Hitzeaktionspläne: Wie gut ist Deutschland auf Hitze vorbereitet? | Weather.com

Hitzeaktionspläne: Wie gut ist Deutschland auf Hitze vorbereitet?

Durch den Klimawandel ist es in Deutschland öfter und länger heiß – eine große Belastung auch für die Bevölkerung. Wie Hitzeaktionspläne dagegen helfen können und wie weit Deutschland bei der Umsetzung ist.

Aufmerksamkeit ist wichtig: Ältere und pflegebedürftige Menschen sind bei Hitze besonders gefährdet. Foto: Rolf Vennenbernd/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Aufmerksamkeit ist wichtig: Ältere und pflegebedürftige Menschen sind bei Hitze besonders gefährdet.
(Rolf Vennenbernd/dpa)

In der brasilianischen Millionenstadt Belém im Amazonasgebiet wurde am Montag die 30. Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen eröffnet. Die Gastgeber erwarten rund 50.000 Teilnehmer. Mehr als 190 Staaten beraten zwei Wochen lang, wie die Klimakrise und ihre fatalen Folgen eingedämmt werden können. Dies sind zum Beispiel häufigere und heftigere Dürren, Stürme, Waldbrände und Überschwemmungen.

Deutschland erwärmt sich doppelt so schnell wie der Rest der Welt

Auch Hitze wird zur wachsenden Gefahr für Menschen. Und Deutschland ist da keine Ausnahme: Die Jahre 2022, 2023 und 2024 waren jeweils die wärmsten Jahre seit Beginn der systematischen Messungen in Deutschland im Jahr 1881. Um 2,5 Grad ist seitdem die mittlere Temperatur gestiegen – damit erwärmt sich Deutschland doppelt so schnell wie der weltweite Durchschnitt.

Die Daten stammen vom Deutschen Wetterdienst (DWD), die dieser für den ExtremWetterKongress 2025 in Hamburg aufbereitet hat. „Der Kongress, der Ende September stattgefunden hat, bekommt jedes Jahr mehr Aufmerksamkeit“, sagt Nikolaus Mezger, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). „Unter anderem haben sich neben zahlreichen Wissenschaftlern auch der Bundesumweltminister Carsten Schneider, die Bundesbauministerin Verena Hubertz und die Landeswissenschaftsministerin Bettina Martin aus Mecklenburg-Vorpommern auf dem Kongress engagiert, um über Stürme, Fluten, Starkwinde und Hitze aus dem Blickwinkel verschiedener Disziplinen zu diskutieren.“

Es gibt niemanden, der nicht unter Hitze leidet

Die zunehmende Beachtung des Kongresses und eine hohe Teilnehmerzahl bei der anschließenden KlimaManagementTagung zeige laut Mezger, dass die Anpassung an den Klimawandel mittlerweile ernst genommen werde. „Die Hitze ist mit Abstand die größte mit dem Klimawandel zusammenhängende Bedrohung für die Gesundheit und es gibt niemanden, der nicht darunter leidet.“ Selbst diejenigen, die nicht zu den besonders vulnerablen Gruppen gehören – wie etwa kranke, ältere oder schwangere Menschen –, bekämen bei großer Hitze Probleme. „Viele schlafen schlechter, sind gereizter und nicht mehr so leistungsfähig – es kommt dann auch vermehrt zu Arbeitsunfällen“, sagt der Mediziner. Entsprechend sei Hitzeschutz dringend nötig.

Deutschland ist kulturell nicht gut auf Hitze vorbereitet

Die Maßnahmen seien auch deshalb notwendig, weil Deutschland kulturell nicht gut auf heiße Tage und Hitzeperioden vorbereitet sei. „Wir haben keine Siesta-Kultur, keine üppig begrünten Städte, unsere Fenster sind oft sehr groß und gen Süden ausgerichtet und wir kühlen unsere Räume nicht gut genug“, sagt er. „Hinzu kommt, dass wir viele alte und auch kranke Menschen in Deutschland haben. Diese Kombination erfordert noch mehr Maßnahmen als in anderen Ländern.“

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Wie der KLUG-Mitarbeiter erklärt, lassen sich die Maßnahmen gegen Hitze unterscheiden in kurz-, mittel- und langfristig, sowie in vor, während und nach dem Sommer. Konkrete Beispiele sind etwa die Entsiegelung von Plätzen, die Einrichtung von öffentlichen Trinkbrunnen, die Ausstattung von Kitas mit Sonnensegeln oder die Verschiebung von Arbeitszeiten in der prallen Sonne in den kühleren Morgen oder Abend. Hinzu kommt die Warnung der Bevölkerung vor Hitze und die Information der Menschen, wo sie Hilfe und Tipps bekommen können. Festgehalten sind solche Maßnahmen meistens in Hitzeschutz- oder Hitzeaktionsplänen.

