Milliarden Tiere: Neue Heuschrecken-Generation bedroht Ostafrika | The Weather Channel
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Milliarden Tiere: Neue Heuschrecken-Generation bedroht Ostafrika

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Heuschrecken fressen Teile Afrikas und Asiens kahl

Aus Millionen wurden Milliarden. Wüstenheuschrecken, wohin das Auge blickt. Auf einem Feld im Nordwesten Kenias versucht Boris Polo, Jungtiere am Ausschwärmen zu hindern, um die Verbreitung der gefräßigen Plage zu stoppen. Die Tiere vernichten einen großen Teil der Ernte und des Weidelands und bedrohen damit die Ernährung von Millionen ohnehin schon notleidenden Menschen.

"Das Ziel des Projekts ist, den Schaden möglichst gering zu halten", sagt Polo, der im Auftrag der Welternährungsorganisation FAO die Wüstenheuschrecken in Kenia bekämpft. Der Logistiker einer Hubschrauberfirma hilft, die Tiere aufzuspüren und die Schwärme zu markieren, damit sie dann mit Pestiziden besprüht werden können. Das ist nach Überzeugung der Experten die einzige Chance, die Ausbreitung zumindest einzudämmen.

Schlimmste Heuschreckenplage seit 70 Jahren

Stoppen lasse sie sich nicht, sagt Polo. "Es gibt keine Möglichkeit, alle zu töten, dafür ist die Region viel zu groß." In Kenia ist es die schlimmste Wüstenheuschreckenplage seit 70 Jahren, auch weitere Länder Ostafrikas sind schwer getroffen. Seit Monaten fressen die Riesenschwärme dort Landstriche kahl.

Jetzt ist die nächste Generation am Start. Junge gelbe Tiere bedecken den Boden und die Baumstämme wie ein zuckender Teppich. Dort, wo Boris Polo im Einsatz ist, ist der Nachwuchs in den vergangenen eineinhalb Wochen zu flugfähigen Tieren gereift. Diese würden innerhalb der kommenden Wochen aufbrechen zu neuen Weidegründen. Ein einziger Schwarm kann dabei die Größe einer Großstadt erreichen und pro Tag bis zu 200 Kilometer zurücklegen.

Ein großer Schwarm verzehrt so viel wie 35.000 Menschen an einem Tag

Der Hunger der Wüstenheuschrecken ist enorm. Ein Tier kann laut FAO jeden Tag so viel fressen, wie es selber wiegt, also etwa zwei Gramm. Ein Schwarm von der Größe eines Quadratkilometers, etwa 40 Millionen Tiere, könnten so viel fressen wie 35.000 Menschen am Tag an Nahrung zu sich nehmen, rechnet die UN-Organisation vor.

Im Gebiet von Boris Polo ist jetzt noch die Zeit zum Handeln. Sobald die Tiere einmal in der Luft sind, ist es viel schwerer, ihrer Herr zu werden. "Sie folgen den vorherrschenden Winden", erklärt Polo. "Also fliegen sie in den Sudan, nach Äthiopien und kommen schließlich Richtung Somalia." Mit umkehrendem Wind kämen sie schließlich zurück nach Kenia. "Im Februar, März nächsten Jahres legen sie wieder Eier in Kenia", erklärt Polo. Und dann könnte die nächste Generation 20 Mal so stark sein wie die vorherige.

Politische Lage und Corona erschwert Kampf gegen Schwärme

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Doch nur Kenia und Äthiopien versuchen, die Schwärme mit Pestiziden unter Kontrolle zu bringen. "In Ländern wie dem Sudan, dem Südsudan und besonders Somalia gibt es keine Chance", sagt Polo. "Die Leute kommen da nicht hin, wegen der Probleme, die diese Länder haben", erklärt er mit Blick auf die dortigen Konflikte.

Auch der Corona-Lockdown habe den Kampf gegen die bedrohlichen Schwärme ausgebremst, erklären Abubakr Salih Babiker und Kollegen vom ostafrikanischen Klimainstitut ICPAC in einem Beitrag für die Fachzeitschrift "Nature Climate Chance". Und auch ein Mangel an Geld in einigen der betroffenen Länder erschwere die Bemühungen, betonen sie.

Äthiopien besonders bedroht

In Kenia habe der Pestizid-Einsatz allerdings "auf jeden Fall etwas gebracht", sagt ICPAC-Analyst Kenneth Mwangi. Nach der ersten Welle sei die Zahl der Tiere vielfach zurückgegangen. Es sei auffällig, dass die Gegenden, in denen dies nicht so sei, am weitesten von den Kontrollzentren entfernt lägen. In Äthiopien seien die Erfolge geringer gewesen, berichtet Mwangi. Denn dort seien neue Schwärme aus Somalia und dem Norden Kenias eingefallen.

Auch Boris Polo sieht die Früchte seiner Arbeit. Ohne die Kontrollbemühungen hätten sich die schon dramatischen Bedrohungen noch massiver ausgebreitet, sagt er. Dabei seien die regelmäßig wiederkehrenden Heuschreckenplagen in der Region eigentlich Teil der Natur: "Tatsächlich verjüngen sie die Gebiete. Sie töten die Pflanzen nicht, sie fressen die Blätter. Alles wächst nach."

Doch für unzählige Menschen bedeutet die Plage eine Katastrophe. Denn auch wenn die Tiere nicht die Natur an sich zerstörten, sagt Polo, so vernichteten sie doch, was die Menschen zum Überleben brauchen. Laut FAO mangelt es in der Region mehr als 25 Millionen Menschen an Nahrung.

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