Hurrikan-Drama: Florida wird drei Mal in einem Jahr getroffen | Weather.com
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Florida traumatisiert: Big Bend wird drei Mal in einem Jahr von Hurrikanen verwüstet

Die Sonne geht unter am Steinhatchee-Fluss, der in den Golf von Mexiko fließt. Am Boden liegen überall verteilt die Trümmer der zerstörten Steinhatchee-Marina. (AP Photo/Kate Payne)
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Die Sonne geht unter am Steinhatchee-Fluss, der in den Golf von Mexiko fließt. Am Boden liegen überall verteilt die Trümmer der zerstörten Steinhatchee-Marina. (AP Photo/Kate Payne)

Brooks Hiers hat mit ihrer Familie in Florida ein Jahr lang in einem Wohnwagen gehaust, nachdem der Hurrikan Idalia im August 2023 ihre kleine Heimatstadt Horsehoe Beach am Golf von Mexiko heimgesucht hatte. Während dieser Zeit bauten sie und ihr Ehemann Clint ihr vom Wirbelsturm zerstörtes Haus selbst wieder auf - was sie alle ihre Ersparnisse kostete. Ende August zogen sie schließlich aus dem vom Staat zur Verfügung gestellten Wohnwagen aus, Ihre neue Bleibe war fast fertig, sie mussten nur noch ein paar elektrische Arbeiten ausführen.

Aber diesen Job werden sie nie erledigen können. Hurrikan Helene riss ihr so mühsam wiederaufgebautes Haus von seinen 1,20 Meter hohen Grundpfeilern, und die Fluten vom Golf von Mexiko schwemmten es in den Nachbargarten. Sie habe es nie für möglich gehalten, dass so etwas gleich zwei Mal passiert, sagt Hiers. „Ich weiß nicht, ob das jemand zuvor in der Geschichte der Hurrikane erlebt hat.“

„Worte wie ‚unglaublich‘ verlieren ihre Bedeutung“

Tatsächlich ist es das dritte Mal innerhalb von 13 Monaten, dass Floridas Küstenregion Big Bend direkt von einem Hurrikan getroffen wurde - ein dreifacher Schlag in einem gerade Mal 80 Kilometer kurzen Abschnitt der mehr als 13.500 Kilometer langen Küstenlinie Floridas. Erst kam Idalia, dann Debby im August und vergangene Woche schließlich Helene. Alle drei wirbelten in Big Bend an Land. Worte wie „unglaublich“ begännen, ihre Bedeutung zu verlieren, sagt Hiers, die dem Gemeinderat von Horseshoe angehört. „Ich habe sie alle benutzt: Katastrophal, verheerend, herzzerreißend (...) nichts davon erklärt, was hier geschehen ist.“

Jetzt stehen die betroffenen Einwohner vor der Frage, ob sie es überhaupt noch einmal versuchen sollen, hier in dieser sturm- und flutanfälligen Gegend ihre Häuser wiederaufzubauen - wenn sie es sich denn überhaupt leisten können. Und sie müssen dabei einkalkulieren, was Wissenschaftler sagen: dass Hurrikane auf Grund des Klimawandels häufiger und stärker werden.

Lebensersparnisse werden einfach weggespült

Brooke und Clint Hiers sind wie viele andere hier nicht in der Lage, das Geld für die Haus- und Flutversicherung aufzubringen, die in Florida wegen der häufigen Stürme wesentlich teurer ist als anderswo. Abgesehen davon, dass sie in manchen Fällen auch gar nicht erst angeboten wird. Einwohner in Big Bend, die erlebt haben, wie ihre Lebensersparnisse wiederholt im wahrsten Sinne des Wortes weggespült wurden, haben wenige Optionen - die Gemeinden zu verlassen, in denen ihre Familien seit Generationen gelebt haben, Zehntausende Dollar für den Wiederaufbau ihrer Häuser auszugeben - laut Vorschriften auf Pfeilern - oder in ein Wohnmobil umzuziehen, mit dem sie vor Stürmen und Fluten flüchten können.