Bundesgesundheitsministerium hat mehrere Hitzeaktionspläne veröffentlicht

Einige solcher Pläne hat das Bundesministerium für Gesundheit bereits erstellt, darunter einen Musterhitzeschutzplan für den organsierten Sport, einen Masterschutzhitzeplan für Apotheken und einen für ambulante Krankenhäuser. Bei den Plänen zum Sport beispielsweise zählt zu den vorbereitenden Maßnahmen etwa die Anschaffung von Kühlboxen und Verneblungsanlagen oder die Bewertung der Risiken auf Basis der Erfahrungen im vergangen Jahr. Während des Sommers sollte unter anderem ein Vorrat an Trinkwasser und Sonnencreme bereitgestellt und für mobile Verschattung gesorgt werden. Während Hitzeperioden sollten dann unter anderem häufiger Pausen eingelegt und Pulskontrollen durchgeführt, sowie Trainingszeiten auf den Morgen- oder späten Abendstunden verlegt werden.

Kommunen sind wichtige Treiber für Hitzeschutz

Neben den Plänen für die Einzelsparten gibt es auch vonseiten des Bundesgesundheitsministeriums seit zwei Jahren den Hitzeschutzplan für Gesundheit, der sektorübergreifend Tipps und Maßnahmen vorschlägt. Dazu gehört auch die Webseite Hitzeservice.de mit gezielten Informationen für Kommunen, welche Maßnahmen sie ergreifen müssen und wie sie Hitzeaktionspläne für ihre Stadt oder Gemeinde erstellen können. „Die Kommunen sind ein wichtiger Treiber für Hitzeschutz“, sagt Mezger. „Sie können bei dem Thema vorangehen, ihre eigens betriebenen Einrichtungen und die Stadtplanung entsprechend gestalten und die privat betriebenen Einrichtungen motivieren.“

Stadtpläne mit kühlen Orten

Einige Städte arbeiten bereits an solchen Plänen oder haben sie schon umgesetzt. Köln hat etwa einen Hitzeaktionsplan mit Fokus auf ältere Menschen erstellt. Mannheim hat in seinem Plan 31 Maßnahmen festgelegt, darunter die Erstellung einer Karte für kühle Orte, die Errichtung von Trinkbrunnen, die Verschattung an Gebäuden und das Aufstellen von Stadtmöbeln zum Ausruhen. In München wiederum sollen unter anderem 1500 Bäume gepflanzt werden und in Berlin hängen in den U-Bahnhöfen Plakate mit QR-Codes, die zu hilfreichen Informationen bei Hitze führen.

Aktionspläne vernetzen viel verschiedene Akteure

Den Aktionsplänen der Kommunen ist gemein, dass sie viele verschiedene Akteure vernetzten. „Die Hitze ist ein dezentrales Problem“, sagt Mezger. „Daher werden in vielen Kommunen Hitzeschutzbündnisse gegründet, damit die Akteure aus verschiedenen Brachen und Bereichen zusammenarbeiten können.“ Ein gutes Beispiel sei die Stadt Worms, die gemeinsam mit einem regionalen Krankenhausversorger ein Überwachungssystem für hitzebedingte Notfälle in Krankenhäusern errichtet hat und so wertvolle Informationen über die hitzebedingten Krankheitslasten sammeln konnte.

Auf die Frage, ob Deutschland mittlerweile gut auf Hitze vorbereitet ist, antwortet Mezger mit einem „Nein“ – aber es werde besser. „Es gibt eine Dynamik, dass die Hitze auch als Gefahr erkannt wird. Nicht zuletzt wird auch die Industrie hier aktiv und schützt ihre Mitarbeitenden.“ Ein Defizit gebe es seiner Ansicht nach beispielsweise noch bei Schwangeren und Kindern. Zwei Studien aus Hamburg und Thüringen haben zum Beispiel ein deutlich erhöhtes Risiko für Frühgeburten während extremer Hitzeperioden gezeigt. „Es gibt bislang wenig Strategien, diese Gruppen ausreichend vor der Hitze zu schützen“, sagt er.

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