Saurer Regen: Durch diese Schadstoffe wird der Regen sauer

Wenn Stickoxide durch die geschädigte Wachsschicht eintritt wird der Pflanzenstoff Chlorophyll zerstört und die Blätter vergilben.
Wenn Stickoxide durch die geschädigte Wachsschicht eintritt wird der Pflanzenstoff Chlorophyll zerstört und die Blätter vergilben.
(dpa)

Saurer Regen, der vom Himmel fällt, schädigt Boden, Gewässer und Pflanzen. Er wird besonders mit Waldschäden in Verbindung gebracht. Vor allem in den 1980er-Jahren machten gravierende Luftverschmutzungen den Regen sauer.

Der Wald stirbt – das war in den 1980er-Jahren das große Thema in Deutschland. Tatsächlich waren in jenen Jahren großflächige Waldschäden zu beobachten. Kronen von Laubbäumen verlichteten sich, weil die Blätter vorzeitig abfielen; am stärksten betroffen war die Eiche. Bei Nadelbäumen vergilbten die Nadeln. Über alle Arten hinweg wiesen Knospen und junge Triebe Schäden auf, und das Feinwurzelsystem starb ab.

Zugleich erwiesen sich viele Seen als versauert. Dies fiel zuerst in Schweden auf. Dort war in vielen Seen das Wasser kristallklar und absolut sauber. Der Grund war, dass in ihnen kein Leben mehr existierte. Manche der Gewässer wiesen einen pH-Wert von 3 auf (der pH-Wert ist ein Maß für die Stärke von Säuren und Basen mit einer logarithmischen Skala), was etwa dem Säuregrad von Essigsäure entspricht. 

Saurerer Regen senkt den pH-Wert

Die typischen Schadensbilder zeigten sich auch in Mittel-, Nord- und Osteuropa. In Deutschland lagen die pH-Werte des Regens zwischen 4,0 und 4,5, was der 10- bis 40-fachen Säurekonzentration im Vergleich zu unbelastetem Niederschlag entspricht. Spitzenwerte von 2,4 wurden in Schottland gemessen, das ist 1000-fache des natürlichen Säuregrads.

Rasch fanden Forscher die Ursache des Debakels heraus: Es war saurer Regen, der vom Himmel fiel und in Böden wie Gewässern den pH-Wert absenkte. Als „sauer“ ist ein Niederschlag definiert, dessen pH-Wert unter dem Wert liegt, der sich in reinem Wasser durch den natürlichen Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre einstellt (etwa 5,5).

Saurer Regen: Ursache ist die Luftverschmutzung

In den Medien war das Phänomen lange Zeit das Thema Nummer eins. Selbst Experten glaubten, die Schäden an den Bäumen seien irreversibel, folglich werde der deutsche Wald sterben. Zeitungen veröffentlichten Skizzen von Bergen mit kahlen Hängen und Kuppen, als Ausblick in die vermeintlich baumlose Zukunft der Nation.

Der Regen wurde durch die gravierende Luftverschmutzung jener Jahre sauer. Kraftwerke, Industriebetriebe, Hausheizungen und Kraftfahrzeuge stießen in großen Menge säurebildende Abgase aus, voran Schwefeldioxid (SO2) sowie Stickoxide (NOx) wie Lachgas (N2O) oder Stickstoffdioxid (NO2). Stickstoff und Schwefel sind in fossilen Brennstoffen enthalten, einige Erdölsorten haben einen Schwefelanteil von sieben Prozent. Bei der Verbrennung entstehen daraus die Oxide.

Saurer Regen löst die Wachsschicht auf Blättern und Nadeln

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Kommen diese Verbindungen in Wolken mit Wassertröpfchen in Kontakt, bilden sich stark ätzende Schwefel- und Salpetersäuren. Diese setzen im Boden vermehrt Aluminium-Ionen frei, die dann die sogenannten Mykorrhiza-Pilze vergiften, die symbiotisch in den Baumwurzeln leben und die Bäume mit Nährstoffen versorgen. 

Auf Blättern oder Nadeln löst der saure Regen die wasserundurchlässige Wachsschicht auf oder macht sie porös. Bei Hitze oder Trockenheit können die Gewächse ihre Wasserabgabe nicht mehr kontrollieren, so dass das das Nass ungebremst verdunstet. Die Säuren waschen auch Nährstoffe wie Kalzium und Magnesium aus den Böden, überdies greifen sie Metalle, Kalk und Beton an und lassen Bauwerke so verstärkt korrodieren.

Waldsterben ruft Politik auf den Plan

Schwefeldioxid und Stickoxide dringen zudem mit der Luft über die Spaltöffnungen direkt in die Blätter und Nadeln ein und stören dort den Stoffwechsel. In der Folge wird der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll zerstört, so dass diese Pflanzenbestandteile vergilben.

Saurer Regen wird besonders mit Waldschäden in Verbindung gebracht.
(GettyImages)

Das Waldsterben setzte in Westdeutschland eine breite umweltpolitische Debatte in Gang, in deren Gefolge die Partei der Grünen massiv an Bedeutung gewann. Schließlich beschloss die Bundesregierung umfassende Maßnahmen, um die SO2- und NOx-Emissionen zu senken, voran die Rauchgasentschwefelung bei Kraftwerken. Tatsächlich stieg der pH-Wert in den Niederschlägen wieder an. 

Autoabgase geben Stickstoffoxide in die Luft ab

In den vergangenen Jahren lag er im Bereich von 4,8 bis 5,0, was aber den Wert von „sauberem Regen“ (ca. 5,6) immer noch unterschreitet. Das liegt in erster Linie am Verkehr, da die Katalysatoren die Stickstoffoxide aus den Autoabgasen nicht vollständig entfernen können.

Gegen die Bodenversauerung in den Wäldern nahmen die Forstleute in vielen Regionen immer wieder Kalkungen vor. Diese Maßnahme ist jedoch umstritten, denn sie erhöht zwar der pH-Wert des Bodens, doch im Sickerwasser, das in Flüsse und Seen gelangt, steigt die Konzentration von Nitrat und Schwermetallen. Insgesamt aber hat der Wald allen Unkenrufen zum Trotz überlebt, wenngleich es stellenweise noch immer Baumschäden gibt.

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