Warm, nass, wechselhaft: Eine Bilanz des Sommers 2024 | Weather.com

Warm, nass, wechselhaft: Eine Bilanz des Sommers 2024

Regnerischer Sommer: Wer hat vom Nass profitiert und wer nicht?
(Henning Kaiser/dpa)

Warm, nass, wechselhaft - so lässt sich der Sommer 2024 zusammenfassen. Nach mehreren Dürrejahren bis 2022 ist das eine gute Nachricht. Wie Böden und Vegetation vom zweiten regenreichen Sommer in Folge profitieren und warum es mancherorts eben doch zu viel des Guten in kurzer Zeit war, in der Übersicht:

Wie blicken Meteorologen auf den Sommer?

Wer sich im rückblickenden Sommer-Smalltalk auf Fakten stützen will, dem liefert der Deutsche Wetterdienst (DWD) die passende Grundlage: Eine Mitteltemperatur von 18,1 Grad Celcius, 650 Sonnenstunden - all das übertrifft das langjährige Klimamittel recht deutlich.

Mit knapp 253 Litern Regen pro Quadratmeter ist in NRW im Vergleich zum letzten sehr nassen Sommer aber so viel heruntergekommen wie im Durchschnitt des Vergleichszeitraums von 1991 bis 2020. Damit sei der Sommer "insgesamt besser als sein Ruf", fasst Thomas Kesseler-Lauterkorn, stellvertretender Leiter des Regionalen Klimabüros des DWD in Essen, zusammen.

"Allerdings fehlte eine längere stabile sommerliche Lage. Immer wieder kippte es recht schnell in die nächste Schauer- und Gewitterlage", sagt er. Nicht selten mit hoher Luftfeuchtigkeit verbunden, die manche als belastend empfinden, wie er hinzufügt.

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Schlagzeilen machten immer wieder auch zahlreiche Gewitter und Starkregen, die örtlich für überschwemmte Keller und überflutete Straßen sorgten. An kleinen und mittleren Gewässern wurden im Juli und August von NRW-Hochwasserzentrale lokal und kurzzeitig Informationsstufen 1 und 2 erreicht. Heißt: Örtlich traten Bäche über die Ufer, kleine Flüsse fluteten Straßen oder Felder. Große Hochwasserlagen gab es jedoch keine.

Kommt das Wetter den Böden und Wasserreservoirs zugute?

Dank des durchschnittlichen Regens habe sich die Erholung von den Trockenjahren 2018 bis 2022 fortgesetzt, bilanziert das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv). Zum Ende des Sommers im August befanden sich die Grundwasserstände für diese Jahreszeit auf hohem Niveau, heißt es in dem entsprechenden hydrologischen Bericht. Auch die Stauinhalte der Talsperren lagen Ende August mit rund 79 Prozent für die Jahreszeit auf einem hohen Niveau.

Das hat nicht nur mit den Niederschlägen des Sommers, sondern mit insgesamt regenreichen Zeiten zu tun: So seien in den letzten zwölf Monaten insgesamt 1219 Liter pro Quadratmeter gefallen - das entspricht einem Plus von 43 Prozent gegenüber dem langjährigen Durchschnittswert, wie Roland Funke, Fachbereichsleiter Hydrologie bei Lanuv vorrechnet. Vor allem der Mai sei sehr niederschlagsreich gewesen.

Und doch seien die Oberböden bis in einer Tiefe von 25 Zentimetern im August vereinzelt in NRW ungewöhnlich trocken gewesen, zeigten stellenweise sogar leichte Dürreerscheinungen, so der Hydrologe. Das sei auf die hohe Verdunstungsrate zurückzuführen, die mit den hohen Lufttemperaturen einhergeht. In Kombination mit einem erhöhten Wasserbedarf im August, seien die Grundwasserstände daher auch zuletzt entsprechend gefallen. Das sei jedoch "jahreszeittypisch", so Funke. In den tieferen Bodenschichten gebe es aktuell aber keine Dürre.

Waldvegetation atmet auf - Regen kann nicht alles heilen

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Aufatmen konnte auch der Wald in NRW. Es gab keine lange Trockenperiode, vor allem im Norden des Bundeslandes sei die Wasserversorgung für die Vegetation sehr gut, sagt Malin Schneider-Pluppins, Sprecherin des Landesbetriebs Wald und Holz.

Damit liege nicht nur eine ruhige Saison in Sachen Waldbrandgefahr hinter den Forstwirten: "Für das Pflanzenwachstum und damit auch für die Bäume haben die Bedingungen besonders gute Wachstumsvoraussetzungen geschaffen", sagt sie. Das gilt auch überall dort, wo neuer Wald nachwachsen soll: Sowohl gepflanzte Bäume als auch solche, die sich selbst ausgesät haben, konnten besser anwachsen.

Allerdings bedeute das nicht eine plötzliche Gesundung des Waldes, betont Schneider-Pluppins. Manche Bäume hätten in den Dürrejahren Schäden davongetragen, die auch ein regenreicher Sommer nicht reparieren könne. Immerhin: Der Borkenkäfer konnte in diesem Jahr nicht so wüten, wie zuvor: Regen helfe den Bäumen ihre Abwehrmechanismen zu aktivieren, Harz zu bilden und so den Schädling auf Abstand zu halten.

Feuchte Wärme wiederum schaffe gute Bedingungen für verschiedene andere Schadorganismen - und damit teilweise neue Herausforderungen für den Wald: Immer häufiger wird beispielsweise an Eichen ein Befall des Eichenprachtkäfers festgestellt. Er liebe die Wärme und könne vor allem an geschwächten Eichen zum Problem werden, wenn Waldbesitzer nicht wachsam seien und befallene Bäume rechtzeitig fällen, so Schneider-Pluppins.

Landwirte ziehen gemischte Bilanz: Der Mix macht's

Ob Landwirte zufrieden oder unzufrieden aus dem Sommer hervorgehen, hängt stark davon ab, auf welche Mischung sie auf ihren Feldern setzen. Unterdurchschnittlich fiel vor allem die Weizenernte aus, berichtet Jan-Malte Wichern von der Landwirtschaftskammer. Das liege aber bereits in den schlechten, weil zu nassen Aussaatbedingungen des vergangenen Herbstes. Auch ob die zwar groß gewachsenen Rüben in Sachen Zuckergehalt Schritt halten können, ist angesichts des durchwachsenen Sommerwetters fraglich.

Das Sommergetreide dagegen habe durchaus vom Wetter profitieren können, ebenso wie vielerorts der Mais oder Soja- und Ackerbohnen, die Wärme und Feuchtigkeit mögen. Auch wer Kühe füttern muss, profitierte vom feuchtwarmen Sommer: Anders als in so manchem Dürrejahr wuchs das Gras ausreichend.

Auch wenn jede Kultur auf Wasserversorgung angewiesen ist: Kräftige Regen machen es den Landwirten schwerer ihre Früchte zu pflegen, erklärt Wichern: Traktoren können auf den durchnässten Böden nicht gut eingesetzt werden. Bauern können dann nicht düngen oder zur rechten Zeit säen und ernten. "Es braucht immer wieder auch stabile Trockenheitsfenster, das war nicht immer überall gegeben." Und: "Feuchtes, warmes Wetter begünstigt in manchen Kulturen auch Pilzkrankheiten", sagt Wichern. So hat mancherorts Krautfäule zu Ernteeinbußen bei Kartoffeln gesorgt.

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