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Nach Dammbruch in Brasilien: Polizei nimmt TÜV-Prüfer fest | The Weather Channel
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Nach Dammbruch in Brasilien: Polizei nimmt TÜV-Prüfer fest

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Nach dem Bruch eines Damms in einer Eisenerzanlage im brasilianischen Staat Minas Gerais ist die Zahl der Todesopfer noch einmal stark angestiegen. Einsatzkräfte hätten inzwischen 84 Leichen geborgen, teilte ein Sprecher der lokalen Zivilschutzbehörde mit. Die Zahl der bestätigten Toten war zuvor noch mit 65 angegeben worden. 276 Menschen gelten noch als vermisst. Im Zusammenhang mit der Katastrophe gab es am Dienstag zudem fünf Festnahmen: Betroffen sind drei Mitarbeiter der Betreiberfirma Vale und zwei Angestellte des Münchner Unternehmens TÜV Süd, das nach eigenen Angaben den Unglücksdamm geprüft hatte.

„Wir können zum jetzigen Zeitpunkt bestätigen, dass zwei Mitarbeiter von TÜV Süd in Brasilien verhaftet wurden“, teilte die Firma am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur mit. „Aufgrund der laufenden Ermittlungen können wir zurzeit keine weiteren Auskünfte geben. Wir unterstützen die Ermittlungen vollumfänglich.“

Richterin: Katastrophe hätte verhindert werden können

Die Festnahmen erfolgten in Minas Gerais und in der Metropole São Paulo auf Anordnung von Richterin Perla Saliba Brito. Die Katastrophe hätte verhindert werden können, schrieb sie in einer Begründung laut dem Nachrichtenportal UOL. Es sei nicht glaubhaft, dass „Dämme von solcher Größe, betrieben von einem der größten Bergbauunternehmen der Welt, plötzlich ohne jedes Anzeichen von Anfälligkeit brechen“.

Die fünf müssten für 30 Tage in Untersuchungshaft bleiben, während Ermittler eine strafrechtliche Verantwortung prüften. TÜV Süd wollte nicht sagen, ob die festgenommenen Mitarbeiter aus der deutschen Zentrale kamen oder einer brasilianischen Zweigstelle. Vale stand bereits seit Tagen in der Kritik, weil es am Unglückstag nach Angaben von Anwohnern keinen Sirenenalarm gab.

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Demonstration in Rio de Janeiro

Nun kündigte der Konzern weitreichende Konsequenzen an. Das Unternehmen werde alle Dämme von der Bauart wie in Brumadinho und Mariana abreißen, sagte Konzernchef Fabio Schvartsman. Die Stilllegung der zehn baugleichen Dämme werde etwa fünf Milliarden Reais (1,18 Mrd Euro) kosten und die Eisenerzproduktion des Unternehmens um 40 Millionen Tonnen pro Jahr drosseln.

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In Rio de Janeiro erinnerten Demonstranten mit einer Kunstperformance an die Opfer des Unglücks und erhoben schwere Vorwürfe gegen Vale. Rotbraun beschmierte Menschen legten sich vor das Hauptquartier des Bergbaukonzerns im Stadtteil Botafogo und hinterließen ihre Handabdrücke an einer Glaswand. Eine schwarz verhüllte Frau trat als Tod auf, weitere Demonstranten enthüllten Plakate und beschrieben die Wände mit Slogans wie „Es war kein Unfall, es war ein Verbrechen“, „Mörder“ und „Gerechtigkeit für Brumadinho“.

Indigenes Volk fürchtet um seine Lebensgrundlage

Der Damm hielt Abraum aus rotbraunem Schlamm, der bei der Förderung von Eisenerz zurückbleibt, auf einem Berg bei Brumadinho zurück - bis er am vergangenen Freitag brach. Insgesamt ergossen sich rund zwölf Millionen Kubikmeter Schlamm auf eine Fläche von etwa 290 Hektar - das entspricht gut 400 Fußballfeldern. Einsatzkräfte setzten die schwierige Suche nach Überlebenden fort, doch zuletzt wurden immer mehr Tote aus dem Schlamm geborgen. Am Dienstagabend bestatteten Hinterbliebene in Brumadinho weitere Opfer.

Das Unglück hat offenbar auch Folgen für die Natur in der Umgebung. Ein Team der Nachrichtenagentur AP entdeckte rund 18 Kilometer flussabwärts vom Damm tote Fische und Abfall am Ufer des Paraopeba. An dem Fluss lebt das indigene Pataxó-Volk, das das Gewässer für Fischfang, zum Baden und für den Ackerbau nutzt. Doch hätten ihnen Beamte der brasilianischen Umweltbehörde mitgeteilt, dass sie all dies nicht mehr tun dürften, sagte Dorfvorsteher Hayo, der nur einen Namen hat. „Wir können noch nicht einmal unsere Pflanzen bewässern, weil sie sagen, dass das dem Boden schadet.“

WWF: „Auch deutsche Unternehmen tragen Verantwortung"

Zwei Gutachter der Umweltbehörde nahmen Wasserproben und sprachen mit den Stammesmitgliedern, gaben jedoch keine Auskunft über mögliche Erkenntnisse. Das Amt teilte der AP indes später mit, dass es den Betreiber Vale zur Beseitigung der toten Fische aufgefordert habe. Die Kadaver hätten „Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung“. Ob die Pataxó davor gewarnt wurden, dass das Wasser unsicher geworden sein könnte, wurde nicht gesagt.

Angesichts der Katastrophe und möglicher Umweltschäden rief die Naturschutzorganisation WWF deutsche Unternehmen dazu auf, Verantwortung zu übernehmen. Deutschland beziehe über 50 Prozent seines importierten Eisenerzes aus Brasilien und zähle zu den größten Abnehmern des Rohstoffs. „Der Dammbruch zeigt, welch unfassbares Leid der Abbau von Rohstoffen verursachen kann“, sagte Jörg-Andreas Krüger vom WWF. „Auch deutsche Unternehmen tragen hierfür Verantwortung, wenn sie Rohstoffe aus solchen Bergwerken importieren.“

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