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Wetterphänomene

Europas Erde bebt täglich Hunderte Male: Wann ein Beben gefährlich wird

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Die Erde in Mitteleuropa bebt mehrere Hundert mal am Tag (Symbolbild).
(GettyImages)

 An manchen Orten dieser Welt sind Erdbeben wahrscheinlicher und gefährlicher als an anderen: Plötzlich hebt und senkt sich der Boden, Gebäude geraten ins Wanken oder stürzen sogar ein: Erdbeben können ganze Landstriche verwüsten.

Doch längst nicht jede Erschütterung der Erdoberfläche hat dramatische Folgen. Schwache Bodenbewegungen, die nur Messinstrumente wahrnehmen können, gibt es ständig auf der Welt.  Wenn die Erde bebt, bedeutet das nicht automatisch Chaos und Verwüstung.

Neben der Heftigkeit des Erdbebens kommt es auch auf eine Vielzahl anderer Faktoren an, darunter Ort und Dauer des Bebens sowie Bevölkerungsdichte, Bauweise und Bodenbeschaffenheit in der betroffenen Gegend. Geowissenschaftler unterscheiden deshalb zwischen der eigentlichen Stärke der Erdbebenquelle, der sogenannten Magnitude, und der Heftigkeit der Bodenbewegungen sowie der Schwere ihrer Auswirkungen an der Oberfläche, der sogenannten Intensität. 

Die Schwingung des Bodens

 Die Magnitude misst, wie viel seismische Schwingungsenergie ein Erdbeben an seinem Herd freisetzt – also an dem Punkt, von dem es ausgeht. Sie wird von Instrumenten, beispielsweise von Seismometern, gemessen und auf einer Magnitudenskala eingeordnet. Früher war das meist die Richterskala, benannt nach dem amerikanischen Seismologen Charles Richter. Diese ist für zuverlässige Werte allerdings auf Messungen in unmittelbarer Nähe der Erschütterung angewiesen. „Moderner und physikalisch viel sinnvoller ist deshalb die Momenten-Magnituden-Skala, die heutzutage von den meisten Geowissenschaftlern verwendet wird“, sagt Thomas Plenefisch, Seismologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover.  

Die Erde in Mitteleuropa bebt mehrere Hundert mal am Tag

 Auch wenn wir es in Mitteleuropa meist nicht wahrnehmen: Der Boden, auf dem wir gehen und stehen, ist ständig in Bewegung. So finden kleinste Erdstöße der Magnituden 1 und 2 weltweit mehrere hundert Male am Tag statt. Sie sind jedoch so schwach, dass sie nur von Messgeräten wahrgenommen werden können. 

Großbeben der Stärken 7 oder 8 sind dagegen glücklicherweise eher die Ausnahme. Je nachdem, wo sie stattfinden, können sie mit katastrophalen Folgen oder sogar Todesopfern einhergehen. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass die Stufen der Magnitudenskala nicht gleichmäßig ansteigen. „Die Skala folgt einem logarithmischen Maß“, erläutert Plenefisch. „Ein Beben der Stärke 6 setzt 30-mal so viel seismische Schwingungsenergie frei wie ein Beben der Stärke 5 – und damit sogar 900-mal so viel wie eines der Stärke 4.“ Das heftigste je gemessene Beben ereignete sich 1960 in Chile und hatte eine Stärke von 9,5. 

Die Stärke sagt nichts über das Ausmaß der Schäden

Allein anhand der Magnitude lässt sich jedoch nicht vorhersagen, ob ein Beben katastrophale Folgen nach sich ziehen wird, sagt Professor Torsten Dahm, Leiter der Sektion Erdbeben- und Vulkanphysik am Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. „So verursachten 2012 zwei Starkbeben im Indischen Ozean vor der Küste von Sumatra kaum Schäden, obwohl sie mit Magnituden von 8,6 und 8,2 zu den stärksten Beben gehörten, die je innerhalb der ozeanischen Kruste gemessen wurden.“ 

 Um den Schaden zu bemessen, arbeiten Forscher daher mit der Intensität, die auf subjektiven Beobachtungen und Schadensberichten durch Menschen beruht. Die Intensität eines Bebens wird auf einer Skala von 1 (keinerlei Wahrnehmungen durch Menschen) bis 12 (maximale Schäden und Landschaftsveränderung) festgelegt und kann im Gegensatz zur Magnitude über das betroffene Gebiet unterschiedlich ausgeprägt sein. „Jedes Erdbeben hat nur einen Magnitudenwert, kann aber je nach Beobachtungsort viele verschiedene Intensitätswerte haben“, erläutert Dahm. „Die Magnitude ist geographisch auf den Erbebenherd beschränkt, während die Intensität eine Landkarte mit verschiedenen Werten ergibt.“ 

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In der Nähe der Fidschi-Inseln kommt es häufig zu starken Beben, die aber meist so tief auftreten, dass sie kaum spürbar sind.
(Bodo Müller/dpa)

Der Ort des Geschehens

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 Zwar hängt die Intensität eines Erdbebens von seiner Magnitude ab, doch auch andere Faktoren spielen eine wesentliche Rolle. Dazu gehören etwa Ort und Tiefe der Erdstöße, sagt BGR-Experte Plenefisch. „Unter dem Südpazifischen Ozean, beispielsweise in der Nähe der Fidschi-Inseln, gibt es immer wieder starke Beben mit Magnituden von 6 oder 7.“ Diese ereigneten sich aber zum Teil in Tiefen von etwa 600 Kilometern und blieben deshalb an der Oberfläche fast ohne Auswirkungen. „Ein ähnlich starkes Beben in einer Tiefe von nur zehn Kilometern, also in der Erdkruste, könnte zum Beispiel in der Türkei verheerend sein.“ 

Die Art der Bebauung

 Große Unterschiede bestehen darüber hinaus bei Bevölkerungsdichte und Bauweise im jeweiligen Erdbebengebiet, sagt GFZ-Experte Dahm: „Es gibt immer wieder sehr starke Beben, die aber kaum Schäden erwarten lassen, entweder weil in der betroffenen Gegend gar keine Infrastruktur vorhanden ist, oder weil erdbebensicher gebaut wird.“ Besonders Kalifornien und Japan, die regelmäßig von Erdstößen heimgesucht werden, hätten viel höhere bauliche Standards als andere Länder.

So ist Seismologe Plenefisch zufolge die hohe Opferzahl beim Erdbeben im iranischen Bam im Dezember 2003, bei dem mehr als 40.000 Menschen ums Leben kamen, auch auf die Tatsache zurückzuführen, dass Gebäude und besonders Zimmerdecken dort hauptsächlich aus schwerem Lehm konstruiert gewesen seien. Dieser habe beim Einsturz viele Bewohner unter sich begraben.  Allein anhand der Heftigkeit der Bodenbewegungen lassen sich die Auswirkungen eines Erdbebens also nicht vorhersagen. Laut Thomas Plenefisch ist die Einschätzung von Erdbebenschäden ein  Vielparameterproblem. „Für eine schnelle erste Einordnung ist viel Erfahrung nötig.“ 

Wie man sich im Falle eines Erdbebens richtig verhält, hat das Geoforschungszentrum Potsdam in einem Merkblatt zusammengefasst. 

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