Wiederum vorausgesetzt, dass diese Dinge für sie finanziell machbar sind. Helene hat viele Einwohner gezwungen, bei Angehörigen oder Freunden zu wohnen, in ihrem Auto zu schlafen oder in dem, was von ihren beschädigten Häusern übrig geblieben ist.

„Sie können nirgendwo hin“

Janalea England hat - wie schon nach Idalia - ihren kommerziellen Fischmarkt in Steinhatchee in ein improvisiertes Zentrum zum Verteilen von Spenden wie Wasser, Konservenbüchsen, Windeln, Seife, Kleidung und Schuhen umgewandelt. Einwohner kommen und gehen am laufenden Band. „Ich habe niemals so viele Menschen obdachlos gesehen wie jetzt. Nicht in meiner Gemeinde“, sagt England. „Sie können nirgendwo hin.“

Die spärlich bevölkerte Region Big Bend ist bekannt für ihre Pinienwälder und unberührten Salzmarschen, die sich so weit erstrecken wie das Auge reicht - ein entlegener Küstenabschnitt, der weitgehend vom Gedränge an Eigentumswohnungen, Golfplätzen und Souvenir-Ladenzeilen verschont geblieben ist, wie man es sonst häufig in Florida sieht. Es ist ein Ort, an dem sich Lehrer, Fabrikarbeiter und Haushaltskräfte das Wohnen in Fußmarschnähe zu den weißen Golfstränden noch leisten konnten. Zumindest, bevor ein dritter Hurrikan in Folge ihre Häuser in Trümmer verwandelte.

Manche verloren sogar ihre Schuhe in den Fluten

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Helene war so zerstörerisch, dass vielen Einwohnern kaum mehr als die Kleider geblieben sind, die sie am Leibe trugen, als der Hurrikan zuschlug. Manche verloren sogar ihre Schuhe in den steigenden Fluten. „Leute hatten nicht einmal eine Weihnachtsbaumkugel zum Aufheben (aus den Trümmern) oder einen Teller aus ihrer Küche“, sagt Hiers. „Es war schlicht weg.“

Angesichts vernichteter Jachthäfen, zerstörter Restaurants und Ferienhäuser haben viele kommerzielle Fischer, Servier- und Reinigungskräfte am selben Tag sowohl ihr Haus als auch ihren Arbeitsplatz verloren. Die Beschäftigten in einem Sägewerk und einer Papierfabrik - zwei Hauptarbeitgeber in der Region - wurden bereits im vergangenen Jahr entlassen.

Zu ihnen gehört Hud Lilliott, der jetzt durch Helene auch noch sein Haus los wurde. Er und seine Frau würden gern wiederaufbauen, aber sie wissen nicht, woher das Geld dafür kommen soll. Es gibt Hilfen von der Regierung, aber weitgehend in der Form von Darlehen, die man irgendwann zurückzahlen muss. Das ist schwer vor allem für Ältere ohne Job.

Künftig Wohnmobil statt Haus

„Wir haben unser ganzes Leben lang gearbeitet, und wir sind dem, was man ‚goldene Jahre‘ nennt, so nahe“, sagt Laurie. „Es ist, als ob man das Licht sehen kann, und plötzlich wird es dunkel.“

Dave Beamer hat sein Haus in Steinhatchee nach Idalia wieder aufgebaut - nur um es nun in die Marsch davonschwimmen zu sehen. „Ich glaube nicht, dass ich das noch mal tun kann“, sagt er. Er wird in der Stadt bleiben, aber in einem Haus auf Rädern: Er will einen Campingwagen kaufen und einen Carport bauen, in dem er ihn abstellen kann.

Auch Hiers und ihr Mann werden sich nach eigenen Angaben wahrscheinlich ein Wohnmobil zulegen und es dort parken, wo einst ihr Haus stand. „Du hast das Gefühl, dies könnte das Ende der Dinge sein, wie du sie kanntest. Deiner Stadt. Deiner Gemeinde“, sagt sie. Im Augenblick wisse sie nicht einmal, wie sie sich von all dem erholen könne.

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