Mehr Tote: Allmählich werden Details zum Atomunfall in Russland bekannt | The Weather Channel

Mehr Tote: Allmählich werden Details zum Atomunfall in Russland bekannt

Atomunfall Sewerodwinsk, Russland
Der Atomunfall ereignete sich nahe Sewerodwinsk im Norden Russlands am Weißen Meer.
(Googlemaps)

Nach und nach werden mehr Details bekannt zu dem atomaren Unfall, der sich auf einem Militärstützpunkt am Weißen Meer ereignete. Nach Angaben russischer Behörden kamen bei dem Vorfall am Donnerstag mindestens fünf, wahrscheinlich sogar sieben Menschen ums Leben.

Angestellte plus Spezialisten gestorben?

Die Atombehörde Rosatom bestätigte am Wochenende, dass bei dem Unfall auf einer Plattform im Meer fünf Mitarbeiter starben. Sie seien teilweise regelrecht ins Meer geschleudert worden, wie „Russland.news“ berichtet. Unklar ist, ob die zwei zunächst von der Armee vermeldeten Todesfälle von „Spezialisten“ noch aufaddiert werden müssen. Zudem gab es bei dem Unglück auf dem Testgelände Nyonoska, rund 30 Kilometer von der Stadt Sewerodwinsk entfernt, sechs Verletzte.

Moskau berichtet erst am Samstag über Radioaktivität

Wenngleich russische Medien bereits Tag des Unfalls von einer erhöhten Strahlung berichtet hatten, bestätigten die Moskauer Behörden den Austritt von Radioaktivität erst am Samstag. Ein Eintrag auf der städtischen Homepage von Sewerodwinsk, in dem bereits am Donnerstag von einem „kurzen Anstieg des Strahlenniveaus“ die Rede war, war bald darauf wieder gelöscht worden, wie die „Deutsche Welle“ berichtet.

Verstrahlung von bis zu 2,0 Microsievert pro Stunde

Nach offiziellen Angaben kam es zu einer atomaren Verstrahlung von bis zu 2,0 Microsievert pro Stunde. Dieser Wert hielt laut Angaben des örtlichen Katastrophenschutzes für eine halbe Stunde an. Die Umweltorganisation Greenpeace erklärte dagegen unter Berufung auf Mitarbeiter eines Atomforschungszentrums, die Verstrahlung habe länger als eine Stunde bei 2,0 Microsievert gelegen, wie die Nachrichtenagentur AFP meldet. Der reguläre Höchstwert beträgt 0,6 Microsievert pro Stunde.

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Rosatom zufolge kam es zu dem Unfall, als die Beschäftigten eine Radioisotop-Energiequelle für eine Rakete betrieben, die auf der Plattform getestet wurde.

„Nicht vergleichbar mit der von ernsthaften Unfällen in Reaktoren“

Boris Schuikow vom Institut für Nuklearforschung in Moskau, isotopische Energiequellen würden vor allem in der Raumfahrt genutzt und stellten für die Nutzer normalerweise keine Gefahr dar. Die von ihnen ausgehende Radioaktivität sei „absolut nicht vergleichbar mit der von ernsthaften Unfällen in Reaktoren“.

1986 hatte sich in der früheren Sowjetunion das Atomunglück von Tschernobyl ereignet, der wohl schwerste Atomunfall überhaupt. Die Behörden verheimlichten damals zunächst das Ausmaß der Katastrophe, bei dem es zum massiven Austritt von Radioaktivität kam. 30 Menschen starben bei der Explosion in Tschernobyl, Hunderte an den Spätfolgen. Auch in Deutschland wurde noch über einen längeren Zeitraum erhöhte Radioaktivität gemessen, in Teilen im Osten des Landes kam es damals zu starken Regenfällen, die radioaktiv belastet waren. Wild und Pilze sind weisen etwa in Thüringen und im Bayerischen Wald noch immer erhöhte Werte auf.

Zwischenfall bei SSC-X-0 Skyfall?

Nach Einschätzung von Jeffrey Lewis vom US-Institut für Internationale Studien in Middlebury wurde in Sewerodwinsk an einer atomar betriebenen Rakete von Typ 9M730 Burewestnik gearbeitet, von der Nato auch SSC-X-0 Skyfall bezeichnet. Sie wurde im Februar erstmals vom russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgestellt.

Panikkäufe in Sewerodwinsk

In der 190.000-Einwohner-Stadt Sewerodwinsk kam es nach dem Zwischenfall am Freitag zu Panikkäufen von Jod-Präparaten. „In einer Stunde war der gesamte Vorrat ausverkauft“, wird die Apothekerin Jelena Warinskaja in Medien zitiert.

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