Schiffsrecycling bekommt internationale Regeln | Weather.com

Umweltschutz: Neue Recycling-Regeln fürs Abwracken von Schiffen

Internationale Regeln sollen gefährliches Schiffsrecycling sicherer und umweltfreundlicher machen

Ein Arbeiter werkelt an einem maroden Schiff
In den kommenden Jahren werden tausende Schiffe ausgemustert. Für das Abwracken gibt es nun erstmals internationale Regeln. (Symbolbild)
(Sina Schuldt/dpa )

Nach rund 30 Jahren zu See werden Schiffe ausgemustert. Viele werden in Südasien an Stränden abgewrackt - unter schwierigen Bedingungen für Arbeiter und Umwelt. Eine neue Regelung soll das jetzt ändern.

Warum gibt es neue Regeln beim Schiffsrecycling?

Schiffsrecycling bekommt internationale Regeln: Mit Inkrafttreten der Hongkong-Konvention der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) gelten weltweit erstmals verbindliche Standards für das Abwracken von Schiffen – ein längst überfälliger Schritt. „Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagt Anja Binkofski, Doktorandin am Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven.

Was regelt die Hongkong-Konvention konkret?

Die 2009 beschlossene Konvention verpflichtet alle Schiffe zu einem Gefahrenstoffpass. „Da sind alle Materialien aufgelistet, die in dem Schiff verbaut oder transportiert wurden und als Gefahrstoffe gelten.“ Dadurch werde transparent, was recycelt werden muss. „Also dass am Ende klar ist: Was war auf dem Schiff, was ist jetzt noch auf dem Schiff? Woraus müssen wir achten, wenn es ums Recycling geht?“, erklärt Binkofski. Nur noch zertifizierte Werften dürfen künftig recyceln. „Damit verpflichten sie sich, einen gewissen Standard an Arbeits- und Umweltschutz zu haben", so die Expertin. Zusätzlich ist ein detailliertes Abwrackzertifikat vorgeschrieben, das die Materialien und ihre Position im Schiff dokumentiert.

Was läuft beim Schiffsrecycling bislang schief?

Rund 700 Hochseeschiffe werden jährlich außer Dienst gestellt – etwa 90 Prozent davon landen an Stränden in Südasien, vor allem in Indien, Bangladesch und Pakistan. Dort arbeiten Menschen oft ungeschützt unter extrem gefährlichen Bedingungen. Laut der Organisation "Shipbreaking Platform" kamen 2024 neun Arbeiter ums Leben, 45 weitere wurden verletzt.

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„Ein Schiff hat einfach sehr, sehr viele giftige Materialien verbaut", warnt Binkofski. Dazu gehören Asbest, giftige Farben und belastete Kabel. „Wenn das Schiff jetzt einfach auf dem Strand liegt und dort auseinandergenommen wird, dann fallen zum Beispiel diese kleinen Partikel von der Farbe einfach auf den Strand und bei der nächsten Flut werden sie weggeschwemmt und kommen ins Wasser.“

Wird sich durch die neuen Regeln wirklich etwas ändern?

„Die nun geltenden Regeln sind auf dem Stand von 2009 und müssten dringend weiterentwickelt werden“, fordert Binkofski. Denn das sogenannte „Beaching“ seit trotzdem weiterhin erlaubt – also das Abwracken direkt am Strand, oft ohne Sicherheitsvorkehrungen. „Wenn man Beaching verbietet, bedeutet das, dass all diese Werften Trockendocks bauen müssten. Und das ist einfach unglaublich teuer und gar nicht richtig umzusetzen“, sagt sie. So wird sich die Wirksamkeit der neuen Regeln erst zeigen. „Es ist wirklich eine Frage des Willens“, meint Binkofski. Die Branche selbst müsse Druck ausüben, damit echte Veränderungen stattfinden.

Welche Chancen ergeben sich für deutsche Werften?

Für Deutschland ergeben sich neue wirtschaftliche Perspektiven. „Jetzt am Anfang wird es vermutlich um eher kleinere Schiffe gehen“, sagt Binkofski mit Blick auf geplante Projekte in Emden. Langfristig könnten auch große Containerschiffe folgen. „Die Hoffnung ist natürlich, dass sich die Werftstandorte dadurch halten und ein zweites Standbein aufbauen können“, erklärt sie. Auch ökologisch bietet lokales Recycling Vorteile. „Man kann tendenziell fast alles von so einem Schiff recyceln“, betont die Experting. Besonders wertvoll sei der Stahl, der in Schiffbau oder Autoindustrie wiederverwendet werden kann.

Wie geht es weiter mit dem Schiffsrecycling?

Die Weltflotte ist überaltert. „In den nächsten Jahren werden auf jeden Fall sehr, sehr viele Schiffe auf uns zukommen, die recycelt werden müssen“, prognostiziert Binkofski. Daher müsse Europa zweigleisig vorgehen: „Deswegen muss zweigleisig gefahren werden: Einerseits müssen sich mehr Werften in der Europäischen Union auf das Recyceln von Schiffen spezialisieren und gleichzeitig müssen sich die Bedingungen in Südasien weiter verbessern."

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