Weiteres Leben im All? Uralter Planet macht Forschern Hoffnung

Weiteres Leben im All? Neue Hinweise zum Planeten Proxima Centauri b

This artist’s impression shows a view of the surface of the planet Proxima b orbiting the red dwarf star Proxima Centauri, the closest star to the Solar System. The double star Alpha Centauri AB also appears in the image to the upper-right of Proxima itself. Proxima b is a little more massive than the Earth and orbits in the habitable zone around Proxima Centauri, where the temperature is suitable for liquid water to exist on its surface.
So könnte die Oberfläche von Proxima Centauri b aussehen mit dem Blick auf den roten Zwergstern Proxima Centauri, den er umkreist.
(ESO/M. Kornmesser)

Beim Blick in den Südsternhimmel, etwa in Australien, könnten Beobachter auf einen Planeten schauen, der Leben trägt. Er umkreist unseren nächsten Nachbarn im All, den gerade 4,2 Lichtjahre entfernte Stern Proxima Centauri. Dieser zählt zur Klasse der Roten Zwerge und gehört dem Dreifachsystem Alpha Centauri an, das als eines der hellsten Objekte am Südhimmel erscheint.

Seit 2016 Hoffnung auf erdähnlichen Planeten

Im Sommer 2016 fanden Astronomen in seinem System einen Planeten mit der Bezeichnung Proxima Centauri b, der vermutlich in der Lebenszone seiner Sonne kreist; dort sind die Temperaturen so beschaffen, dass Wasser flüssig vorliegt. Mit 1,3 Erdmassen ist er unserer Heimatwelt recht ähnlich (Die Erde weist 1 Erdmasse auf). Prompt betrachteten ihn Astrobiologen als vielversprechendstes Ziel bei der Suche nach außerirdischem Leben.

Entdeckung von zerstörerischer Strahlung

Die Hoffnung, dort tatsächlich Spuren von Organismen zu finden, war aber bald verflogen. Denn es zeigte sich, dass Proxima Centauri seine Umgebung alle paar Monate mit sterilisierender Strahlung überflutet. So beobachteten Astronomen im März 2016 einen Strahlensturm, der zehnmal stärker war als alle bekannten früheren Ausbrüche. Darauf folgten weitere, jedoch schwächere Ausbrüche.

Aus den Daten errechneten US-Forscher, dass der ungastliche Himmelskörper mindestens fünfmal pro Jahr Strahlenfluten ins All schleudert. Dies wirkt sich auf die bei Proxima Centauri b vermutete Atmosphäre aus: Wäre sie erdähnlich, hätte die Strahlung in nur fünf Jahren 90 Prozent der Ozonschicht zerstört, die uns auf der Erde vor dem zerstörerischen UV-Licht der Sonne schützt.

In einigen hunderttausend Jahren würde das Bombardement die Atmosphäre von Proxima Centauri b sogar gänzlich hinaus ins All reißen. Dann wäre seine Oberfläche der kosmischen Strahlung schutzlos ausgesetzt.

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Gebremste Eigenumdrehung der Planeten

Für das potenzielle Leben bei Roten Zwergen kommt es noch härter. Ihre Planeten rotieren in der Regel „gebunden“: Weil sie so nahe an ihrem Stern stehen, bremst dessen Schwerkraft ihre Eigendrehung, bis sie während einer Umkreisung gerade noch einmal um ihre Achse rotieren. Ein Tag dort entspricht also einem Planetenjahr.

Möglichkeit der Existenz von gemäßigten Temperaturen

Solche Trabanten (Satelliten) wenden ihrem Stern stets die gleiche Seite zu, wie auch der Mond der Erde. Auf ihrer Tagseite steht eine riesige, rötlich glimmende Sonne am Firmament, die niemals untergeht. Gegenüber, auf der Nachtseite, herrscht dagegen immerwährende Finsternis. Entsprechend ist es auf der Sonnenseite sehr heiß und auf der Rückseite sehr kalt, wobei der Druck- und Temperaturausgleich über starke Winde erfolgt. Allerdings könnte es zwischen den Hemisphären, Zonen mit gemäßigten Temperaturen geben.

