Anders als angenommen: Wie tropische Gebirge unsere Eiszeiten auslösten | The Weather Channel
Advertisement
Advertisement

Klima

Anders als angenommen: Wie tropische Gebirge unsere Eiszeiten auslösten

Am Beispiel der vulkanischen Inselketten Indonesiens und des benachbarten Papua-Neuguinea entwickelte ein Forscherteam eine neue Theorie zur Entstehung von Eiszeiten.
(Getty Images)

In den vergangenen 500 Millionen Jahren gab es ein halbes Dutzend Eiszeitalter, in denen die Pole und große Teile der Kontinente von Gletschern bedeckt waren. Was die kalten Phasen verursachte, ist indes immer noch weitgehend unklar. Zwar spielen Änderungen der Erdbahn eine Rolle, doch diese können nicht das ganze Ausmaß der globalen Temperaturstürze erklären.

Forscher um den Geologen Francis Macdonald von der University of California in Santa Barbara fanden eine neue Spur. Sie untersuchten, wie sich die Entstehung und anschließende Verwitterung vulkanischer Bergketten auf das Erdklima auswirkt.

Prozess der Verwitterung wirkt wie ein Thermostat

Das Ergebnis trug Macdonald bei der Jahreshauptversammlung der American Geophysical Union (AGU) im Dezember in Washington vor. Demnach beeinflussen mehrere Prozesse das Klima. Zuerst speien die Vulkane, die an Land große Flächen mit Lava überfluten oder ihre Kegel auftürmen und im Meer Inselketten entstehen lassen, große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) in die Luft. Das ließ die Erdtemperatur steigen. Dann aber setzt die Verwitterung ein. Sie geht mit chemischen Reaktionen einher, die das Gas bindet und somit wieder aus der Luft holt. So wirkt dieser Prozess wie ein Thermostat, der die Erwärmung wieder zurück dreht und eine Kaltzeit einleitet.

Macdonald und seine Kollegen entwickelten diese Idee am Beispiel der vulkanischen Inselketten Indonesiens und des benachbarten Papua-Neuguinea. Dort treffen mehrere tektonische Platten aufeinander und schieben sich über- und untereinander. Aufgrund dieser tektonischen Prozesse wuchsen die Eilande samt ihrer Feuerberge vom Meeresgrund empor. Einmal an der Luft, begann das vulkanische Gestein rasch zu verwittern.

Indonesien absorbiert zehn Prozent des CO2 auf der Erde

Vor allem die tropischen Regenfälle lassen die kalzium- und magnesiumreichen Mineralien, aus denen die Berge hauptsächlich bestehen, erodieren. In Verbindung mit Wasser und CO2 aus der Atmosphäre entstehen daraus und Magnesium- und Kalziumkarbonat; aus letzterem bildet sich Kalkstein, der irgendwann am Meeresgrund landet. Diese chemischen Reaktionen verbrauchten das in der irdischen Lufthülle vorhandene CO2 über viele Millionen Jahre hinweg in erheblichem Umfang. Damit wird die Verwitterung zur globalen „Senke“, in der das Gas verschwindet.

Dieser Prozess spielt für die Entwicklung des Klimas eine wichtige Rolle. Für Indonesien machten die Studienautoren folgende Rechnung auf: Mit seinem 270 Millionen Einwohnern emittiert der Inselstaat durch Abholzung von Regenwäldern, die daraus resultierenden verheerenden Waldbrände und die Nutzung von Kohle als Energiequelle, aber auch durch zahlreiche Vulkanausbrüche große Mengen des Treibhausgases und trägt damit erheblich zur globalen Erwärmung bei. Doch langfristig holen Indonesiens verwitternde Vulkane mehr CO2 wieder aus der Luft. „Das Land macht zwei Prozent der Landfläche der Erde aus, absorbiert aber zehn Prozent des CO2,“ konstatieren die Studienautoren.

Forscher untersuchen weitere erdgeschichtliche Ereignisse

Dass Änderungen im CO2-Gehalt der Atmosphäre aufgrund der Plattentektonik die Erdtemperatur bestimmen, wissen die Geologen schon länger. Unklar war aber, was die Heizung auf- oder zudreht. Jetzt könnten die Studienautoren den Mechanismus gefunden haben. Um ihre Hypothese zu untermauern, suchten sie nach weiteren erdgeschichtlichen Ereignissen, die mit einer globalen CO2-Senke in Verbindung stehen.

