Wasserstoff-Produktion: Woher kommt das Wasser? | Weather.com
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Woher kommt das Wasser für die Wasserstoff-Produktion?

Für die Erzeugung von Wasserstoff wird neben Strom auch viel Wasser benötigt. Selbst im wasserreichen Friesland ist das eine Herausforderung - dort geht ein Wasserversorger neue Wege.

22.07.2017, Niedersachsen, Riepe: Schnell ziehende Regenwolken ziehen über den Windpark bei Riepe (Niedersachsen). Die flache Landschaft Ostfrieslands ist geprägt von Windkraftanlagen. (Ingo Wagner/dpa)
22.07.2017, Niedersachsen, Riepe: Schnell ziehende Regenwolken ziehen über den Windpark bei Riepe (Niedersachsen). Die flache Landschaft Ostfrieslands ist geprägt von Windkraftanlagen.
(Ingo Wagner/dpa)

Selbst mitten im Sommer führen die Gräben und Kanäle in Friesland viel Wasser. Die Gegend um Sande südlich von Wilhelmshaven gilt wie die gesamte ostfriesische Halbinsel wegen ihres Potenzials an erneuerbaren Energien und auch wegen der Wasserverfügbarkeit als günstige Region für die Produktion von sogenanntem grünem Wasserstoff - dem Hoffnungsträger der Energiewende.

„Wir sind eine wasserreiche Region“, versichert Kerstin Krömer vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband OOWV bei einer Info-Veranstaltung im Mai in Sande. Denn trotz des Wasserüberschusses machen sich nicht wenige Menschen dort Gedanken um die Ressource. Angesichts vieler geplanter Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff (H2) wird überall im Nordwesten auch absehbar viel Wasser (H2O) benötigt – und zwar nicht nur Oberflächenwasser etwa aus Flüssen oder Seen.

Unternehmer: Verantwortungsvoll Wasser nutzen

„Der zentrale Energieträger der Zukunft wird Wasserstoff sein und das ist auch eine Chance für Sande“, sagt Maximilian Graf von Wedel. Sein Unternehmen Friesen Elektra plant bei Sande einen sogenannten Elektrolyseur; solche Anlagen zerlegen mit Hilfe von Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Ausgebaut soll der Wasserstoffpark eine Leistung von 2,4 Gigawatt haben. Von Wedel zählt die für die Wasserstoffproduktion günstigen Faktoren in Sande auf: Viel Ökostrom, unterirdische Speicher in der Nähe und eben jede Menge Wasser. Es gehe darum, das Wasser verantwortlich zu nutzen. „Ohne unsere Natur, unsere Landschaft hier, unserer Heimat ihrem Wasser zu berauben“, sagt er.

Gerade der Umgang mit der kostbaren Ressource treibt aber Friesländerinnen und Friesländer um: Gibt es ausreichend Wasser? Und wie wird die Region die Wasserentnahme zu spüren bekommen? Die gemeinsame Info-Veranstaltung von Friesen Elektra und Wasserverband ist an diesem Abend gut besucht.

„Es ist genug Wasser da. Wir müssen es nur richtig nutzen. Wir können es uns als Region nicht mehr leisten, nur zu entwässern“, sagt Krömer mit Blick auf das jahrhundertealte, effiziente Entwässerungssystem. Statt überschüssiges Wasser kontinuierlich in die Nordsee zu leiten, müsse es nun gehalten werden.

Doch das viele Oberflächenwasser kommt für die Wasserstoffproduktion nicht so schnell infrage. Nicht nur der Umbau der Binnenentwässerung dauere, auch fehlten Messdaten, sagt Krömer. Um etwa Wasser aus dem Ems-Jade-Kanal, auch eine Schifffahrtsstraße, zu entnehmen, brauche es mehrjährige Messungen. „Das heißt, wir werden hier Tests durchführen müssen, wie viel kann das System eigentlich liefern und welche Auswirkungen hat das?“

Den Wasserbedarf melden Unternehmen wie Friesen Elektra aber schon jetzt an. Wasser wird sowohl für die Elektrolyse selbst in Form von Reinstwasser benötigt und – je nach Verfahren – teils auch in Form von Kühlwasser.

