"Waldbrandatlas": Wie der Kampf gegen Feuer verbessert werden soll | The Weather Channel

"Waldbrandatlas": Wie der Kampf gegen Feuer verbessert werden soll

ARCHIV - 04.07.2018, Sachsen-Anhalt, Serno: Letzte Feuer lodern nach einem Waldbrand im Landkreis Wittenberg. (zu dpa ?Waldbrandatlas?: Neue Onlinedatensammlung soll Feuerwehren helfen) Foto: Jan Woitas/zb/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
2018 brannte eine Waldfläche von der Größe 3300 Fußballfelder in Deutschland ab. Für 2019 liegen die Zahlen noch nicht vor.
(Jan Woitas/zb/dp)

Wer dieser Tage im Wald wandert oder über einen Feldweg radelt, kann es kaum übersehen: Vielerorts ist der Boden knochentrocken. Der ungewöhnlich trockene April hat in diesem Jahr nicht nur die Bauern, sondern auch die Förster und Waldbesitzer alarmiert.

Neue Waldbrände befürchtet

Vertrocknete Bäume und trockenes Unterholz sind ein gefährlicher Brandherd. Dazu komme Schadholz aus den vergangenen Jahren. «Wir müssen uns auf ein größeres Ausmaß bei den Waldbränden einstellen», fürchtet Hans-Georg von der Marwitz, Verbandspräsident der privaten Waldeigentümer. In mehreren Bundesländern galt bereits die höchste Waldbrandstufe.

Internetangebot könnte helfen

Auch in diesem Sommer könnte es Brände an abgelegenen Orten geben, oder mit einem solchen Ausmaß, dass die örtlichen Brandbekämpfer auf die Unterstützung weiterer Feuerwehren angewiesen sind.

Die Zusammenarbeit erleichtern könnte ein neues Internetangebot des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie. Die in Frankfurt am Main ansässige Behörde gehört zum Innenministerium und sammelt und verarbeitet im Auftrag des Bundes Daten zur Erdoberfläche in Deutschland - Geodäsie ist die Wissenschaft von der Vermessung der Erde.

Gefahrenindex für Waldbrände

Präsident der Behörde ist seit rund einem Jahr Paul Becker. Der studierte Meteorologe wechselte vom Deutschen Wetterdienst, wo er den Posten als Vize hatte. Und er brachte eine Idee mit in den neuen Job. «Beim Deutschen Wetterdienst gibt es bereits seit vielen Jahren einen Gefahrenindex für Waldbrände», sagt er. Da habe es nahe gelegen, den Index um eine Auswahl der Vielzahl weiterer Daten zu ergänzen, über die das Bundesamt verfügt.

Waldbrandatlas zeigt Gefahrenzonen

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Der «Waldbrandatlas» ist eine Internetseite, die Deutschland in unterschiedlich gefärbten Gefahrenzonen zeigt. Aktive Feuer lassen sich per Auswahl ebenso anzeigen wie Waldgebiete, Standorte von Berufsfeuerwehren, Rettungspunkte (die in Notlagen die Feststellung des Standorts erleichtern), Windrichtung, gefallene und erwartete Niederschläge, stehende Gewässer, Landeplätze etwa für Hubschrauber und Militärgelände. Erreichbar ist die Seite per Log-in. Grundlage sind derzeit allein öffentlich verfügbare Daten, erklärt die im Innenministerium zuständige Heimatabteilung.

App möglich

«Ob wir den Atlas später auch noch als App anbieten, wird sich zeigen. Wir warten nun erst einmal die Rückmeldungen der potenziellen Nutzer ab», sagt Becker. Nutzbar wäre die Seite schon, das Innenministerium will sie nun bald im Kreis der Länder vorstellen.

Daten kommen gut an

Sven Dunkel von der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes jedenfalls sieht Potenzial. «Die Initiative wird von uns sehr begrüßt», sagt er. Für die Feuerwehren sei Geo-Information noch ein recht neues Thema, nicht überall gebe es Experten, um Daten aufzuarbeiten und verfügbar zu machen. Zwar seien Länder und Kommunen für den Brandschutz verantwortlich - Waldbrände machten aber nun mal nicht an Kreisgrenzen halt. Nun stünden erstmals alle Daten nutzbar und im gleichen Format den verschiedenen Einsatzleitungen zur Verfügung. Das sei ein großer Gewinn.

Auch Munitionsgebiete sollen eingezeichnet werden

Autobahnen, Bahnstrecken und Forstwege, die mit Lkw befahrbar seien, sollten noch dazukommen, sagt Dunkel, und sogenannte kampfmittelbelastete Flächen - also Gebiete, in denen etwa Munition aus dem Krieg im Boden liegt oder liegen könnte. Den Zugriff auf solche sensibleren Informationen könne man problemlos mit der Vergabe der Zugangsdaten regeln, sagen die Beamten im Innenministerium.

Millionen Euro für Mischwälder

Auch Umwelt- und Landwirtschaftsministerium haben das Thema Waldbrände auf dem Schirm. Gemeinsam fördern sie 22 Forschungs- und Modellvorhaben, die zum 1. Mai starteten, mit insgesamt rund 11,3 Millionen Euro aus dem Waldklimafonds. Bund und Länder stecken bis 2023 zudem rund 800 Millionen Euro in Wiederaufforstung und den sogenannten Waldumbau - es geht unter anderem darum, aus anfälligen Monokulturen wieder Mischwälder zu machen, die weniger anfällig für Schädlinge und Extremwetter sind.

2018 sind umgerechnet 3300 Fußballfelder abgebrannt

Für das Jahr 2019 liegt noch keine abschließende Waldbrand-Bilanz vor, aber die für 2018 ist erschreckend: Bei 1708 Waldbränden verbrannten bundesweit 2349 Hektar Wald, das entsprach der Fläche von knapp 3300 Fußballfeldern und war die größte Fläche seit 26 Jahren.

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