Planet Proxima Centauri b erneut als potenzieller Lebenshort

Jetzt bringt eine neue Studie, die im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ erschien, Proxima Centauri b als potenziellen Lebenshort zurück ins Spiel. Die Himmelsforscher Jack O’Malley-James und Lisa Kaltenegger vom Carl Sagan Institute der Cornell University in Ithaca (US-Staat New York) ermittelten darin, wie viel UV-Strahlung die Planeten der Roten Zwerge im Durchschnitt empfangen.

Vergleich mit den Verhältnissen auf der Erde in der Urzeit

Diesen Wert verglichen sie mit den Verhältnissen auf der Erde in der Urzeit des Sonnensystems, das vor 4,56 Milliarden Jahren entstand. „Die wichtigste Barriere für die Bewohnbarkeit dieser Welten ist die Aktivität ihrer Zentralsterne“, betont O’Malley-James im Wissenschaftsportal „Universe Today“. „Sie baden die Trabanten nicht nur in hohen Dosen biologisch schädlicher Strahlung, sondern steigern mit ihrer Röntgen- und Partikelstrahlung das Risiko, dass die Atmosphäre mit der Zeit weggerissen wird, wenn der Planet sie nicht schnell genug nachliefern kann.“

Modelloberflächen von potenziell bewohnbaren Planeten

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Um herauszufinden, ob Leben unter diesen Bedingungen Bestand haben könnte, modellierten die Studienautoren die Oberflächen von vier nahe gelegenen potenziell bewohnbaren Planeten, die um Rote Zwerge kreisen, und versahen sie in der Simulation mit unterschiedlichen Gashüllen. Neben Proxima Centauri b waren dies die Trabanten mit den Katalognummern Ross-128b, LHS-1140b und TRAPPIST-1e. Letzterer gehört einem 40 Lichtjahre entfernten System mit sieben Planeten an, von denen drei in der Lebenszone ihres Sterns liegen.

Modellatmosphären entsprachen der heutigen Erde und alten Urerde

Die Modellatmosphären entsprachen zum einen der heutigen Lufthülle der Erde, zum anderen aber durch Strahlung ausgedünnten sowie Sauerstoff-freien Gashüllen, wie sie vor vier Milliarden Jahren auch die Urerde umgab. Diese können keinen Ozonschirm bilden, der das UV-Licht blockiert, und schützen auch sonst kaum vor der Strahlung. Hinzu kommen giftige atmosphärische Gase, die von Vulkanen ausgespien wurden. Organismen, wie wir sie kennen, konnten in dieser lebensfeindlichen Umwelt nicht existieren.

Möglichkeit auf Existenz von Leben trotz Strahlung

Erwartungsgemäß zeigten die Simulationen, dass bei ausgedünnter Atmosphäre und einer schwindenden Ozonschicht mehr hochenergetische UV-Strahlung die Planetenoberflächen erreicht. Doch als die Forscher ihre Modelle mit den Verhältnissen auf der frühen Erde verglichen, ergab sich ein verblüffendes Resultat. „Wenig überraschend war die UV-Intensität am Boden höher, als wir es heute erleben“, erklärt O’Malley-James. „Interessanterweise war die UV-Strahlung aber selbst bei den Planeten der aktivsten Sterne schwächer als die, die auf die frühe Erde prasselte. Wir wissen aber, dass diese schon Leben trug, deshalb sind die Aussichten für Planeten bei Roten Zwergen nicht ganz so düster.“ Dies bedeutet, dass Leben auf nahen Planeten wie Proxima Centauri b existieren kann, trotz der harschen Strahlungsverhältnisse.

