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Umwelt

Größte Gesundheitsbedrohung: So krank macht der Klimawandel

20.07.2022, Bayern, Mariaposching: Aufgerissen und ausgetrocknet ist eine Sandbank an der Niedrigwasser führenden Donau.
(Foto: Armin Weigel/dpa )

Ärzte warnen: Sowohl direkt als auch indirekt sind die Menschen weltweit von den Auswirkungen der Klimaveränderung betroffen. Für die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit ist der Klimawandel gar die größte Gesundheitsbedrohung unserer Zeit – und Deutschland bisher schlecht vorbereitet.

Deutschland sei sehr schlecht vorbereitet

"Bei vielen ist es leider noch nicht so richtig angekommen, welche massiven Auswirkungen der Klimawandel auf die Gesundheit der Menschen hat", sagt der Vorsitzende der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), Martin Herrmann. Deutschland sei sehr schlecht vorbereitet. Der Ernst der Lage werde nicht erkannt.

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"Wenn wir vor Hitze warnen, dann sind auf den Flyern spielende Kinder mit Eiscreme in der Hand zu sehen. Diese Hitze ist aber kein Ausnahmesommer, sondern lebensbedrohend. Wir müssen uns dringend besser gegen die Folgen des Klimawandels aufstellen – sie sind die größte Gesundheitsbedrohung unserer Zeit. Gleichzeitig müssen wir viele entschiedener Klimaschutz betreiben, es geht dabei um unsere Gesundheit und unser Überleben“, sagt Herrmann.

Psychische Traumata nach Extremwetterereignissen

Die Gesundheitsfolgen, die der Klimawandel mit sich bringt, sind vielfältig. "Zunächst mal gibt es die Toten und Verletzen bei Extremwetterereignissen – etwa bei Stürmen, Bränden, Fluten oder Hochwasser", sagt der promovierte Mediziner. "Dazu kommen die nachgelagerten Probleme, die etwa durch geschädigte Infrastruktur entstehen, wenn beispielsweise die Wasserversorgung nicht gewährleistet ist." Auch psychische Traumata Betroffener, die oft nur mit professioneller Hilfe in den Griff zu bekommen sind, gehören laut Herrmann dazu.

Hitze und Dürre als größte Bedrohung

Die größte Bedrohung seien aber andauernde Hitze und Dürre. "In den Jahren mit Hitzesommern haben wir allein in Deutschland zwischen 5.000 und 10.0000 Menschen die in Verbindung mit Hitze sterben", sagt er.

"Hinzu kommen hunderttausende Menschen mit Vorerkrankungen wie Herz- oder Lungenkrankheiten, die durch die Hitze extrem belastet sind und deren Symptome zunehmen." Aber auch das Wohlbefinden und die Arbeitsfähigkeit gesunder Menschen werde deutlich reduziert.

"In den wenigsten Einrichtungen gibt es Hitzeschutzbeauftragte"

Um die Menschen besser vor Hitze zu schützen, entwickelten zwar immer mehr Kommunen sogenannte Hitzeaktionspläne (HAP).

Laut Herrmann sind die wenigen bisher bestehenden HAP, jedoch noch nicht vollständig umgesetzt. "In den wenigsten Einrichtungen gibt es Hitzeschutzbeauftrage. Die Sportvereine sind schlecht vorbereitet und auch an den Schulen gibt es kaum Vorkehrungen für Hitzetage", sagt der Mediziner.

P​flanzen verbreiten sich anders

Durch die neuen Temperaturverhältnisse verbreiteten sich zudem die Pflanzen anders. Dadurch wird die Allergiesaison länger und es kommt zu mehr Reaktionen.

"Außerdem sind Krankheitsüberträger wie Zecken länger aktiv. Sie können sich besser oder zum ersten Mal bei uns ausbreiten, da sie hier nun die richtigen Bedingungen vorfinden", ergänzt Herrmann.

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Gleiches gelte etwa für Mückenarten, die Tropenerkrankungen wie das Denguefieber übertragen können. Auch das Pandemie-Risiko nehme zu: Denn der Klimawandel führt zu einer Verschiebung der tierischen Lebensräume – die Erreger vermischten sich so leichter und das Pandemierisiko steige.

Ernteausfälle wegen Dürre

Ein weiteres großes Problem sind demnach Ernteausfälle aufgrund von Hitze und Dürre. "Die Ernährungsunsicherheit betrifft überwiegend die Länder des globalen Südens aber auch bei in Europa gibt es immer wieder große Ernteeinbußen. Wir werden nicht umhinkommen, unsere Ernährung umzustellen und deutlich weniger Fleisch zu essen, um das Futtergetreide zu sparen und gleichzeitig klimaschädliche Emissionen einzuschränken", sagt der Mediziner.

Öko-Anxiety

Auch die psychischen Folgen des Klimawandels sind laut Herrmann ein immer größeres Thema. Dabei gehe es nicht nur um die zuvor genannten Traumata von Betroffenen nach Umweltkatastrophen, sondern auch im die sogenannte Öko-Anxiety.

"Der Begriff bezeichnet die Angst um den Planeten und viele Menschen – vor allem Jüngere – blicken sehr pessimistisch in die Zukunft. Diese Angst kann sehr bedrückend und auch lähmend sein", sagt er.

Aufklärung und Prävention als beste Maßnahmen

Ein Beispiel für eine gute Initiative sei etwa das "Aktionsbündnis Hitzeschutz Berlin", sagt Herrmann. Hier arbeiten Vertreter aus der Medizin, der Pflege, dem Katastrophenschutz und den Rettungsdiensten gemeinsam mit Kommunalvertretern und der Zivilgesellschaft zusammen und organisieren unter anderem Aufklärungskampagnen und erarbeiten Hitzeschutzpläne sowie Schulungsmaterial.

Am 14. Juni wird es auch einen ersten bundesweiten Hitzeaktionstag geben, initiiert von der Bundesärztekammer.

Aufklärung und Prävention sind extrem wichtig

Die besten Möglichkeiten, um die Gesundheitsrisiken zu minimieren, sind für Herrmann Aufklärung und Prävention. "Viele Menschen haben die Zusammenhänge noch nicht verstanden – auch viele Ärzte nicht", sagt er.

"Es gibt einen sehr hohen Bildungsbedarf und die Auswirkungen des Klimawandels müssen in allen Bereichen Thema werden: ob in den Kindergärten, den Schulen oder eben bei den Ärzten."

Gut über den Klimawandel und seine Folge aufgeklärte Menschen können nach Ansicht von Herrmann gleich doppelt Effekte erzielen: Wer etwa vom Auto aufs Fahrrad umsteigt, der tue nicht nur was für die Umwelt, sondern auch für die Gesundheit.

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