Bazaar
Länder stellen neue Hochwasser-Warnkarte vor | The Weather Channel
Advertisement
Advertisement

Mensch

Länder stellen neue Hochwasser-Warnkarte vor

Flood sign German "Hochwasser"

Die Länder wollen nach der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 besser vor Hochwasserrisiken warnen und die Kommunikation über die Gefahren verbessern. Dazu wurden in einem länderübergreifenden Hochwasserportal (LHP) regionale Karten integriert, mit welchen erkennbar sein soll, in welchen Regionen beziehungsweise Flussabschnitten eine akute Gefahr besteht. Das teilte die zuständige Senatsverwaltung in Berlin am Donnerstag mit.

Noch in diesem Jahr solle die neue Funktion auch in die Warnapps integriert werden, hieß es. Die Hochwasserkatastrophe vom Juli 2021 habe verdeutlicht, in welch kurzer Zeit extremer Niederschlag zu zerstörerischem Hochwasser führen könne - und wie wichtig eine schnelle Gefahrenkommunikation sei, so die Behörde.

Zunehmende Zerstörung durch Unwetter

Unwetter mit ungewöhnlich starken Regenfällen hatten Mitte Juli 2021 vor allem in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen eine Hochwasserkatastrophe ausgelöst. Ganze Landstriche wurden von den Wassermassen verwüstet. Fast 200 Menschen starben.

Wie eine Analyse der Rückversicherers Munich Re zeigt, reiht sich das Jahr 2021 in den besorgniserregenden Langfristtrend zunehmender Zerstörungen durch Naturkatastrophen ein. Weltweit richteten Stürme, Hochwasser und andere Naturgefahren im vergangenen Jahr Schäden von 280 Milliarden Dollar an, wie der Rückversicherer mitteilte. Versichert war davon laut Munich Re mit 120 Milliarden Dollar weniger als die Hälfte.

2021 ist das Jahr der teuersten Naturkatastrophen

Für Europa waren die verheerenden Sturzfluten des vergangenen Sommers in Deutschland und seinen Nachbarländern mit 54 Milliarden Dollar beziehungsweise 46 Milliarden Euro, davon allein 33 Milliarden Euro in Deutschland, die bislang teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten.

Eine maßgebliche Rolle spielt nach Einschätzung der Munich Re das mit dem Klimawandel verbundene häufigere Auftreten extremer Wetterlagen. Wenn Meteorologen und Klimaforscher recht behalten, wird auch in Deutschland die Gefahr extremer Unwetter in den kommenden Jahren weiter steigen.

Die Juliflut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz war nach Einschätzung von Ernst Rauch, dem Chef-Klimatologen der Munich Re, in doppelter Hinsicht außergewöhnlich: Die versicherte Schadenhöhe war mit 8 Milliarden Euro viermal so hoch wie bei den großen Hochwassern 2002 und 2013.

Gefahr durch Starkregen steigt

„In der Gesamtschau ist das Besondere, dass eine Sturzflut, also ein lokal begrenztes Starkniederschlagsereignis, sich sehr schnell aufbaut und ebenso schnell wieder abläuft“, sagte Rauch. „Das Ausmaß dieser lokalen Zerstörung, die nahezu totale Zerstörung auf kleinem Raum, war vorher nicht wirklich so vorstellbar.“

Advertisement

Die Sommerflut war nach einer internationalen Analyse unter Federführung des Meteorologen Frank Kreienkamp vom Deutschen Wetterdienst (DWD) ein Ereignis, wie es nur alle 400 Jahre einmal vorkommt. Die Wahrscheinlichkeit extremer Regenfälle im Westen Europas sei wegen der gestiegenen Durchschnittstemperaturen um das 1,2 bis 9-fache gestiegen, schätzen die Wissenschaftler in dem im August veröffentlichten Papier. Und nicht nur die Häufigkeit von Starkregen nimmt demnach zu: Die Intensität extremer Niederschläge habe zwischen 3 und 19 Prozent zugenommen.

Bisheriger Hochwasserschutz wirft "zwei Fragen auf"

Das wirft ganz praktische Fragen an Politik und Verwaltung auf: In deutschen Kommunen ist beim Bau von Dämmen und anderen Hochwasserschutzmaßnahmen bislang der Schutz vor einem hundertjährigen Hochwasser üblicher Standard - also einer Flut, die im statistischen Mittel mindestens einmal in hundert Jahren auftritt.

„Es sind zwei Fragen: Ist die Annahme eines hundertjährigen Hochwassers angemessen, und ist die Auslegung des Hochwasserschutzes auf diese Hundertjährlichkeit angemessen“, sagte Klimatologe Rauch. „In beiden Fällen kann man ein Fragezeichen dahinter setzen.“

Länder wollen Katastrophenschutz verbessern

„Nach den Erfahrungen des Jahres 2021 mit schlimmen Naturkatastrophen haben alle Länder das gemeinsame Interesse, den Katastrophenschutz in Deutschland noch besser aufzustellen. Da müssen wir noch besser werden“, betonte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im Dezember. Es komme immer häufiger zu Starkregen-Ereignissen und in der Folge zu Hochwasser an Stellen, „wo niemand es vermutet hätte. Darauf müssen wir uns einstellen und dazu gehört auch eine bessere länderübergreifende Koordinierung.“

Die Länder seien sich einig, dass künftig das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz in Bonn diese koordinierende Funktion übernehmen soll. In dem Krisenstab muss dann jedes Bundesland vor Ort vertreten sein“, sagte Hermann. Als Beispiel nannte er die Weitergabe von Informationen vor einem Katastrophenfall, etwa Wetterdaten.

Warnsirenen sollen digital umgerüstet werden

Dringenden Verbesserungsbedarf gebe es auch bei der Warnung der Bevölkerung mittels klassischer Sirenen und modernster Technik direkt auf die Handys (Cell-Broadcasting), wie es das in anderen Staaten schon gebe. „Wir brauchen beides. Zum einen, weil es Leute gibt, die etwa nachts um zwei Uhr nicht auf ihr Handy schauen und dann auch nicht erfahren, was da an Warnungen ankommt. Und zum anderen hat ja auch nicht jeder ein Smartphone“, sagte Herrmann. „Da ist Eile geboten, darin sind wir uns alle einig.“

Bis zum Herbst 2022 solle die neue Koordinierungsstelle dann funktionieren. „Ich hoffe auch, dass das Cell-Broadcasting dann zumindest in den Probebetrieb geht“, sagte Herrmann. Aktuell verfüge alleine Bayern über rund 11.500 Sirenenanlagen, die zum größten Teil zur Feuerwehralarmierung genutzt würden. Diese würden nun digital umgerüstet, damit künftig auch die Warnung mit dem Katastrophenschutz-Signal möglich sei.

Das könnte Sie auch interessieren:

Katastrophenschutz: Wie kann ich mich warnen lassen?

Advertisement
Hidden Weather Icon Masks
Hidden Weather Icon Symbols