Bazaar
Nach langer Trockenheit: So steht es um unser Grundwasser | The Weather Channel
Advertisement
Advertisement

Klima

Nach langer Trockenheit: So steht es um unser Grundwasser

Shot of a woman drinking a glass of water at home
Das Grundwasser ist für unser Trinkwasser die mit Abstand wichtigste Ressource.
(Getty Images)

Extrem sonnig, recht warm und viel zu trocken – so fasst der Deutsche Wetterdienst (DWD) das Frühjahr und die erste Sommerhälfte 2020 in Deutschland zusammen. Im Frühjahr wurde schon zum siebten Mal in Folge demnach das Niederschlags-Soll von 186 Litern pro Quadratmeter nicht erreicht. Das diesjährige Frühjahr war eines der sechs niederschlagsärmsten seit dem Jahr 1881. Besonders betroffen von der anhaltenden Trockenheit waren der Westen und Osten Deutschlands.

Auch die erste Sommerhälfte zeigt sich viel zu trocken: Mit rund 50 Litern pro Quadratmeter erreichte der Juli einer vorläufigen DWD-Analyse zufolge nur 65 Prozent seines Solls (78 Liter). Gebiete, in denen das Niederschlagssoll erfüllt wurde, lagen meist im Süden und im hohen Norden. In anderen Regionen fiel teilweise kaum ein Tropfen Regen: Der Südwesten bekam nur knapp 10 Liter pro Quadratmeter ab.

Bleiben Sie immer übers aktuelle Wetter informiert - laden Sie sich hier die TWC-App herunter.

Das hat auch Auswirkungen auf das Grundwasser, zu dessen Neubildung Sickerwasser aus Niederschlägen erheblich beiträgt: So ist es in einer Bodentiefe von bis zu 1,8 Metern in großen Teilen Ost- und Süddeutschlands laut Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung außergewöhnlich trocken. In den oberen Bodenbereichen bis in eine Tiefe von 25 Zentimetern ist es demnach vor allem in West- und Mitteldeutschland viel zu trocken.

Herausforderung für Wasserversorger

Laut Angaben des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) in Berlin sind infolge der anhaltenden Dürre auch die Stände der Grundwasservorkommen in einigen Regionen abgesunken. Die VKU-Mitglieder versorgen rund 90 Prozent der Einwohner Deutschlands mit Trinkwasser und das Grundwasser ist dafür die mit Abstand wichtigste Ressource: Rund drei Viertel der insgesamt benötigten Trinkwassermenge stammen aus dem Untergrund.

Verschärft wird die Situation durch die Corona-Krise, in der der Wasserverbrauch vielerorts gestiegen ist. "Die Systeme der Wasserversorger laufen auf Hochtouren und teilweise in den Reservebereich", resümiert ein VKU-Sprecher. Auch in den kommenden Monaten erwartet der Verband – anders als in vorangegangenen Jahren – keine Entlastung: "Viele Menschen werden ihren Sommerurlaub wahrscheinlich zu Hause verbringen und in der Folge ihre Gärten bewässern und immer größere Pools füllen – mit Leitungswasser."

Trinkwasserversorgung vorerst gesichert

Engpässe beim Trinkwasser haben die Verbraucher trotzdem nicht unmittelbar zu befürchten. Laut VKU können die kommunalen Trinkwasserversorger Wetterextreme bisher so kompensieren, dass es nicht zu Versorgungsausfällen kommt. Auch Dr. Jörg Reichling von der Abteilung Grundwasser und Boden bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover erwartet keine unmittelbaren Trinkwasserknappheiten.

Advertisement

So seien etwa die Talsperren im Harz im vergangenen Winter ausreichend wiederaufgefüllt worden. Langfristig besteht Reichling zufolge allerdings durchaus Anlass zum Handeln: "Wir müssen darüber nachdenken, wie wir unser Grundwassermanagement zukunftssicher gestalten können."

Von Talsperren bis zu Machine-Learning

Denkbar sind laut Reichling etwa der Bau zusätzlicher Talsperren, die Umleitung großer Wassermengen durch Rohre oder amtliche Grundwassersparauflagen an Städte und Gemeinden. "Darüber hinaus brauchen wir neue Konzepte, um Starkregenereignisse sowie Vorfluter effektiver nutzen zu können als bisher." Als Vorfluter werden in der Hydrogeologie Gewässer bezeichnet, in die das Grundwasser abfließen kann. Auch forscht die BGR aktuell an der Vorhersage von Grundwasserständen mit Hilfe von machine-learning-basierten Algorithmen, also mit Software, die anhand von Mustern in Daten selbstständig Schlussfolgerungen zieht.

Keine pauschale Lösung

Ein allgemeingültiges Rezept für ganz Deutschland gibt es nicht. So bestehen zum Teil deutliche regionale Unterschiede bei den Wasserrechten und damit den Wassermengen, die durch den jeweiligen Versorger entnommen werden dürfen. Auch die Nachfrage von Verbrauchern, Gewerbe, Industrie, Landwirtschaft und anderen ist örtlich und zeitlich unterschiedlich.

Entsprechend auf den Klimawandel reagieren

Hinzu kommt der Klimawandel. "Wir müssen uns regional mit den jeweils zu erwartenden Änderungen bei der Niederschlagssituation auseinandersetzen und entsprechend reagieren", erläutert BGR-Experte Reichling. An Überlegungen zu einem zukunftssicheren Grundwassermanagement müssten sich all jene beteiligen, die auf das Grundwasser angewiesen sind – beispielsweise kommunale Wasserversorger, Landwirtschaft und Industrie.

Große Wirkung: Wasser sparen im häuslichen Umfeld

Beim VKU setzt man zudem auf die Mithilfe und das Verantwortungsbewusstsein der Verbraucher. So solle man etwa bei anhaltenden Trockenperioden abwägen, ob der Wassergebrauch wirklich in allen Fällen, etwa bei der Gartenbewässerung, nötig ist. "Ein Rasensprenger beispielsweise verbraucht bis zu 800 Liter Wasser in der Stunde", rechnet ein VKU-Sprecher vor.

Im Vergleich dazu verbrauche jeder Bundesbürger durchschnittlich rund 127 Liter Wasser pro Kopf über den gesamten Tag. Schon die Verlegung von Gießzeiten in die frühen Morgenstunden kann laut Verband dazu beitragen, die Systeme nicht überzustrapazieren. Auch das Sammeln von Niederschlagswasser in Regentonnen zur Gartenbewässerung ist eine wirksame Wassersparmaßnahme.

Lesen Sie auch: Deutschland im Hitzestress: Droht der dritte Dürresommer in Folge?

Advertisement
Hidden Weather Icon Masks
Hidden Weather Icon Symbols