Hohes Alter des Sterns erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Leben

Hinzu kommt, dass der Stern Proxima Centauri 4,85 Milliarden Jahre als ist – also 200 Millionen Jahre älter als unsere Sonne. Dies dürfte die Wahrscheinlichkeit, dort Organismen vorzufinden, noch erhöhen. Nach heutigem Wissen tauchten die ersten irdischen Lebensformen vor ungefähr 3,5 Milliarden Jahren auf, also etwa eine Milliarde Jahre nach der Entstehung unseres Planeten. Wäre Proxima Centauri b kurz nach der Geburt seines Sterns aus einer protoplanetaren Gas- und Staubscheibe entstanden, wie dies auch bei der Erde der Fall war, hätte Leben dort nicht nur ausreichend Zeit gehabt, sich zu entwickeln, sondern auch, sich auf dem Trabanten festzusetzen.

Bezug auf das Leben der Erde vor Milliarden Jahren

Selbst wenn es auf der fernen Welt nur einzellige Organismen gäbe, wäre dies ein ermutigendes Signal, urteilen die Studienautoren. Denn es würde beweisen, dass Leben über unser Sonnensystem hinaus möglich ist. „Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie können wir auf das Leben Bezug nehmen, wie es vor einigen Milliarden Jahren die Erde bevölkerte: Eine Welt einzelliger Mikroben, die in harte UV-Strahlung getaucht war“, schlussfolgert O’Malley-James.

„Diese urtümliche Biosphäre kommt den Verhältnissen auf bewohnbaren Planeten Roter Zwerge am nächsten, was uns den Schlüssel für die Suche nach Leben in diesen Systemen liefern könnte.“ Tatsächlich verstehen Astrobiologen immer besser, welche Signaturen in den Atmosphären solcher Trabanten die Existenz von Organismen verraten.

Studium der Erde als Voraussetzung

Wie immer beginne die Suche nach Leben im Kosmos mit dem Studium der Erde, denn sie sei der einzige bekannte bewohnbare Planet, resümieren O’Malley-James und Kaltenegger. Es sei deshalb wichtig zu wissen, unter welchen Bedingungen die Organismen langfristig überleben und sich weiter entwickeln konnten. Schließlich mussten sie während der ganzen Erdgeschichte auf Veränderungen in der Umwelt reagieren, wobei sie sich selbst drastisch veränderten.

Proxima Centauri b ein möglicher Wasserplanet

Entscheidend für die Persistenz des Lebens könnte sein, dass es im Wasser entstand und die frühen Einzeller fast zwei Milliarden Jahre lang nur die Ozeane bevölkerten. Auch Proxima Centauri b könnte ein Wasserplanet sein, wie eine frühere Analyse nahelegt. Dies könnte die Entstehung und den Fortbestand von Lebewesen in unserem Nachbarsystem zusätzlich begünstigt haben.

Hoffnung auf weitere belebte Welten

Dem Resultat der aktuellen Studie zufolge könnte es mehr belebte Welten geben als bisher gedacht. Denn Rote Zwerge sind die häufigsten Sterne im Universum; rund drei Viertel aller Sonnen gehören zu dieser Kategorie. Um sie kreisen entsprechend auch die meisten Planeten. Einer Statistik britischer Astronomen zufolge besitzt jeder der kleinen, rötlich leuchtenden Himmelskörper mindestens einen Trabanten, und bei jedem Fünften kreist wenigstens ein Planet in der habitablen Zone, in der Leben prinzipiell möglich ist.

Langes Leuchten als Hinweis für Entstehung von Leben

Überdies leuchten Rote Zwerge extrem lang – abhängig von ihrer Masse zwischen mehreren zehn Milliarden und Billionen von Jahren. Dies liegt deutlich über dem Alter des Universums, das vor ca. 13,8 Milliarden Jahre entstand, und öffnet so ein langes Zeitfenster für die Entstehung von Leben. Zum Vergleich: Sterne wie unsere Sonne haben eine Lebensdauer von rund zehn Milliarden Jahren. Angesichts dieser Zahlen glauben viele Himmelsforscher, dass die meisten Lebensformen im All in solchen Systemen vorkommen.

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