Dazu untersuchten sie die Abfolge von der Entstehung vulkanischer Inselketten und deren Verwitterung in den vergangenen 500 Millionen Jahren. Dabei zeigte sich, dass vor 90 und 50 Millionen Jahren solche Inseln im damaligen Thetys-Ozean auf die Kontinentalplatten von Asien und Afrika prallten. Im Gefolge dieser Kollisionen traten jeweils Kaltzeiten auf.

Sorgten die Appalachen für eine zwei Millionen Jahre lange Eiszeit?

Die Appalachen erstrecken sich im Osten der USA über mehr als 2000 Kilometer.
(Getty Images)

Ein ähnlicher Zusammenprall hob vor 460 Millionen Jahren im Osten Nordamerikas die Appalachen empor. Zuerst schien dies nicht zur Hypothese von Macdonald zu passen. Denn das Gebirge liegt in den Subtropen, wo die Verwitterung langsamer verläuft. Dann zeigten Analysen magnetischer Feldlinien, die in seinem Gestein gleichsam eingefroren waren, dass die Bergkette inmitten der Tropen entstanden sein musste. Als sie sich auftürmte, folgte eine zwei Millionen Jahre lang anhaltende Eiszeit. „Macdonalds Gruppe entwickelt eine ziemlich überzeugende Geschichte, dass dies der Klimatreiber in der Erdgeschichte war“, sagte der Paläoklimatologe Lee Kump von der Pennsylvania State University, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber dem Wissenschaftsjournal „Science“.

Insgesamt ergab sich die Übereinstimmung bei den sechs wichtigsten Eiszeitaltern der vergangenen 500 Millionen Jahre. „Diese Umweltbedingungen bestimmen im Lauf der Zeit das Erdklima“, bekräftigt Studienhauptautor Macdonald. „Wenn das Klima einen Hauptschalter hat, dann könnte es das Emporwachsen vulkanischer Gebirge wie derzeit in Indonesien sein.“

Entstehungsort der Verwitterung und Klima spielen eine Rolle

Allerdings könnten die untersuchten Fälle Ausnahmen sein. Deshalb stellten Macdonald und seine Kollegen die Daten aller tektonischen Risse – sie entstehen bei Kollisionen von Erdplatten – zusammen, die in den letzten 500 Millionen entstanden und so genannte Ophiolithen enthalten. So nennen die Geologen vulkanische Mineralien, die sich in Sedimenten am Meeresgrund finden. Die Forscher wollten anhand von Magneteinschlüssen und Modellen der Kontinentaldrift herausfinden, ob deren Ursprung in den Tropen lag und wann sie entstanden waren. Tatsächlich ergab sich eine starke Korrelation mit vergangenen Kaltzeiten.

Allein die Orte zu bestimmen, an denen das Gestein verwittert, genügt aber nicht. Auch das Klima spielt eine Rolle. So enthält der sibirische Trapp, der vor 252 Millionen Jahren durch fortwährende Eruptionen von Supervulkanen entstand, große Mengen an Vulkangestein. Es absorbiert aber wenig CO2, weil es in der Region überwiegend zu kalt ist. Umgekehrt liegt auch in Saudi-Arabien viel Vulkangestein, und es ist dort heiß, doch für die Verwitterung fehlt es an Regen. Nur in Indonesien mit seinen tropischen Regenfällen herrschen die richtigen Verhältnisse.

Macdonalds Modell könnte erklären wann Eiszeit beginnt und endet

Sein Modell besitze einen weiteren Vorzug, erklärte Macdonald bei seinem Vortrag während des AGU-Treffens: Es erkläre nicht nur, wann eine Eiszeit beginnt, sondern auch, wann sie endet. Eine warme Erde sei offenbar der Standard, der während der vergangenen 500 Millionen Jahre in drei Vierteln der Zeit vorherrschte. Eine Kollision von Kontinentalplatten wie in Indonesien könne dann eine Kaltphase einleiten. Doch die halte nur eine Weile an, dann ende die Verwitterung ebenso wie die Auffaltung von Gebirgen, denn auch die Kontinentaldrift ändere sich. Dann erwärme sich die Erde wieder, und irgendwann beginne das Spiel von vorn.

Lesen Sie auch:

Vor 700 Millionen Jahren wurde die Erde zum Schneeball – so konnte das Leben überstehen

So entsteht das Klima auf der Erde

Advertisement
Hidden Weather Icon Masks
Hidden Weather Icon Symbols