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Umwelt

Getrübter Badespaß: So erkennt man gefährliche Blaualgen

Water bodies pollution by blooming blue-green algae (Cyanobacteria) is world environmental problem. Ecology concept of polluted nature.
Cyanobakterien können zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Gliederschmerzen, Bindehautentzündungen, Ohrenschmerzen und Atemwegserkrankungen führen.

Vielleicht kennen Sie das auch: Sie wollen sich an heißen Sommertagen im See erfrischen – doch dieser ist gesperrt. Der Grund: Cyanobakterien oder auch Blaualgen, die zu Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Gliederschmerzen, Bindehautentzündungen, Ohrenschmerzen und Atemwegserkrankungen führen können. Im Jahr 2023 wurden deshalb nach Angaben des Umweltbundesamtes 94 offizielle Badestellen zumindest zeitweise für den Badebetrieb gesperrt. Gleichzeitig erfüllten 98 Prozent der Badegewässer die Qualitätsanforderungen der EU- Badegewässerrichtlinie – darunter 1.892 Seen. Nur insgesamt sieben Badegewässer (0,3 Prozent) fielen gänzlich durch.

Wie passt das zusammen? „Fäkale Verunreinigungen, die im Rahmen der europäischen Badegewässerrichtlinie überprüft werden, sagen allein nichts über den Zustand der Gewässer aus. Ökologische Parameter werden dabei nicht verpflichtend mit untersucht“, sagt Karsten Rinke vom Helmholtz Institut für Umweltforschung (UFZ).

Gut zu wissen

Für die Sicherheit von Badegästen werden offizielle Badegewässer regelmäßig auf gesundheitsschädliche Fäkalien und Blaualgen untersucht. Eine Karte des Umweltbundesamtes zur Wasserqualität deutscher Badestellen leitet zu aktuellen Meldungen der Bundesländer weiter. Auch Hinweisschilder vor Ort informieren Badegäste über mögliche Einschränkungen. Den Zustand von Badestellen in ganz Europa weist eine interaktive Karte der Europäischen Umweltagentur aus.

Eutrophierung: Mehr Pflanzen als ein See verkraften kann

„Relevant für die Gewässergüte eines Sees ist vor allem sein Nährstoffgehalt“ sagt Rinke vom UFZ. Steige dieser an würden sich Algen, Pflanzen oder Cyanobakterien stark ausbreiten können. Einerseits sei das ein natürliches Phänomen im Sommer, wenn die Wassertemperatur eines Sees steigt. Andererseits führen Einleitungen der Landwirtschaft und von gereinigtem Abwasser aus Kläranlagen zu hohen Phosphat- und Nitratgehalten eines Sees, der damit förmlich überdüngt werde und in die Überproduktion von Biomasse gehe, erklärt der Seenforscher.

Warum es ein Problem ist, wenn sich mehr Pflanzen und Algen im See befinden, als er vertragen kann, erklärt Rinke so: „Grundsätzlich trennen sich in den Sommermonaten das wärmere Oberflächenwasser vom kühleren Tiefenwasser. Dort wo es warm ist und noch Licht hinfällt, wachsen Pflanzen und Algen. Sterben sie ab, sinken sie zum Grund des Sees, wo sie zersetzt werden. Dazu braucht es in der Tiefe Sauerstoff“. Das Problem: „Jeder See hat nur einen begrenzten Sauerstoffgehalt, mit dem er in der Lage ist, abgestorbene Pflanzen zu zersetzen“.

Im Extremfall ist kein Sauerstoff mehr vorhanden

Ist das Verhältnis von Biomasse und Sauerstoff unausgewogen, spricht man von einem eutrophen See. Im Extremfall ist kein Sauerstoff mehr vorhanden und der See „kippt“. „Die Pflanzen vergammeln regelrecht im See. Und das riecht man auch. Das Wasser verströmt einen fauligen Geruch und wird trübe“, sagt der Gewässerexperte.

