Hier sehe ich die Hersteller in der Pflicht höhere Qualitätstandards zu halten. Wenn schon Plastik, dann kann es ja etwas länger halten,“ sagt Marianne Wolff.  Sie rät Fans, nicht zu billig einzukaufen. Wer darauf achtet, dass sein Wunschprodukt stabil und langlebig ist, kann es auch noch zur kommenden Europameisterschaft verwenden. Wer wirklich nur an einem Tag mit Fähnchen wedeln will, dem rät Marianne Wolff Papierprodukte benutzen. Es muss nicht immer Plastik sein. „Wer auf günstige Produkte nicht verzichten will, sollte darauf achten, sie am Ende richtig zu recyceln und nicht einfach alles liegenzulassen.“.

Bitte kein Bioplastik - was Fans tun können

Die Umweltreferentin hat noch weitere Vorschläge. Wer gerne selbst mit Essen und Getränken in die freie Natur geht, um Fußball zu schauen, sollte auch sein eigenes Geschirr mitbringen und wieder mit nach Hause nehmen. Das können auch Becher aus Plastik sein, die häufiger benutzt werden. Dinge mehrfach zu verwenden ist Marianne Wolff zufolge immer einer Einmalnutzung vorzuziehen.

Sogenanntes Bioplastik ist allerdings keine gute Alternative. Die Möglichkeit diese abbaubaren Kunststoffe wirklich zu kompostieren, fehlt derzeit fast überall. Hauskomposte sind nicht warm genug, dass ein Abbauprozess beginnen würde. In großen Kompostieranlagen bleiben meist Überreste. Die müssen mühevoll aus dem restlichen Kompost aussortiert werden, da man sie nicht von herkömmlichen Kunststoffen unterscheiden kann. Werden sie in den normalen Restmüll geworfen, werden sie zusammen mit allen anderen Materialien verbrannt.

Umweltschutzgedanke kommt in Stadien an

Der Umweltschutzgedanke ist auch bei den Fans in Russland angekommen. Japanische Fans begannen nach einem Vorrundenspiel ihrer Mannschaft einfach damit das Stadion aufzuräumen. Auf Videos, die bei Twitter tausendfach geteilt werden, sieht man die Ränge. Der Boden ist nach der Aktion lupenrein. Das steckte an. Kolumbienfans begannen ebenfalls selbst ihren Müll aufzuräumen. Ähnliches konnte man bei Fans aus Senegal beobachten. Auch Marianne Wolff scheint Recht zu behalten, dass der Umweltschutzgedanke in Fußballstadien langsam ankommt. Und nicht nur dort. Wolff zufolge habe sich der Umweltgedanke auch bei Veranstaltern von Public Viewings durchgesetzt, da sie zunehmend auf Mehrwegsysteme umsteigen.

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