Sturmflut: Wie entsteht sie? | Weather.com
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Wetterlexikon

Wie entsteht eine Sturmflut?

An Nord- und Ostsee gibt es unterschiedliche Klassifizierungen der Sturmflut
An Nord- und Ostsee gibt es unterschiedliche Klassifizierungen der Sturmflut
(GettyImages)

Wenn es an Meeresküsten und Tidenflüssen zu einem ungewöhnlich hohen Anstieg des Wassers kommt, spricht man von einer Sturmflut. Wir erklären, wie das Wetterphänomen entsteht, was die Folgen sind und inwiefern der Klimawandel einen Einfluss hat.

Die erste historisch datierte Sturmflut, die Julianenflut, ereignete sich dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge im Februar 1164 an der Deutschen Nordseeküste. Sie kostete 20.000 Menschen das Leben.

"​Ein Sturm verursacht nicht gleich eine Sturmflut"

Aber was genau ist eine Sturmflut überhaupt? „„Eine Sturmflut ist eine durch Sturm erhöhte Flut. Die Wasserstände an den Küsten steigen dann um einen bestimmten Betrag.“, erklärt Karina Stockmann vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).

Konkret heißt das: „Ein Sturm verursacht nicht gleich eine Sturmflut. Erst, wenn dieser während des Hochwassers stattfindet und dieser aus westlichen Richtungen weht, sprechen wir von einer Sturmflut. Und zwar sobald der Wasserstand 1,5 Meter über dem mittleren Hochwasserstand liegt.“ Das entspricht +3,65 Meter über Normalhöhennull (NHN; veraltet: Normalnull) am Pegel St. Pauli. Dieser gilt für Hamburg als Bezugsgröße.

Sturmflut: Klassifizierungen an Nord- und Ostsee

An der deutschen Nordseeküste, in Hamburg, Bremen und Emden gibt es drei Klassen von Sturmfluten:

  1. Sturmflut: 1,5 bis 2,5 m über mittlerem Hochwasser (MHW)
  2. schwere Sturmflut: 2,5 bis 3,5 m über MHW
  3. sehr schwere Sturmflut: mehr als 3,5 m über MHW

Sturmfluten an der deutschen Ostseeküste werden in vier Klassen eingeteilt:

  1. Sturmflut: 1,00-1,25 m über mittlerem Wasserstand
  2. mittlere Sturmflut: 1,25-1,50 m über mittlerem Wasserstand
  3. schwere Sturmflut: 1,50-2,00 m über mittlerem Wasserstand
  4. sehr schwere Sturmflut: mehr als 2,00 m über mittlerem Wasserstand

Übrigens: Bei einer drohenden Sturmflut schickt das Bundesamt für Schifffahrt Warnungen raus. „In Hamburg werden die Fluttore und Schleusen geschlossen, tieffliegende Gebiete evakuiert, Bauern gewarnt“, erklärt Stockmann die Vorkehrungsmaßnahmen.

Wie entsteht eine Sturmflut?

Sturmfluten entwickeln sich, wenn starker Wind über das Meer fegt und die Wassermassen in Richtung Küste drückt. Die Wasserstände erhöhen sich – es kommt zu einer Sturmflut. „Bei einer Sturmflut in der Deutschen Bucht beispielsweise wehen aufladende Winde aus westlichen Richtungen und drücken das Wasser an die Küste“, sagt Stockmann. „Die Erhöhung des Wasserstandes passiert durch Wind unabhängig von den Gezeiten und Regen.“

Doch nicht nur der Wind ist ein maßgeblicher Faktor, der zu einer Sturmflut führt: Die Beschaffenheit des Meeresgrundes spielt ebenfalls eine Rolle. Hier bilden flache Ufer eine Gefahr, da durch sie die Wassermassen leichtes Spiel haben durch den Wind an die Ufer geschoben werden. Bei einem steil ansteigenden Meeresgrund ist das Risiko dagegen geringer, dass Wassermassen ins Hinterland vordringen.

Dem Umweltbundesamt zufolge kann eine zusätzliche Erhöhung von Sturmfluten durch Fernwellen entstehen, „die von Windfeldern im Nordatlantik erzeugt werden und ähnlich wie die Gezeitenwelle gegen den Uhrzeigersinn durch die Nordsee laufen.“

Wo und wann kommen Sturmfluten in Deutschland vor?

An der deutschen Nordseeküste kann eine Sturmflut entstehen, wenn ein Sturmtief vom Atlantik über die Nordsee weiter nach Skandinavien oder zur Ostsee zieht. Dem BSH zufolge ist die Deutsche Bucht eines der am stärksten von Sturmfluten bedrohten Gebiete weltweit.

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Sie reicht von den Westfriesischen Inseln in den Niederlanden über die Ostfriesischen und Nordfriesischen Inseln in Deutschland bis an die Dänischen Wattenmeer-Inseln vor Jütland. „Durch die Lage der Nordseeküste und den Trichtereffekt der Elbmündung treten Sturmfluten in der Deutschen Bucht häufiger auf als anderswo“, erklärt Karina Stockmann.

Die meisten entstehen laut Stockmann im Herbst und Winter. So sind in Hamburg beispielsweise von 453 Sturmfluten seit 1950 nur elf in den Zeitraum Mai bis August gefallen.

Die Folgen einer Sturmflut

Grundsätzlich hängen die Folgen einer Sturmflut mit dem Schweregrad zusammen. „Es ist daher lokal unterschiedlich, wie sich die Sturmfluten auswirken“, sagt Karina Stockmann vom BSH. „Einige Städte bekommen ab 1,2 Metern Probleme, andere Regionen erst bei 1,7 Metern.

Als es im Februar 1962 zu einer der schwersten Sturmflut im Norden kommt, liegt der Wasserstand bei 5,7 Metern über NormalhöhenNull. Ausgelöst durch einen Nordwest-Sturm über der Nordsee, der sich zum Orkan steigerte, rollte eine Flutwelle die Elbe entlang, durchbrach Deiche und traf Hamburg schwer: Ein Sechstel der Hansestadt wurde überschwemmt, rund 20.000 Menschen wurden obdachlos und 6000 Gebäude zerstört. Die Stadt beklagte über 300 Todesopfer.

Klimawandel und Sturmflut: Stand der Forschung

Der Meeresspiegel steigt im Zuge des Klimawandels an. Heißt das, dass wir in Zukunft mit häufigeren Sturmfluten rechnen müssen? "Ob eine Sturmflut in den nächsten Jahren häufiger vorkommt, ist noch nicht absehbar“, sagt Karina Stockmann.

Tatsächlich stellten Wissenschaftler am Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums in Geesthacht fest, dass sich der vom Menschen verursachte Klimawandel kaum auf die Nordseesturmfluten ausgewirkt hat. Die Windverhältnisse über der Nordsee hätten sich bisher nicht systematisch verändert. Allerdings, so die Wissenschaftler, bestätigen aktuelle Forschungsergebnisse, dass die Sturmflut-Wasserstände an der Nordseeküste bis Ende des Jahrhunderts ansteigen werden.

Denn gehe man davon aus, dass der Meeresspiegelanstieg an der deutschen Nordseeküste auch künftig etwa dem durchschnittlichen globalen Meeresspiegelanstieg entspreche, werde auch das Ausgangsniveau der Nordseesturmfluten in Zukunft weiter ansteigen: „Zusammen mit einem veränderten Windklima können Nordseesturmfluten bis zum Ende des Jahrhunderts dann insgesamt etwa drei bis elf Dezimeter höher auflaufen als heute.“

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