Vorbote für Folgen des Klimawandels: Südasien leidet unter Extremhitze | The Weather Channel

Vorbote für Folgen des Klimawandels: Südasien leidet unter Extremhitze

New Delhi: Obdachlose schlafen während einer Hitzewelle im Schatten einer Brücke
New Delhi: Obdachlose schlafen während einer Hitzewelle im Schatten einer Brücke
(AP)

Indien und Pakistan leiden seit Monaten unter einer ungewöhnlich frühen Hitzewelle. Diese sei ein "Zeichen für die Dinge, die noch kommen werden", sagt Arpita Mondal, Klimaforscherin am Indian Institute of Technology in Mumbai.

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Mondal ist Mitautorin einer gerade von der Forschungsinitiative World Weather Attribution (WWA) veröffentlichten Studie, in der historische Wetterdaten analysiert wurden. Demnach sind frühe, langanhaltende Hitzewellen, die Einfluss auf ein großes Gebiet haben, eigentlich seltene Ereignisse, die nur einmal im Jahrhundert vorkommen. Doch auf dem derzeitigen Stand der durch den menschengemachten Klimawandel verursachten Erderwärmung sind Hitzewellen wie in Indien bereits 30-mal wahrscheinlicher geworden.

Klimaexperten geben dramatische Prognose

Wenn die globale Erwärmung auf zwei Grad über das vorindustrielle Niveau ansteige, könnten Hitzewellen wie diese zweimal in einem Jahrhundert und bis zu einmal alle fünf Jahre auftreten, sagt Mondal.

Der meteorologische Dienst des Vereinigten Königreichs schätzt die Lage noch dramatischer ein. Der Klimawandel habe die Hitzewelle Hundertmal wahrscheinlicher gemacht und derartige Extremtemperaturen könnten jedes dritte Jahr auftreten, hieß es in einer in der vergangenen Woche veröffentlichen Analyse.

Sturzfluten, Mangeleernte, Stromausfälle

"Das tatsächliche Ergebnis – wie sehr der Klimawandel dieses Ereignis begünstigt hat – liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen unserem und dem Ergebnis des meteorologischen Dienstes", sagt Friederike Otto, Klimaforscherin am Imperial College in London, die ebenfalls an der WWA-Studie beteiligt war.

Die verheerenden Auswirkungen der Hitzewelle, die in Indien für den heißesten März und in Pakistan für den heißesten April seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1901 sorgten, sind jedoch unumstritten. In Pakistan löste ein schmelzender Gletscher Sturzfluten aus. In Indien beeinträchtigte die unerwartet frühe Hitze die Weizenernte, so dass das Land Exporte an Nationen einstellen musste, die aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine unter Versorgungsengpässen leiden. Zudem sind Millionen Inder von Stromausfällen betroffen, die auf einen Mehrbedarf an Strom und aufgezehrte Kohlereserven zurückzuführen sind.

Für Kinder und Senioren ist Extremhitze besonders gefährlich

Die extreme Hitze gefährdet auch die Gesundheit; mindestens 90 Menschen starben daran in Indien und Pakistan. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer aufgrund lückenhafter Sterberegister weitaus höher liegt. Südasien ist besonders stark von sogenanntem Hitzestress betroffen, wie aus von der Columbia Universität veröffentlichten Daten hervorgeht. Allein in Indien lebt mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung in Gebieten, die von zunehmender Extremhitze betroffen sind.

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Die Hitzewelle zeigt, dass die Weltgemeinschaft den Klimawandel nicht nur durch Reduktion von Treibhausgas-Emissionen bekämpfen muss, sondern dass sie sich auch schnellstmöglich an die schädlichen Auswirkungen anpassen muss, wie Experten übereinstimmend sagen. Für Kinder und Senioren sind hohe Temperaturen besonders gefährlich. Arme Menschen, die in dicht besiedelten Slums leben und für die Wasser und Kühlsysteme oft unzugänglich sind, sind ebenfalls stärker gefährdet.

Städte suchen nach Lösungen

Einer von ihnen ist Rahman Ali, der in einem Slum in Neu Delhi lebt. Der 42-jährige Müllsammler kann der Hitze weder während seiner Knochenarbeit noch in seiner Hütte mit dem Blechdach entkommen. Umgerechnet verdient der zweifache Familienvater rund 2,80 Euro am Tag. "Was sollen wir machen? Wenn ich nicht arbeite ... dann essen wir nicht", sagt Ali.

Einige Städte in Indien haben bereits in der Vergangenheit versucht, Lösungen für den Umgang mit Hitzewellen zu finden. Das westindische Ahmedabad entwickelte im Jahr 2013 – als erste Stadt in Südasien – einen Hitzewellen-Plan für die 8,4 Millionen Einwohner. Dieser beinhaltet ein Frühwarnsystem, das Kranken- und Pflegepersonal sowie Bewohner auffordert, Vorkehrungen zu treffen. Schulen werden informiert, so dass sie Stundenpläne anpassen können. Außerdem erlaubt der Plan Behörden, Parks offen zu halten, so dass Menschen im Schatten Zuflucht suchen können.

In den meisten indischen Städten gab es keine Warnung

Die Stadt Ahmedabad experimentiert auch mit sogenannten Kühldächern. Es sei ihr Ziel, Dächer zu bauen, die das Sonnenlicht reflektieren und die Temperaturen in Innenräumen durch weiße, reflektierende Farbe oder günstigere Materialien wie getrocknetes Gras zu senken, sagt Dileep Mavalankar, Leiter des Indian Institute of Public Health in Gandhinagar. Mavalankar war an der Ausarbeitung des Plans von 2013 beteiligt.

Die meisten indischen Städte sind weniger gut vorbereitet. Inzwischen arbeitet die indische Regierung aber mit 130 Städten in 23 hitzewellengefährdeten Staaten zusammen, damit diese ähnliche Pläne entwickeln. Anfang dieses Monats forderte die Regierung die Bundesstaaten außerdem auf, Gesundheitspersonal für den Umgang mit hitzebedingten Krankheiten zu sensibilisieren und dafür zu sorgen, dass Vorkehrungen in den Krankenhäusern getroffen werden.

In den meisten indischen Städten habe es aber keine Warnungen der Regierung in Zeitungen oder im Fernsehen gegeben und viele Lokalbehörden seien noch nicht auf die Hitze vorbereitet, sagt Mavalankar.

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