Das hat weitreichende Folgen: „Es kommt zu Fischsterben und die Gewässer stehen nicht mehr für die Trinkwasserversorgung oder Freizeitnutzungen zur Verfügung“, so Rinke.

Der Klimawandel verstärkt das Problem eutropher Seen

Cyanobakterien
Durch den Klimawandel nimmt die Algenblüte zu, Im Bild zu sehen sind Cyanobakterien, auch Blaualgen genannt
(GettyImages)

Wie groß das Problem der Eutrophierung heutzutage ist, zeigt ein aktueller Bericht zur Europäischen Wasserrahmenlinie. Demnach sind nur 20 Prozent der natürlichen Seen in Deutschland in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand. Und dieser Trend wird sich künftig noch verschärfen:

„Die klimatischen Veränderungen führen zu einer früher einsetzenden und länger andauernden Schichtenphase im See. Zudem produzieren die Seen durch den Temperaturanstieg mehr Biomasse. Daher werden in Zukunft immer mehr Gewässer schneller unter Sauerstoffknappheit leiden“, sagt Rinke.

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Es gibt zwar Möglichkeiten, mechanisch den Sauerstoffgehalt zu erhöhen und den Nährstoffgehalt zu senken – etwa durch Pumpsysteme oder ausgefeilte Klärmechanismen. „Doch das kostet vor allem viel Geld“, sagt Rinke. Es sei daher nicht zu erwarten, dass reine Badegewässer vor Eutrophierung geschützt werden.

Brandenburgs Seen laden zum Baden ein

Auch in Brandenburg, Deutschlands seenreichstem Bundesland, sei die Eutrophierung zwischen 2018 und 2022 an vielen Seen verstärkt aufgetreten, informiert Thomas Frey, Pressesprecher des Landesamtes für Umwelt Brandenburg. „Das Hauptproblem ist die konstante Erwärmung der Seen, was jüngst in einem Forschungsprojekt in der Nordostdeutschen Tiefebene nachgewiesen werden konnte.“ Zwischen 1970 und 2020 sei die Oberflächentemperatur pro Dekade im Durchschnitt um 0,4 Grad gestiegen.

Doch Frey ordnet ein: „Die von uns beobachteten Seen, über 50 Hektar großen Seen, die im Sommer starke Algenblüten und nachfolgend Sauerstoffprobleme haben, sind noch selten gänzlich vom ‚Umkippen‘ betroffen. In der Regel stabilisiert sich die Wasserqualität anschließend wieder“, sagt Frey. Kleinere und flache Seen würden deutlich empfindlicher reagieren.

Und: Ein eutropher See könne dennoch ein unbedenklicher Badesee sein, wenn das Algenwachstum die Sichttiefe nicht zu sehr beeinträchtige und das Wachstum toxischer Cyanobakterien nicht überhandnehme. „Entscheidender für die Qualität einer Badestelle und damit eines Badesees ist es, dass Coli-Bakterien und Enterokokken unterhalb der Grenzwerte liegen“, sagt Pressesprecher Frey. Das sei bei den 193 offiziell ausgewiesenen Badeseen in Brandenburg derzeit der Fall.

Wann Sie in einem See nicht baden sollten

Grundsätzlich gilt es eine wichtige Faustregel zu beachten: „Wenn ich bis zu den Knien im Wasser stehe, und kann meine Füße nicht mehr sehen, sollte ich hier nicht baden gehen“.

Andere Warnhinweise für gestresste Seen:

  • Eine starke Trübung oder auch Verfärbung des Wassers
  • Auf der Wasseroberfläche schwimmende bläulich-grünliche schimmernde Pflanzenteppiche oder Schau – Gefahr von Blaualgen!
  • Tote Fische an der Wasseroberfläche weisen auf starken Sauerstoffmangel im See hin
  • Ein fauliger oder fischiger Geruch ist ein Indiz für einen „umgekippten“ See

In allen Fällen sollte weder gebadet noch am Wassersaum geplanscht oder gespielt werden. Hautkontakt und Verschlucken des Wassers sollte man unbedingt vermeiden.

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