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Volle Seen und Flüsse: Die Freizeitschifffahrt boomt, doch der Umweltaspekt geht unter | The Weather Channel
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Umwelt

Volle Seen und Flüsse: Die Freizeitschifffahrt boomt, doch der Umweltaspekt geht unter

Ein Motorboot fährt vor Friedrichshafen auf dem Bodensee.
(Felix Kästle/dpa)

Geld zahlen, Pfand hinterlegen und schon geht's mit dem Motorboot auf den Bodensee, ganz ohne Führerschein oder Schifferpatent. An sonnigen Sommertagen wird es nicht nur auf dem Wasser zwischen Deutschland, Schweiz und Österreich schnell voll - auch weil sich Erwachsene ohne besondere Voraussetzungen als Kapitäne von Booten mit schwachen Motoren ausprobieren dürfen. Dazu kommt ein Corona-Boom beim Geschäft mit Segelbooten und Jachten. Aber welche Folgen hat das für die Umwelt an deutschen Gewässern?

Ein Forscherteam um Frank Peeters an der Universität Konstanz untersucht das in Baden-Württemberg, Bayern und Berlin und Brandenburg - unter dem Namen "SuBoLakes", kurz für "Sustainable Boating on Lakes in Germany" (zu Deutsch: Nachhaltiges Bootfahren auf Seen in Deutschland).

Folgen der Freizeitschifffahrt für die Umwelt

"Hintergrund ist, dass die Freizeitschifffahrt in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat", sagt Peeters, Professor für Umweltphysik mit Blick auf Seen und Flüssen als Ökosysteme. "Das ist ein Stück weit ein anhaltender Boom. Dabei standen bisher die ökologischen Fragen zu sehr im Hintergrund."

T​ourismus auf dem Wasser ist ein Milliardengeschäft

Der Tourismus auf dem Wasser ist in Deutschland ein Milliardengeschäft. Einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge sorgt er für Bruttoumsätze von mehr als vier Milliarden Euro. Durch diesen Wirtschaftszweig können demnach rein rechnerisch mehr als 66 000 Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen.

Besonders wichtig sind Bootsurlauber unter anderem an den Seenplatten in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Vor allem im Sommer sei dort an den Schleusen viel los, teilt das Bundesverkehrsministerium mit.

N​egative Folgen für die Umwelt

Doch die vielen Boote auf den Seen und Flüssen im Land können der Umwelt auf mehrere Arten zusetzen. Zum einen können Boote durch den Lärm der Motorenlärm empfindliche Wasservögel stören, zum anderen können die Wellen den Boden am Ufer aufwirbeln und abtragen. Dabei kann wiederum klimaschädliches Methan freigesetzt werden.

Die Erosion kann aber auch wie am Bodensee und am Starnberger See eine Gefahr für prähistorische Pfahlbauten unter Wasser bedeuten. "Es geht also auch um die Fragen: Wie weit sollten die Schiffe vom Ufer weg bleiben? Wie schnell sollten sie fahren dürfen?", sagt Umweltphysiker Peeters.

G​rößer und luxuriöser - bedenkliche Tendenzen

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Doch mehr Boote benötigen auch mehr Liegeplätze am Wasser - weshalb die Wartelisten bei vielen Häfen derzeit immer länger werden. "Da gibt es Tendenzen, die ein bisschen bedenklich sind", Wolfgang Ostendorp, der sich im Forschungsteam mit Seeufern beschäftigt.

"Ähnlich wie bei Autos werden Boote immer größer und luxuriöser - und viele Touristiker schnüren schon komplette Pakete für Marinas mit Saunen und Tennisplätzen." Dafür bräuchten die Anlagen mehr Platz, mehr Stege und Hafenbecken. "Also geht es auch um die Frage: Gibt es Grenzen bei der Zahl der Boote - und wo liegen die?"

K​eine Obergrenze für Boote geplant

Das Bundesverkehrsministerium plane keine Obergrenze für Boote auf den Seen und Flüssen in seiner Zuständigkeit, sagt ein Sprecher auf Nachfrage. Mögliche Umweltfolgen des Bootsverkehrs spielten im Masterplan für die Freizeitschifffahrt aber "eine wichtige Rolle".

E​s fehlen wichtige Daten

Dem widerspricht das Landesamt für Umwelt in Brandenburg. "Schwerpunkt des „Masterplans Freizeitschifffahrt“ ist der Ausbau der Freizeitschifffahrt, nicht die Darstellung konkreter ökologischer Belastungen oder deren Minderung", sagt eine Sprecherin der Behörde in Potsdam. Dazu fehlten aber auch Daten zur Zahl, Größe und Häufigkeit der Fahrten von Motorbooten auf bestimmten Seen. Ein zentrales Register dazu gebe es bisher nicht. Ohne diese Daten ließe sich eine Obergrenze für Boote aber nicht überprüfen.

"Dann wird sich zeigen, wie offen diese Nutzergemeinde dafür ist"

"Wir wollen nicht, dass die Bootsfahrerei verboten wird", betont Projektleiter Peeters. "Sie soll aber umweltverträglich gestaltet werden, damit die diese Nutzung der Gewässer keine zu großen ökologischen Probleme verursacht."

Gegen Ende des Projektes wolle das Forscherteam die Daten und Ergebnisse auch Vertretern aus der Wassersport-Branche vorstellen. "Dann wird sich zeigen, wie offen diese Nutzergemeinde dafür ist", sagt Wolfgang Ostendorp. "Bisher war die Bestrebung eher, das Angebot für Wassertouristen auszuschöpfen. Und hier fallen ökologische Aspekte schnell hinten runter."

Doch bis das "SuBoLakes"-Forschungsteam dazu Ergebnisse vorlegen kann, müssen noch einige Wellenbojen ausgebracht, Häfen untersucht und Skipper befragt werden. Ende 2024 soll das Projekt abgeschlossen sein. Was die Ergebnisse für den Sportbootverkehr auf deutschen Seen bedeuten, müssen dann die Behörden von Bund und Ländern entscheiden.

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