Idee: Recyceltes Klärwasser für die Elektrolyse

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Der Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserverband setzt daher auf eine andere Lösung: kommunales Abwasser. Die Idee: Statt für industrielle Zwecke wertvolles Trinkwasser verwenden zu müssen, will der Wasserversorger geklärtes Abwasser nutzen und weiter aufbereiten. „Das ist eine dürreresistente Ressource, die steht immer zur Verfügung, egal ob es gerade geregnet hat oder nicht“, sagt Krömer, die auch Firmenleiterin der OOWV-Tochter Iwag ist, der Industriewasserversorgungsgesellschaft.

Dazu plant ihr Unternehmen ein Brauchwasserwerk, das sich an die Kläranlage in Sande anschließt. Der OOWV hat dafür eine Vereinbarung mit der Kommune geschlossen. Statt das geklärte Abwasser wie bisher in den Jadebusen zu leiten, sollen 400.000 Kubikmeter jährlich durch weitere Filter- und Membrantechnik aufbereitet werden. Das Ziel sei, eine „Basis-Wasserqualität“ zu erreichen, mit der weitergearbeitet werden könne, sagt Krömer.

Bis es so weit ist, dürfte es allerdings noch dauern. Der OOWV rechnet mit bis zu drei Jahren Planungs- und Bauzeit. Erste Erfahrungen sammelt der Versorger gerade in Brake und Nordenham, wo die ersten Brauchwasserwerke Niedersachsens entstehen. Trinkwasser soll in Sande allein in der Anlaufphase für die Elektrolyse genutzt werden. Parallel wollen die Wasserexperten an der Erschließung weiterer Quellen arbeiten – etwa aus entsalztem Nordseewasser. Am Ende wird es wohl ein Mix werden, der den Wasserbedarf decken wird.

Umweltschützer und Anwohner verfolgen die Wasserpläne aufmerksam. Sie bemängeln bei dem Info-Abend unter anderem, dass noch unklar sei, wie viel Wasser genau für den Elektrolyseur in Sande benötigt werde. Eine Menge von bis zu drei Millionen Kubikmeter jährlich ist im Gespräch. Unternehmen und OOWV verweisen dazu darauf, dass es in dem frühen Planungsstadium noch nicht möglich sei, genauere Angaben zu machen. „Es gibt noch längst nicht auf alle Fragen eine Antwort“, sagt Konrad Sieg vom Nabu in Sande. Er sagt, er wünsche sich wie viele Anwohner mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung.

Was andere Unternehmen planen

Auf der anderen Seite der Halbinsel in Emden, wo ein 320-Megawatt-Elektrolyseur installiert werden soll, geht der Energieversorger EWE einen anderen Weg. Man habe sehr umfangreich untersucht, welche Möglichkeiten es für die Wasserversorgung gebe, sagt Projektleiter Andreas Hallerstede. Wegen eines ambitionierten Zeitplanes, hohen Anforderungen an die Wasserqualität und geringen Erfahrungswerten haben man sich in Absprache mit den Emder Stadtwerken zunächst für den Einsatz von Trinkwasser entschieden. Langfristig will auch EWE alternative Wasserquellen wie Oberflächenwasser erschließen.

EWE geht davon aus, dass die Anlage etwa 60 Kubikmeter Wasser pro Stunde verbrauchen wird. Auf das Jahr gerechnet führe das, je nach Auslastung, zu einem Wasserverbrauch von bis zu 400.000 Kubikmetern. Zum Vergleich: Die gesamte Stadt Emden habe einen jährlichen Trinkwasserverbrauch von 3,65 Millionen Kubikmeter, teilt der Energieversorger auf Anfrage mit. Wassersparen will EWE zudem durch eine Trockenkühlung durch die Umgebungsluft bei der Elektrolyse. Dafür sei kein weiteres Wasser nötig, sagt Hallerstede.

Noch eine andere Option wählt der Versorger RWE, der an seinem Kraftwerksstandort in Lingen ebenfalls einen 300-MW-Elektrolyseur baut. Dort will RWE für die Elektrolyse Wasser aus der Ems entnehmen - so wie früher schon das Kernkraftwerk am Standort zur Kühlung. RWE rechnet mit einem Wasserbedarf von 1,2 Millionen Kubikmetern Wasser pro Jahr für Produktion und Kühlung. „Über die Ems Jahr fließen pro Jahr rund 2,5 Milliarden Kubikmeter Wasser Richtung Nordsee“, teilt eine RWE-Sprecherin mit. Der Wasserbedarf betrage demnach 0,1 Prozent des verfügbaren Emswassers.

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