Diese heimischen Pflanzen sind giftig - und heilend zugleich | Weather.com

Achtung, diese Pflanzen sind giftig - und heilend zugleich

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Während einige Pflanzenarten Dornen oder Brennhaare ausbilden, um sich gegen Fressfeinde zu wehren, setzen andere auf die Biochemie: Sie produzieren Gifte als Abwehrmittel gegen Tiere. Auch dem Menschen können diese durchaus gefährlich werden. Doch über die Jahrhunderte hat die Heilkunde die Wirkstoffe für sich entdeckt. Denn richtig zubereitet und angewendet können zahlreiche Giftpflanzen auch heilende Kräfte haben. Unser Überblick stellt einige heimische Beispiele vor.

Die Dosis macht das Gift

Seit Jahrtausenden kennt, erforscht und nutzt die Menschheit die Tatsache, dass viele Pflanzen Stoffe enthalten, die im Körper biochemische Mechanismen auslösen. Auf der einen Seite wurde dieses Wissen für eher morbide Zwecke genutzt, etwa zur Herstellung von Waffen oder tödlichen Substanzen. Andererseits können Pflanzengifte durchaus wirksam als Heilmittel angewendet werden.

"Dabei kommt es jedoch immer auf die richtige Dosierung und Anwendung an", sagt Burkhard Bohne, Leiter des Versuchsbetriebes des IGZ Großbeeren bei Berlin (Leibniz-Institut für Gemüse und Zierpflanzenbau) und Autor mehrerer Kräuterbücher. Das nötige Wissen haben Kräuterkundler, Biologen, Pharmazeuten und Mediziner über Jahrhunderte erforscht und erarbeitet.

Keine Experimente!

Achtung: Grundsätzlich können Vergiftungen schwere gesundheitliche Schäden oder sogar den Tod verursachen − auf keinen Fall sollte man deshalb auf eigene Faust versuchen, aus giftigen Pflanzen oder ihren Bestandteilen Heilmittel herzustellen.

"Jede Selbstbehandlung muss unbedingt unterbleiben", unterstreicht Kräuterexperte Bohne.

Roter Fingerhut: Alle Pflanzenteile sind giftig

Alle Pflanzenteile des Roten Fingerhuts (Digitalis purpurea) sind giftig oder sogar sehr giftig – bereits der Verzehr von zwei bis drei getrockneten Blättern kann der Bonner Informationszentrale gegen Vergiftungen zufolge für Erwachsene tödlich sein.

Ihre toxische Wirkung verdankt die Pflanze sogenannten herzwirksamen Steroidglykosiden – die sie auch zu einem wirksamen Rohstoff für Herzmedikamente machen. Die Stoffe können die Kraft des Herzschlags steigern und gleichzeitig die Herzfrequenz senken. Präparate aus dem Roten Fingerhut werden deshalb unter anderem zur Behandlung von Herzschwäche eingesetzt.

Blauer Eisenhut: Gift kann über Haut aufgenommen werden

Als sehr giftig wird der Blaue Eisenhut (Aconitum napellus) eingestuft. Schon der Verzehr weniger Gramm der Pflanze kann lebensbedrohlich sein.

Zu den Symptomen gehören demnach ein Brennen und Kribbeln, das im Mund beginnt und sich anschließend über die ganze Haut bis zur völligen Gefühllosigkeit ausbreitet. Weitere Anzeichen sind Erbrechen, Durchfall, Sehstörungen, Muskellähmungen, starke Schmerzen, Wesensveränderungen, Kollaps, Herzrhythmusstörungen und Atemlähmung.

Seit den 1920er-Jahren in der Medizin jedoch verboten

Bei Kindern kann bereits das bloße Berühren der Blüten und anderer Pflanzenteile Symptome auslösen, da das Gift auch über die Haut und die Schleimhäute aufgenommen werden kann. Im Mittelalter wurde Blauer Eisenhut verwendet, um Schwerter und Pfeilspitzen zu vergiften.

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"Gleichzeitig wurden die Knollen der Pflanze als Arznei gegen fieberhafte Erkältungskrankheiten gehandelt", erläutert Pflanzenexperte Bohne. Seit den 1920er-Jahren ist die Verwendung der Pflanze in der Medizin jedoch verboten. Lediglich in der Homöopathie kommt der Wirkstoff in winzigen Dosen bei Beschwerden wie Neuralgien oder Herzstörungen zur Anwendung.

Schwarze Tollkirsche: Bewirkt erweiterte Pupillen

Die Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna) mit ihren verlockenden kirschenähnlichen Beeren gedeiht vor allem in Wäldern. Sie enthält für den Menschen giftige Alkaloide, die bei Verzehr umgehend zu starken Symptomen wie Atemnot oder Herzrasen führen können.

Auch ein trockener Mund, Hautrötungen und -erwärmung sowie Halluzinationen können auftreten. In der Vergangenheit wurde die Wirkung des Stoffes Atropin von Frauen kosmetisch genutzt: Er bewirkt stark erweiterte Pupillen, was als Schönheitsideal galt.

G​roße Verwechslungsgefahr

Heute macht sich die Augenheilkunde den Effekt zunutze – mit niedrig konzentriertem Atropin wird vor Untersuchungen der Augenmuskel vorübergehend gelähmt und die Pupille geweitet.

Die Verwechslungsgefahr mit essbaren Pflanzen ist bei Tollkirschen besonders groß, warnt Pflanzenexperte Burkhard Bohne: "Im Gegensatz zu anderen giftigen Pflanzen, die in der Regel sehr bitter schmecken, sind die Beeren der Tollkirsche süß." Dazu kommt, dass sie auch optisch an Kirschen erinnern. Besonders Kinder sind gefährdet: Bei ihnen kann schon der Verzehr von drei bis fünf Beeren tödlich sein.

Gefleckter Schierling: Lähmungserscheinung führt zum Ersticken

Bei den alten Griechen kam zur Vollstreckung von Todesurteilen einige Jahrhunderte lang der sogenannte Schierlingsbecher zum Einsatz – auch der Philosoph Sokrates wurde damit hingerichtet.

Seine tödliche Wirkung verdankte der Trank dem stark giftigen Alkaloid Coniin, das in allen Pflanzenteilen des Gefleckten Schierlings (Conium maculatum) enthalten ist.

"Eine tödliche Vergiftung mit dem Wirkstoff führt zu aufsteigenden Lähmungserscheinungen, die in den Füßen beginnen", erläutert Pflanzenexperte Bohne. Die eigentliche Todesursache ist Ersticken durch Lähmung des Atemapparates – in der Regel ist der Betroffene dabei noch bei vollem Bewusstsein.

In geringer Dosierung kam Coniin in der Vergangenheit auch zur Behandlung von Krampfhusten und Nervenschmerzen zum Einsatz – heute wird der Stoff in der Schulmedizin aufgrund seiner hohen Giftigkeit nicht mehr eingesetzt. In der Homöopathie werden Globuli aus dem Gefleckten Schierling bei Beschwerden wie etwa bei Drüsenverhärtungen, Neuralgien oder Verstimmungszuständen verwendet.

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