Bundesamt kartiert Radioaktivität: So verstrahlt ist Tschernobyl heute | Weather.com
Advertisement
Advertisement

Bundesamt kartiert Radioaktivität: So verstrahlt ist Tschernobyl heute

Chernobyl Nuclear Power Plant and shelter facility. Front view
Erstmals seit über 30 Jahren haben deutsche und ukrainische Experten gemessen, wie gefährlich die Strahlung rund um das havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl ist
(GettyImages)

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter veröffentlichte erste Ergebnisse in zwei Übersichtskarten - kurz vor dem 36. Jahrestag der Reaktorkatastrophe am 26. April 1986. Fachleute des Bundesamtes und der Staatlichen Agentur der Ukraine zur Verwaltung der Sperrzone hatten für die Karten die Strahlung um das havarierte sowjetischen Atomkraftwerk im vergangenen September vor dem Krieg Russlands gegen die Ukraine gemessen.

Vor allem im Norden und Westen breitet sich Radioaktivität aus

Die neuen Karten seien aktueller und räumlich besser aufgelöst als die letzten Darstellungen aus den 1990er-Jahren, teilte die Behörde mit. Demnach bestätigen die aktualisierten Daten die bisherigen Erkenntnisse aus den Jahren nach dem Unglück. Vor allem nach Norden und Westen breiteten sich radioaktive Stoffe aus dem Reaktor aus.

Karte der Gamma-Ortsdosisleistung in der Sperrzone von Tschernobyl in Mikrosievert pro Stunde: 36 Jahre nach dem Reaktor-Unfall zeigen sich beiden Haupt-Ausbreitungsrichtungen der aus dem Reaktor freigesetzten Stoffe.
(BFS)
Klicken Sie hier, um die Karte zu vergrößern

Für die flächendeckende Datenerhebung führten die Wissenschaftler zusammen mit der Bundespolizei Messungen von Hubschraubern aus der Luft durch. Zusätzlichen wurden an knapp 200 Stellen Messungen am Boden gemacht und Proben aus dem Erdreich genommen, da sich die radioaktiven Stoffe im Boden ablagern. Die Forscher maßen dabei die sogenannte Gamma-Ortsdosisleistung. Diese gibt an, wie viel Strahlung von außen auf einen Menschen einwirkt. Die Strahlung geht laut Bundesamt vor allem auf Cäsium-137 mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren zurück. Kurzlebigere radioaktive Stoffe wie etwa Jod-131 seien bereits seit Jahren nicht mehr nachweisbar.

Nach acht Tagen Aufenthalt wird höchst zulässige Strahlendosis erreicht

Die neuen Messungen ergaben, dass die Gamma-Ortsdosisleistung in der Sperrzone je nach Ort zwischen 0,06 und etwa 100 Mikrosievert pro Stunde liegt. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die natürliche Ortsdosisleistung der Behörde zufolge zwischen 0,06 und 0,2. Menschen, die sich in der Sperrzone an den Orten mit den höchsten Werten dauerhaft im Freien aufhielten, hätten bereits nach etwa acht Tagen eine Strahlendosis von 20.000 Mikrosievert erreicht - der höchsten Dosis, die Menschen in Deutschland im Jahr erhalten dürfen, wenn sie beruflich radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind.

Daten können für Munitionsbeseitigung genutzt werden

Advertisement

Mit den neuen Daten lasse sich etwa vorausberechnen, wie lange sich Menschen in der Sperrzone aufhalten können, ohne einer unzulässigen Strahlenbelastung ausgesetzt zu werden. Das sei etwa für die Feuerwehr wichtig, die dort immer wieder Waldbrände löschen müsse, teilten die Strahlenschutz-Experten mit. Auch Aufräumarbeiten und die Munitionsbeseitigung nach dem Krieg könnten so unterstützt werden.

Im Zuge der Invasion in die Ukraine war die Sperrzone um Tschernobyl unter russische Kontrolle geraten. Ende März zogen die russischen Einheiten ab und übergaben die Kontrolle wieder an das ukrainische Personal. Kurz darauf gab es Berichte, die russischen Soldaten könnten sich in dem Gebiet Strahlenschäden zugezogen haben.

Das könnte Sie auch interessieren:

Tschernobyl: Geisterstadt soll ein Hotspot des Dunklen Tourismus werden

Gefahr lauert im Keller: Kaum einer kennt die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs

Advertisement